Entscheidungsstichwort (Thema)
Ende der umsatzsteuerlichen Organschaft bei Bestellung eines vorläufigen Insolvenzverwalters bei der Organgesellschaft
Leitsatz (redaktionell)
1. Eine umsatzsteuerliche Organschaft endet mit der Bestellung eines sog. starken vorläufigen Insolvenzverwalters bei der Organgesellschaft, da mit diesem Zeitpunkt die organisatorische Eingliederung entfallen ist.
2. Die Organschaft endet auch dann, wenn die Verwaltungs- und Verwertungsbefugnis hinsichtlich der letzten beiden verbliebenen Bauvorhaben einer als Bauträger tätigen Organgesellschaft auf den vorläufigen Insolvenzverwalter übertragen wird und die Gesellschaft darüber hinaus keine Bautätigkeiten mehr abzuwickeln hat. Da das operative Geschäft damit allein dem vorläufigen Insolvenzverwalter obliegt, entspricht seine Stellung derjenigen eines starken vorläufigen Insolvenzverwalters.
Normenkette
UStG 1999 § 2 Abs. 2 S. 2; InsO § 21 Abs. 2 Nr. 2
Nachgehend
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens werden dem Kläger auferlegt.
Tatbestand
Unternehmensgegenstand der X-GmbH war der Erwerb und die Veräußerung von Grundstücken, die Vorbereitung und Durchführung von Bauvorhaben sowie die Baubetreuung. Mit der A-GbR war zum 1.2.2003 eine umsatzsteuerliche Organschaft begründet worden, deren Organgesellschaft die X-GMBH war. Im Insolvenzeröffnungsverfahren über das Vermögen der X-GMBH ist der Kläger mit Beschluss des Amtsgerichts M vom 13.5.2003 zum vorläufigen Insolvenzverwalter bestellt worden. Es wurde angeordnet, dass Verfügungen der Schuldnerin über Gegenstände ihres Vermögens nur noch mit Zustimmung des Klägers wirksam waren. Mit ergänzendem Beschluss vom 20.5.2003 wurde der Kläger ermächtigt, zu Lasten der späteren Insolvenzmasse Masseverbindlichkeiten zu begründen und zu erfüllen, die für die Fertigstellung der Baustellen „N” und „O” notwendig waren. Im Umfang dieser Rechtsgeschäfte wurde die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis auf den Kläger übertragen und der X-GMBH untersagt, Verbindlichkeiten zu begründen und zu erfüllen. Wegen der Einzelheiten wird auf die vorgenannten Beschlüsse verwiesen. Am 1.6.2003 wurde alsdann das Insolvenzverfahren eröffnet.
Im Zuge einer Umsatzsteuer-Sonderprüfung bei der X-GMBH gelangte der Prüfer zu der Auffassung, dass mit der durch Beschluss des Amtsgerichts vom 20.5.2003 erfolgten Übertragung der partiellen Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis auf den Kläger die Organschaft geendet habe, da weitere Bauvorhaben nicht bestanden hätten und der Kläger somit zum sogenannten starken Insolvenzverwalter geworden sei. Auf Textziffer 12 des Prüfungsberichts vom 3.3.2004 wird verwiesen. Der Beklagte erließ am 14.6.2004 eine entsprechend geänderte Berechnung über die Festsetzung der Umsatzsteuer-Vorauszahlung für Mai 2003 und meldete die Forderung zur Insolvenztabelle an. Nachdem der Kläger die Forderung bestritten hatte, stellte der Beklagte diese durch Bescheid vom 21.9.2004, geändert durch Bescheid vom 29.4.2005, fest. Der hiergegen eingelegte Einspruch des Klägers, den er unter Verweis auf seine am 27.12.2004 eingereichte Umsatzsteuerjahreserklärung 2003 begründete, wurde zurückgewiesen.
Zur Begründung seiner Klage macht der Kläger geltend, die Organschaft habe entgegen der Auffassung des Beklagten erst durch Insolvenzeröffnung per 1.6.2003 geendet. Durch den Beschluss vom 20.5.2003 sei die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis lediglich in Bezug auf die dort konkret bezeichneten Rechtsgeschäfte auf ihn als Insolvenzverwalter übertragen worden. Im Übrigen sei die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis nicht übergegangen. Ein allgemeines Verfügungsverbot sei nicht ausgesprochen worden. Er – der Kläger – sei zudem gegenüber dem Geschäftsführer Engler und der Belegschaft nicht als sogenannter starker Insolvenzverwalter aufgetreten. Die komplette Organisation der Baustelle sowie die arbeitsrechtlichen Befugnisse und Erklärungen seien nach wie vor durch den Geschäftsführer und die Bauleiter ausgeübt worden.
Der Kläger beantragt,
den Bescheid vom 21.9.2004, geändert durch Bescheid vom 29.4.2005 und die Einspruchsentscheidung vom 30.6.2005 aufzuheben.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er ist der Auffassung, der Kläger sei durch den Beschluss des Insolvenzgerichts vom 20.5.2003 partiell starker Insolvenzverwalter geworden mit der Folge, dass die Organschaft zu diesem Zeitpunkt endete. Da der Kläger faktisch die Unternehmensleitung übernommen habe, sei er auch als schwacher Insolvenzverwalter in der Lage gewesen, seinen Willen in der Organgesellschaft durchzusetzen.
Dem Gericht haben bei seiner Entscheidung neben der Gerichtsakte ein Band Betriebsprüfungsakten und eine Heftung „Rechtsbehelfsverfahren” vorgelegen.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist unbegründet.
Der angefochtene Feststellungsbescheid ist rechtmäßig.
Das unstreitig zum 1.2.2003 begründete Organschaftsverhältnis ist durch die mit Beschluss des Insolvenzgerichts vom 20.5.2003 angeordnete Übertr...