Entscheidungsstichwort (Thema)
Verlustabzug der GmbH nach Übertragung der Mehrheit der GmbH-Anteile. Wiederaufnahme des Geschäftsbetriebs in derselben Branche und Erhöhung nicht des Anlage-, sondern nur des Umlaufvermögens
Leitsatz (redaktionell)
Haben drei zu gleichen Teilen beteiligte Gesellschafter einer GmbH deren Auflösung beschlossen, übernimmt nach einem mehrjährigen Ruhen des Betriebs einer der Gesellschafter alle Anteile der GmbH und wird nunmehr der Betrieb nach Aufhebung des Auflösungsbeschlusses wieder fortgeführt, so hat die Kapitalgesellschaft trotz der Übertragung der Mehrheit der Anteile ihre wirtschaftliche Identität nicht verloren, wenn sich nach dem Gesellschafterwechsel ihr Umlaufvermögen durch eine eigene Geschäftstätigkeit in derselben Branche wie früher erhöht hat; die Erhöhung des Bankguthabens sowie der Forderungen aus Lieferungen und Leistungen der GmbH ist nicht geeignet, von der Zuführung überwiegend neuen Betriebsvermögens i.S.d. § 8 Abs. 4 KStG auszugehen.
Normenkette
KStG 1999 § 8 Abs. 4 Sätze 1-2; EStG § 10d
Tenor
Der Bescheid über die gesonderte Feststellung des verbleibenden Verlustvortrages zur Körperschaftsteuer auf den 31. Dezember 2002 vom 15. Juni 2004 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 03. November 2004 wird dahingehend geändert, dass der verbleibende Verlustvortrag um EUR 23 786 erhöht wird.
Die Revision zum Bundesfinanzhof wird zugelassen.
Die Kosten des Verfahrens werden dem Beklagten auferlegt.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des Kostenerstattungsanspruchs der Klägerin abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.
Tatbestand
Die Klägerin erbringt Dienstleistungen im Baugewerbe. Gesellschafter der Klägerin waren zunächst zu je 1/3 Herr B. (B), Frau L. (L) und Herr K. (K). Im Zeitraum 1998 bis 2000 ruhte der Geschäftsbetrieb. Mit Vertrag vom 07. März 2001 veräußerten B und K ihre Geschäftsanteile an L, die damit Alleingesellschafterin wurde. Der zuvor gefasste Beschluss, die Gesellschaft aufzulösen, wurde aufgehoben.
In der Bilanz auf den 31. Dezember 2001 wies die Klägerin ein Aktivvermögen in Höhe von DM 35 890 und einen Jahresfehlbetrag in Höhe von DM 3 615, in der Bilanz auf den 31. Dezember 2002 ein Aktivvermögen in Höhe von DM 201 603 und einen Jahresfehlbetrag in Höhe von DM 38 489 aus. Die Erhöhung der Aktiva resultiert aus der Vermehrung des Umlaufvermögens. Hierzu kam es, weil die Klägerin ein Projekt, das vor der Beschlussfassung über die Auflösung begonnen, sodann aber zum Stillstand gekommen war, hatte fortsetzen können. Etwa die Hälfte der auf den 31. Dezember 2002 ausgewiesenen Aktiva stellen Forderungen aus Lieferungen und Leistungen dar (EUR 57 000). Zudem hatte sich der Bestand des Kontos bei der Kreissparkasse … erheblich erhöht (31. Dezember 2001: DM 10 577,16; 31. Dezember 2002: EUR 37 493,57). Einlagen in das Vermögen der Klägerin sind nicht geleistet worden.
Mit dem angefochtenen Bescheid versagte der Beklagte die Anerkennung der bis zum 31. Mai 2002 erwirtschafteten Verluste, weil er der Auffassung war, dass die Klägerin zu diesem Zeitpunkt ihre wirtschaftliche Identität verloren gehabt habe. Den Einspruch der Klägerin, mit dem diese vortrug, dass die Erhöhung ihres Aktivvermögens allein auf die Fortführung ihres Geschäftsbetriebes zurückzuführen und dass sie im übrigen auch sanierungsbedürftig gewesen sei, wies der Beklagte mit Einspruchsentscheidung vom 03. November 2004 als unbegründet zurück.
Die Klägerin macht geltend, dass sie Ende des Jahres 2001 einen Projektvertrag abgeschlossen habe. Die Leistungen daraus habe sie im Jahre 2002 erbracht und abgerechnet. Das habe zur Erhöhung ihres Umlaufvermögens im Jahre 2002 geführt. Ihr, der Klägerin, sei demnach kein neues Betriebsvermögen von außen zugeführt worden. Zudem sei nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofes (BFH) davon auszugehen, dass die Frage, ob neues Betriebsvermögen zugeführt worden sei oder nicht, allein im Hinblick auf das Anlagevermögen zu entscheiden sei. Anderenfalls ergebe sich das wirtschaftlich unsinnige Ergebnis, dass die übliche Geschäftstätigkeit zum Verlust der wirtschaftlichen Identität führen würde.
Die Klägerin beantragt,
den Bescheid über die gesonderte Feststellung des verbleibenden Verlustvortrages zur Körperschaftsteuer auf den 31. Dezember 2002 vom 15. Juni 2004 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 03. November 2004 dahingehend zu ändern, dass der verbleibende Verlustvortrag um EUR 23 786 erhöht wird.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er macht geltend, dass der Geschäftsbetrieb der Klägerin vor der Anteilsübertragung bereits eingestellt und die Liquidation beschlossen gewesen war, so dass die Versagung des Abzuges der vor dem 31. Dezember 2002 erwirtschafteten Verluste dem Sinn und Zweck des § 8 Abs. 4 des Körperschaftsteuergesetzes (KStG) nicht entgegenstehe.
Entscheidungsgründe
1. Die Klage ist zul...