Entscheidungsstichwort (Thema)
Archivraum fällt unter die Abzugsbeschränkung für ein häusliches Arbeitszimmer
Leitsatz (amtlich)
Lagerräume sind zwar keine "Büroräume" im Sinne des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b EStG und damit grundsätzlich ihrem Charakter nach keine Arbeitszimmer. Etwas anderes gilt aber dann, wenn ein separater Archivraum, der ausschließlich zu Lagerzwecken verwendet wird, Teilfunktionen eines Arbeitszimmers zu erfüllen hat. In diesen Fällen liegt nur ein einziges, sich über mehrere Räume erstreckendes Arbeitszimmer vor.
Normenkette
EStG § 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 6b
Nachgehend
Tatbestand
Der Kläger erzielte im Streitjahr 1996 als angestellter Bauingenieur Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit. Er nutzte in dem von ihm und seiner Ehefrau, der Klägerin, bewohnten Einfamilienhaus zwei Räume für seine beruflichen Zwecke, ein Arbeitszimmer (16,8 qm) und ein Archiv (9 qm). Ein anderer Arbeitsplatz stand ihm nicht zur Verfügung. Das Archiv lag im Keller des Hauses, verfügte über ein Außenfenster und war beheizt. Es diente der Unterbringung von ca. 500 Aktenordnern und Fachbüchern, die sämtlich in inhaltlichem Zusammenhang mit der Tätigkeit des Klägers als Bauingenieur standen. Eingerichtet war das Archiv mit Regalen und einem Ablagetisch; Sitzgelegenheiten waren nicht vorhanden. Die Aufwendungen für das Arbeitszimmer in Höhe von 11 346 DM und für das Archiv in Höhe von 5 664 DM erkannte der Beklagte letztlich mit Bescheid vom 23. Mai 2001 lediglich in Höhe von 2 400 DM an.
Hiergegen wandten sich die Kläger mit der Klage zum Az 8 K 8466/99, mit der sie die Berücksichtigung der tatsächlichen Aufwendungen für das Archiv als Werbungskosten bei den Einkünften des Klägers aus nichtselbständiger Arbeit neben dem bereits für das Arbeitszimmer angesetzten Höchstbetrag von 2 400,00 DM begehrten.
Der Klage gab das Gericht mit Urteil vom 23. April 2001 diesbezüglich statt indem es die Auffassung vertrat, dass zusätzlich zu dem begrenzten Werbungskostenabzug für ein häusliches Arbeitszimmer in Höhe von 2 400 DM die Kosten des als Archiv genutzten Kellerraumes in voller Höhe zu berücksichtigen seien. Denn dieser Raum sei, da hierin keinerlei Tätigkeiten verrichtet würden und es insoweit auch keine Berührung mit dem häuslichen Leben des Klägers gebe, kein häusliches Arbeitszimmer i.S. des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b des Einkommensteuergesetzes (EStG). Die hierauf entfallenden Aufwendungen seien vielmehr mit Aufwendungen für Arbeitsmittel zu vergleichen. Das Urteil des FG ist in Entscheidungen der Finanzgerichte -EFG- 2001, 887 veröffentlicht.
Mit der Revision machte der Beklagte geltend, der als Archiv genutzte Kellerraum falle ebenfalls unter die Abzugsbeschränkung. Archiv und Arbeitszimmer könnten nur in einem einheitlichen Zusammenhang gesehen werden. Ob ein Steuerpflichtiger einen großen Raum als Arbeitszimmer und zugleich als Aufbewahrungsraum für seine beruflichen Unterlagen nutze oder ob er hierfür wegen der räumlichen Verhältnisse zwei kleine Räume verwende, sei aus steuerlicher Sicht unerheblich.
Mit Gerichtsbescheid vom 19. September 2002 hat der VI. Senat des BFH die Vorentscheidung vom 23. April 2001 aufgehoben und die Sache wegen fehlender Entscheidungsreife an das Finanzgericht zurückverwiesen (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung - FGO-).
Der BFH hat entschieden, dass auch ein Raum, der zusätzlich zum häuslichen Arbeitszimmer als Archiv genutzt wird, dann gemeinsam mit diesem unter die Abzugsbeschränkung des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b EStG fällt, wenn typische Funktionen eines Arbeitszimmers aus dem üblichen Zusammenhang gleichsam herausgelöst und in einen separaten Raum ausgelagert worden sind. Da in einem Arbeitszimmer regelmäßig auch Bücher und Akten aufbewahrt werden und zu diesem Zweck der betreffende Raum typischerweise mit Regalen oder ähnlichen Möbeln ausgestattet ist, könne daraus gefolgert werden, dass ein Archiv in diesen Fällen zusammen mit dem Arbeitszimmer als funktionale Einheit betrachtet werden muß und gemeinsam mit diesem unter die Abzugsbeschränkung fällt. Dafür spreche auch, dass die Tätigkeiten, die in einem solchen Archiv durchgeführt werden, wie das Einordnen, Sichten und Heraussuchen von Unterlagen, beruflich bedingte Tätigkeiten seien, die häufig auch in dem daneben vorhandenen häuslichen Arbeitszimmer verrichtet werden. Eine andere Betrachtungsweise könne im Hinblick auf eine durch äußere Umstände vorgegebene Raumaufteilung und -nutzung zu willkürlichen Ergebnissen führen.
Der BFH hat dem Finanzgericht aufgegeben, in tatsächlicher Hinsicht festzustellen, ob der als Archiv genutzte Raum unter Berücksichtigung seiner Ausstattung, Lage und Funktion als Teil des häuslichen Arbeitszimmers anzusehen und damit dessen Typus zuzuordnen ist.
Auf Anfrage des Finanzgerichts hat der Kläger vorgetragen, dass in dem streitigen Archiv neben Unterlagen auch Baumaterialien gelagert wer...