Entscheidungsstichwort (Thema)
Kein Verlustabzug gem. § 12 Abs. 3 Satz 3 UmwStG 1995 bei Verschmelzung einer Holding auf ihre Tochtergesellschaft
Leitsatz (redaktionell)
Wird eine Holdinggesellschaft auf ihre produzierende Tochtergesellschaft verschmolzen, scheidet ein Übergang bestehender Verlustvorträge auf die Tochtergesellschaft gem. § 12 Abs. 3 UmwStG 1995 aus.
Normenkette
UmwStG 1995 i.d.F. v. 29.10.1997 § 12 Abs. 3 S. 2; UmwStG 1995 i.d.F. v. 29.10.1997 § 27 Abs. 3
Nachgehend
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Revision zum Bundesfinanzhof wird zugelassen.
Die Kosten des Verfahrens werden der Klägerin auferlegt.
Tatbestand
Die Klägerin stellt Verpackungsmittel her. Ihre alleinige Gesellschafterin war bis 1997 die D GmbH (im folgenden D), deren Anteile sämtlich von Herrn B (im folgenden B) gehalten wurden. Die D war eine Holdinggesellschaft, deren ausschließlicher Zweck das Halten der Anteile an der Klägerin war. Ende 1997 beschlossen die D und die Klägerin, die D auf die Klägerin zu verschmelzen (down stream merger). Die Verschmelzung sollte die Bilanz der D zum 30. September 1997 zugrunde gelegt werden. Die Verschmelzung wurde am 12. Mai 1998 in das Handelsregister eingetragen.
In ihren Steuererklärungen für 1997 erklärte die Klägerin von der D auf sie übergegangene Verluste in Höhe von DM 6 507 903, die in Höhe von DM 4 000 000 auf einer Teilwertabschreibung der D auf die Anteile an der Klägerin und im übrigen auf Zinsaufwand der D beruhten.
Der Beklagte erließ – nach vorangegangenem Schriftwechsel über das Vorliegen der Voraussetzungen des § 12 Abs. 2 und 3 des Umwandlungssteuergesetzes (UmwStG) – zunächst Verlustfeststellungsbescheide für 1997, in denen der Verlust erklärungsgemäß berücksichtigt wurde. Die Bescheide standen unter dem Vorbehalt der Nachprüfung. Die Klägerin legte dagegen aus anderen Gründen Einsprüche ein. Der Beklagte half den Einsprüchen der Klägerin ab und erließ am 29. August 2001 nach § 164 Abs. 2 der Abgabenordnung (AO) geänderte Bescheide, in denen er den von der D übernommenen Verlust nicht mehr berücksichtigte. Dagegen legte die Klägerin erneut Einsprüche ein, die der Beklagte mit Einspruchsentscheidung vom 19. Oktober 2001 zurückwies.
Mit ihrer Klage macht die Klägerin zunächst geltend, dass der Beklagte bei Erlass der Änderungsbescheide vom 29. August 2001 gehindert gewesen sei, von der Änderungsmöglichkeit des § 164 Abs. 2 AO Gebrauch zu machen. Die unterschiedlichen Rechtsstandpunkte seien bereits vor Erlass der ursprünglichen Bescheide ausgetauscht worden. Danach komme eine Änderung nach § 164 Abs. 2 AO wegen des Grundsatzes von Treu und Glauben nicht mehr in Betracht, weil sie, die Klägerin, davon habe ausgehen können, dass eine rechtlich abschließende Prüfung stattgefunden habe.
In der Sache vertritt die Klägerin die Auffassung, dass der von der D übernommene Verlust bei ihr steuerlich zu berücksichtigen sei. Sie macht geltend, dass die Vorschriften des UmwStG 1995 dazu ausweislich der Gesetzesbegründung dazu gedient hätten, steuerliche Hemmnisse bei der Umstrukturierung von Unternehmen weitgehend zu beseitigen. Die Möglichkeiten der Übertragung nicht verbrauchter Verluste von der übertragenden auf die aufnehmende Gesellschaft hätten erweitert werden sollen. Da anlässlich der Änderung des Gesetzes durch das Gesetz zur Fortführung der Unternehmenssteuerreform keine Ausführungen über Verschmelzungen einer Mutterauf eine Tochtergesellschaft zu finden seien, habe die ursprüngliche Gesetzesbegründung insoweit weiter Gültigkeit. § 12 Abs. 3 Satz 2 UmwStG sei so auszulegen, dass die Fortführung der gesamten wirtschaftlichen Aktivität durch die übernehmende Gesellschaft, die zuvor bei der Muttergesellschaft durch das Halten der Beteiligung repräsentiert worden sei, ausreiche. Sie, die Klägerin, habe ihre Geschäftstätigkeit, die vor der Verschmelzung der D wirtschaftlich zuzurechnen gewesen sei, nach Art eines Branchenwechsels fortgeführt. Branchenwechsel seien aber nach § 12 Abs. 3 Satz 2 UmwStG n.F. im Falle der Beibehaltung der personellen und sachlichen Ressourcen unschädlich, weil der Betrieb als solcher nicht eingestellt, sondern nur der konkrete Geschäftsbetrieb gewandelt werde. Die Klägerin beruft sich dazu auf das Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen (BMF) vom 16. April 1999 (Bundessteuerblatt – BStBl. – I 1999, 455, Tz. 19).
Der Beklagte hat während des Klageverfahrens am 21. Mai 2002 einen aus mit dem Klageverfahren nicht zusammenhängenden Gründen geänderten Bescheid über die Feststellung des vortragsfähigen Gewerbeverlustes auf den 31. Dezember 1997 erlassen, der zum Gegenstand des Klageverfahrens geworden ist.
Die Klägerin beantragt,
die Bescheide über die gesonderte Feststellung des verbleibenden Verlustabzuges zur Körperschaftsteuer auf den 31. Dezember 1997 vom 29. August 2001 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 19. Oktober 2001 sowie über die gesonderte Feststellung des vortragsfähigen Gewerbeverlustes ...