rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Abzugsfähigkeit von Aufwendungen für eine künstliche Befruchtung als außergewöhnliche Belastung
Leitsatz (redaktionell)
- Die Abzugsfähigkeit von Aufwendungen für eine künstliche Befruchtung als außergewöhnliche Belastung können nicht davon abhängig gemacht werden, ob die Kosten einer verheirateten oder unverheirateten Frau entstehen.
- Aufwendungen für eine künstliche Befruchtung entstehen dann nicht zwangsläufig im Sinne des § 33 EStG und sind damit steuerlich nicht berücksichtigungsfähig, wenn die vorangegangene Sterilisation der Frau nicht dringend medizinisch erforderlich war, sondern aus Gründen der Empfängisverhütung erfolgte.
Normenkette
EStG § 33 Abs. 1
Nachgehend
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um die steuerliche Berücksichtigung von Aufwendungen für eine künstliche Befruchtung der Klägerin (in-vitro-Fertilisation -IVF-).
Die 1967 geborene Klägerin ist Mutter eines im Streitjahr zwölfjährigen Kindes. Sie lebte von ihrem Ehemann ausweislich der Steuerakten seit Februar 1998 getrennt und ist seit dem 17. November 2000 geschieden. Vor „einigen Jahren" hat sich die Klägerin nach ihren Angaben aus medizinischer Sicht sterilisieren lassen, weil sie - wie sie in der mündlichen Verhandlung erläutert hat - „die Pille nicht vertragen" und Thrombosen befürchtet habe und ferner auch keine Spirale anwenden wollte.
Sie habe sich im Streitjahr 2001 mit ihrem zukünftigen Ehemann zu einer in-vitro-Fertilisation entschlossen und hat dazu folgende ärztliche Bescheinigung vom 10. Juli 2002 vorgelegt:
Frau ist seit 1996 meine Patientin. Seit 1999 besteht bei der Patientin unerfüllter Kinderwunsch. Aus fachärztlicher Sicht erscheint es nicht möglich, dass Frau VUXV auf natürlichem Wege schwanger werden kann. Die einzige Möglichkeit, eine Schwangerschaft zu erzielen, besteht im Einsatz eines IVF-Verfahrens.
Nach Durchführung einer homologen Insemination, d. h. einer künstlichen Befruchtung mit dem Samen ihres künftigen Ehemannes, ist die Übernahme der Kosten von der Krankenkasse nach Erörterung mit dieser abgelehnt worden. Die Klägerin ist hiergegen nicht im Wege eines Widerspruchs oder einer Klage vorgegangen. Seit dem 24. Mai 2003 ist die Klägerin mit dem Spender des Samens, der auch Prozessbevollmächtigter im anhängigen Verfahren ist, verheiratet.
Die Klägerin beantragt,
unter Änderung des Einkommensteuerbescheides 2001 und der dazu ergangenen Einspruchsentscheidung vom 4. Juli 2002 Aufwendungen für eine künstliche Befruchtung in Höhe von 8 576,00 DM als außergewöhnliche Belastung zu berücksichtigen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen hilfsweise,
die Revision zuzulassen.
Er bleibt unter Bezugnahme auf seine Einspruchsentscheidung dabei, dass die Aufwendungen für die künstliche Befruchtung der Klägerin nicht - wie es das Gesetz in § 33 Einkommensteuergesetz -EStG- voraussetzt - zwangsläufig entstanden seien. Zwar habe der Bundesfinanzhof -BFH- Aufwendungen für eine künstliche Befruchtung, die einem Ehepaar zu einem gemeinsamen Kind verhelfen soll, dem Grunde nach als außergewöhnliche Belastung anerkannt (BFH in Bundessteuerblatt -BStBl- II 1997, 805). Daraus könne jedoch nicht gefolgert werden, dass auch eine empfängnisunfähige Frau, die unverheiratet ist, sich in der vom BFH angenommenen Zwangslage sehen und sich bei der Durchführung der Befruchtung auf ihr bei der einkommensteuerrechtlichen Bewertung zu berücksichtigendes Persönlichkeitsrecht berufen kann. Auch nach § 27 a des V. Sozialgesetzbuches -SGB V- umfasst die Leistungen der Krankenbehandlung medizinische Maßnahmen zur Herbeiführung einer Schwangerschaft unter anderem nur dann, wenn diese Maßnahmen nach ärztlicher Feststellung erforderlich sind, die Personen, die die Maßnahmen in Anspruch nehmen, miteinander verheiratet sind und es sich um eine homologe künstliche Befruchtung handelt. Außerdem habe die Klägerin nicht alle rechtlichen Möglichkeiten ausgeschöpft, um eine Erstattung ihrer Aufwendungen für die künstliche Befruchtung zu erlangen. Diese rechtliche Sicht verstoße auch nicht gegen Verfassungsrecht. Das Bundesverfassungsgericht -BVerfG- habe im Beschluss vom 17. Juli 2002 zur Verfassungsmäßigkeit des Lebenspartnerschaftsgesetzes ausgeführt, es würde dem Fördergebot der Ehe widersprechen, wenn einer mit der Ehe austauschbaren Lebensweise (heterosexuelle Partnerschaft) die gleichen oder ähnliche Rechte und Pflichten wie in einer Ehe zugestanden würde.
Dem Senat haben die den Streitfall betreffenden Steuerakten zur Steuernummervorgelegen.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Klage ist unbegründet. Die angefochtenen Bescheide verletzen die Klägerin zwar in der Begründung, nicht aber im Ergebnis in ihren Rechten.
1. Nach § 33 Abs. 1 EStG wird die Einkommensteuer auf Antrag ermäßigt, wenn einem Steuerpflichtigen zwangsläufig größere Aufwendungen als der überwiegenden Mehrzahl der Steuerpflichtigen gleicher Einkommensverhältnisse, gleicher Vermögensverhältnisse und g...