Entscheidungsstichwort (Thema)
Vorsteuererstattungsanspruch bei Verzicht auf die Steuerbefreiung für in einem EU-Mitgliedstaat ausgeführte Vermietungsumsätze. Umsatzsteuer 1997 und 1998
Leitsatz (redaktionell)
Verzichtet ein inländischer Unternehmer im Rahmen der Vermietung von in den Niederlanden gelegenen Bürogebäuden auf die Umsatzsteuerfreiheit, besteht ein Anspruch auf Erstattung der Vorsteuern, die mit der Inanspruchnahme inländischer Dienstleistungen für die Errichtung der vermieteten Gebäude zusammenhängen (entgegen Abschn. 205 Abs. 1 UStR 2000).
Normenkette
UStG § 15 Abs. 2 S. 1 Nr. 2, § 4 Nr. 12 Buchst. a, § 9 Abs. 2; EWGRL 388/77 Art. 17 Abs. 1, 3a, 3, Art. 13c; UStR 2000 Abschn. 205 Abs. 1
Nachgehend
Tenor
Die Umsatzsteuerbescheide 1997 und 1998 vom 26. Februar 2001 und die Einspruchsentscheidung vom 24. Oktober 2002 werden dahingehend geändert, dass die Umsatzsteuer 1997 unter Berücksichtigung von zu erstattenden Vorsteuern in Höhe von DM 68.404,40 und die Umsatzsteuer 1998 unter Berücksichtigung von zu erstattenden Vorsteuern in Höhe von DM 11.460,90 festgesetzt wird.
Die Kosten des Verfahrens trägt der Beklagte.
Die Entscheidung ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110% des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren war notwendig.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Klägerin begehrt den Abzug von Vorsteuern im Zusammenhang mit in den Niederlanden belegenen vermieteten Grundstücken.
Die Klägerin ist als Kapitalanleger-Gemeinschaft ein geschlossener Immobilienfonds in der Rechtsform einer GmbH & Co KG. Der Gesellschaftsvertrag datiert vom 12. Juni 1997. Gegenstand der Gesellschaft ist gem. § 2 des Gesellschaftsvertrages der Erwerb, die Vermietung und Verpachtung von Grundstücken und grundstücksgleichen Rechten in den Niederlanden, insbesondere der Erwerb des wirtschaftlichen Eigentums an Bürogebäuden in S, Niederlande. Mit der Verwaltung des Grundbesitzes wurde ein Unternehmen in den Niederlanden beauftragt.
Gesellschafter der Klägerin sind die A-Verwaltungs-GmbH als Komplementärin und die B-GmbH als Kommanditistin. Die Kommanditbeteiligung beträgt DM 10.150.000. Die Kommanditistin hält ihre Beteiligung treuhänderisch für eine Vielzahl von Kapitalanlegern. Die Klägerin ist Eigentümerin von in Holland belegenen Büroimmobilien im Wert von ca. 17 Millionen DM. Die Klägerin führt in Deutschland keine umsatzsteuerbaren Leistungen aus.
1997, im Streitjahr, erwarb die Klägerin zwei Bürogebäude in S, Niederlande. Diese Gebäude vermietete sie nach ihren Angaben an andere Unternehmer und verzichtete für diese Umsätze auf die Umsatzsteuerfreiheit. Nach Angaben der Klägerin werden die Vermietungsumsätze daher in den Niederlanden der Umsatzsteuer unterworfen.
Mit ihren Umsatzsteuererklärungen 1997 und 1998 hat die Klägerin Vorsteuern geltend gemacht, die ihr durch verschiedene inländische Dienstleistungen mit deutscher Umsatzsteuer in Rechnung gestellt worden waren. Der Sache nach handelte es sich hauptsächlich um Leistungen, die für die Errichtung des Gebäudes benötigt worden waren wie Objektauswahl, rechtliche und steuerliche Beratung.
Nachdem der Beklagte im Juli 1999 bei der Klägerin eine Betriebsprüfung durchgeführt hatte, lehnte er den Vorsteuerabzug ab, weil nach § 15 Abs. 2 Nr. 2 UStG i. V. m. Abschnitt 205 Abs.1 UStR Auslandsumsätze vom Vorsteuerabzug ausgeschlossen seien, die als Inlandsumsätze steuerfrei wären. Das gelte auch für solche Umsätze, für die bei ihrer Ausführung im Inland für die Steuerpflicht optiert werden könne. Der Beklagte setzte die Umsatzsteuer jeweils auf DM 0,– fest.
Gegen die so ergangenen Umsatzsteuerbescheide vom 26. Februar 2001 legte die Klägerin am 26. März 2001 Einsprüche ein. Als Begründung führte sie an, die Bescheide verstießen gegen Art. 17 Abs. 2 der 6. EG-Richtlinie. Danach werde ein Vorsteuerabzug für sämtliche „besteuerten” Umsätze zugelassen. Dabei werde nicht danach unterschieden, ob die besteuerten Umsätze im Inland oder in einem anderen Mitgliedstaat der EU ausgeführt würden. Da Art. 17 Abs. 2 der 6. EG-Richtlinie somit ein Recht zum Vorsteuerabzug gewähre, handele es sich um in den einzelnen Mitgliedsländern unmittelbar wirkendes Recht, wenn diese Richtlinie durch das nationale Recht nicht oder nicht vollständig umgesetzt werde. Die Auffassung des Beklagten, unter Berufung auf Abschnitt 205 UStR und § 15 UStG den Vorsteuerabzug versagen zu können, verstoße somit gegen internationales Recht.
Nachdem die Klägerin am 15. Mai 2002 Untätigkeitsklage erhoben hatte, erteilte ihr der Beklagte am 24. Oktober 2002 eine Einspruchsentscheidung, mit der er die Einsprüche als unbegründet zurückwies. Er führte aus, die Klägerin erbringe Vermietungsleist...