Entscheidungsstichwort (Thema)
Aufwendungen für die Schneebeseitigung auf öffentlichen Gehwegen vorm Haus als haushaltsnahe Dienstleistung
Leitsatz (redaktionell)
Aufwendungen für die Dienstleistung des Winterdienstes sind, auch soweit sie in Zusammenhang mit der konkreten Verpflichtung des Anliegers zur Schneeräumung auf öffentlichen Gehwegen stehen, als haushaltsnahe Dienstleistungen i. S. d. § 35a Abs. 2 S. 1 anzusehen. Eine Trennung zwischen Reinigungs- und Räumarbeiten auf dem Grundstück und dem öffentlichen Raum vor dem Grundstück ist nicht vorzunehmen (entgegen BMF v. 15.2.2010, BStBl I 2010, 140).
Normenkette
EStG § 35a Abs. 2 S. 1; StrReinG Berlin § 4 Abs. 4 S. 1
Nachgehend
Tenor
Die Einkommensteuer für 2008 wird unter Änderung des Einkommensteuerbescheides vom 16. März 2010 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 6. August 2010 dahingehend neu festgesetzt, dass weitere Aufwendungen für haushaltsnahe Dienstleistungen in Höhe von 142,80 EUR berücksichtigt werden. Die Berechnung der Steuer wird gemäß § 100 Abs. 2 Satz 3 Finanzgerichtsordnung – FGO – dem Beklagten übertragen.
Die Revision zum Bundesfinanzhof wird zugelassen.
Die Kosten des Verfahrens werden dem Beklagten auferlegt.
Der Gerichtsbescheid ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des Kostenerstattungsanspruchs der Kläger abwenden, wenn nicht die Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.
Tatbestand
Die Kläger begehren die Berücksichtigung folgender Rechnung vom 2. Juni 2008 als Aufwendungen für haushaltsnahe Dienstleistungen im Streitjahr:
„Rechnung
Rechnungs-Nr. 2168-08/01
(…)
laut Vertrag für die Schneebeseitigung 2008/2009
Grundstück: …
auf folgenden Flächen:
Straßenfront 22 lfdm × 1,5 m Fegebreite (…)
Nettobetrag |
120,00 EUR |
19 % MwSt |
22,80 EUR |
|
142,80 EUR |
Diese Rechnung beinhaltet nur unerhebliche Materialkosten …”
Der Beklagte setzte die Einkommensteuer für das Streitjahr im Einkommensteuerbescheid vom 16. März 2010 auf 12.279,00 EUR fest. Er lehnte die Berücksichtigung u. a. der Aufwendungen für die Schneebeseitigung wegen fehlender Belege ab.
Dagegen wandten sich die Kläger mit ihrem Einspruch vom 14. April 2010, mit dem sie u.a. die Rechnung und den Kontoauszug über die Überweisung des Rechnungsbetrages am 24. November 2008 vorlegten.
Der Beklagte setzte die Einkommensteuer aus hier nicht interessierenden Gründen im Änderungsbescheid vom 29. April 2010 auf 12.268,00 EUR herab, lehnte jedoch in der Einspruchsentscheidung vom 6. August 2010 die Berücksichtigung der Aufwendungen für die Schneebeseitigung unter Bezugnahme auf das Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen – BMF – vom 15. Februar 2010 (Bundessteuerblatt – BStBl – I 2010, 140) ab. Danach seien, so führte er in der Begründung aus, als haushaltsnahe Dienstleistungen im Sinne des § 35 a Abs. 2 Satz 1 Einkommensteuergesetz – EStG – in der für das Streitjahr maßgeblichen Fassung nur Tätigkeiten anzusehen, die nicht zu den handwerklichen Leistungen gehören, gewöhnlich durch Mitglieder des privaten Haushalts erledigt werden und für die eine Dienstleistungsagentur oder ein selbstständiger Dienstleister in Anspruch genommen wird (Tz. 10). Bei Dienstleistungen, die sowohl auf öffentlichem Gelände als auch auf Privatgelände durchgeführt würden (z. B. Straßen- und Gehwegreinigung, Winterdienst), seien nur Aufwendungen für Dienstleistungen auf Privatgelände begünstigt, und zwar auch dann, wenn eine konkrete Verpflichtung z. B. zur Reinigung und Schneeräumung von öffentlichen Gehwegen und Bürgersteigen bestehe (Tz. 12). Da nach dem Text der Rechnung keine Arbeiten auf dem Privatgelände durchgeführt worden seien, komme eine Aufteilung hier nicht in Betracht. Vielmehr seien die Aufwendungen insgesamt nicht begünstigt.
Zur Begründung der dagegen gerichteten Klage vom 7. September 2010 tragen die Kläger vor, der Wortlaut der Norm gebe für die vom Beklagten entwickelte Auslegung nichts her. Die Formulierung des Gesetzes spreche von Dienstleistungen, die „in einem Haushalt des Steuerpflichtigen erbracht werden”. Damit sei aber keine räumliche, sondern eine sachbezogene Abgrenzung gewollt. Entscheidend sei der Veranlassungszusammenhang mit dem Haushalt. An dem Fall der Schneebeseitigung zeige sich deutlich, dass die Grundstücksgrenze dabei nicht maßgeblich sein könne. Diese dienten auf beiden Seiten der Grundstücksgrenze der sicheren Erreichbarkeit der Wohnung der Kläger durch sie selbst sowie durch andere Personen. Auch ansonsten könne aus dem Gesetzeszweck, der Wirtschaftsförderung und der Eindämmung von Schwarzarbeit, kein Grund für die von der Behörde vorgenommene Abgrenzung hergeleitet werden.
Die Kläger beantragen,
den Einkommensteuerbescheid für 2008 vom 16. März 2010 in Gestalt des Änderungsbescheides vom 29. April 2010 und der Einspruchsentscheidung vom 6. August 2010 zu ändern und weitere Aufwendungen für haushaltsnahe Dienstleistungen in Hö...