Entscheidungsstichwort (Thema)
Umsatzsteuer 1990
Tenor
1. Unter Aufhebung der den Erlaßantrag der Klägerin ablehnen den Entscheidung vom 21. Oktober 1991 in Gestalt der Beschwerdeentscheidung vom 25. November 1993 wird der Beklagte verpflichtet, die Umsatzsteuer 1990 in Höhe restlicher DM 85.944,11 zu erlassen.
2. Die Kosten des Verfahrens hat der Beklagte zu tragen.
3. Die Kostenentscheidung des Urteils ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des Kostenerstattungsanspruchs der Klägerin abwenden, soweit nicht die Klägerin zuvor Sicherheit in derselben Höhe leistet.
Beschluß:
Der Streitwert wird bis zum 04.04.1995 auf 123.839,11 DM und von da an auf 85.944,11 DM festgesetzt.
Gründe
Die Klägerin ist ein Bauunternehmen. Sie stellte im Juli 1990 ihren Kunden für Bauleistungen, die sich über den 30. Juni 1990 hinaus hinzogen, Rechnungen aus, in denen die gesamte Bauleistung einschließlich derjenigen Leistungsteile, die vor dem 30. Juni 1990 erbracht worden waren, der Umsatzsteuer unterworfen wurde.
Dieses Verfahren stieß bei einer Reihe von Kunden der Klägerin auf Unverständnis. Die Klägerin erkundigte sich daher mit Schreiben vom 20. August 1990 bei dem Beklagten, welches die zutreffende umsatzsteuerliche Behandlung von Sachverhalten sei, in denen die Leistung erst nach dem 01. Juli 1990 fertiggestellt worden sei, aber bereits vor diesem Zeitpunkt Leistungsteile erbracht worden seien.
Der Beklagte beantwortete diese Frage mit Schreiben vom 23. August 1990 dahingehend, daß nur die Leistungen, die nach dem 30. Juni 1990 erbracht worden seien, dem Umsatzsteuergesetz vom 22. Juni 1990 (UStG) unterfielen. Es sei eine Trennung der Leistungen, die vor diesem Zeitpunkt erbracht worden seien, notwendig; die erteilten Rechnungen müßten daher von der Klägerin korrigiert werden.
Daraufhin stellte die Klägerin neue Rechnungen aus, in denen nunmehr nur noch diejenigen Leistungsteile mit Umsatzsteuer belastet waren, die nach dem 30. Juni 1990 erbracht worden waren.
Mit Schreiben vom 07. Mai 1991, das im Zusammenhang mit einer bei der Klägerin durchgeführten Umsatzsteuersonderprüfung erging, teilte der Beklagte der Klägerin mit, daß er der Auffassung sei, daß die steuerfrei belassenen Leistungsteile versteuert werden müßten. Diese Auffassung vertrat der Beklagte auch bei der Umsatzsteuersonderprüfung. Daraus resultierte eine Umsatzsteuernachforderung in Höhe von DM 1.203.387,99. In dem genannten Schreiben führte der Beklagte weiter aus: „… Sofern mein Schreiben vom 23. 08.1990 bei Ihnen zu Mißverständnissen geführt hat, bitte ich Sie, das zu entschuldigen….”.
Die Klägerin änderte in der Folge die Rechnungen über ihre Leistungen, die vor dem 30. Juni 1990 begonnen und nach dem 01. Juli 1990 abgeschlossen worden waren, erneut. Sie ließ sich zur Begleichung des höheren Rechnungsbetrages die entsprechenden Vorsteueransprüche ihrer Kunden abtreten.
In Höhe von DM 85.944,11 konnten die erhöhten Forderungen der Klägerin jedoch nicht realisiert werden. Die Abtretungen gingen insoweit ins Leere, weil die beiden betroffenen Kunden sich in Gesamtvollstreckung oder Liquidation befanden. Die Klägerin ließ die Umsatzsteuerfestsetzung bestandskräftig werden und beantragte den Erlaß der restlichen Umsatzsteuer. Durch Bescheid vom 21.10.1992 lehnte der Beklagte den Erlaß der Umsatzsteuer sowie darauf entfallender Säumniszuschläge ab. Die gegen die Ablehnung des Umsatzsteuererlasses erhobene Beschwerde, die gleichzeitig einen Antrag auf Erlaß der Säumniszuschläge enthielt, hatte keinen Erfolg. Die Oberfinanzdirektion lehnte den Erlaß der Umsatzsteuer und der Säumniszuschläge durch Beschwerdeentschei dung vom 25.11.1993 ab.
Die Klägerin ist der Ansicht, daß die Einziehung der Umsatzsteuer insoweit unbillig sei. Sie trägt vor, daß sie nur wegen der unrichtigen Auskunft des Beklagten vom 23. August 1990, auf die sie sich seinerzeit wegen ihrer eigenen Unerfahrenheit in steuerlichen Angelegenheiten verlassen habe, ihre ursprünglich korrekten Rechnungen in der Weise berichtigt habe, die zu einer Beanstandung in der Umsatzsteuersonderprüfung führten. Hätte der Beklagte ihre Anfrage zutreffend beantwortet, so hätte sie die Umsatzsteuerbeträge bereits im Jahr 1990 geltend gemacht. Zu dieser Zeit wäre eine Einziehung dieser Beträge wahrscheinlich noch möglich gewesen. Nunmehr könne sie die Umsatzsteuer in Höhe von DM 85.944,11 nicht mehr auf ihre Kunden überwälzen, und zwar aus Gründen, die ihr nicht vorzuwerfen seien. Die Klägerin meint daher, daß die Voraussetzungen für einen Erlaß der Umsatzsteuerschuld gemäß § 227 AO in Höhe des für sie nicht mehr einbringlichen Betrages sowie der insoweit entstandenen Säumniszuschläge in Höhe von DM 37.895,00 gegeben seien.
Nachdem der Beklagte den ablehnenden Ausgangsbescheid und die Beschwerdeentscheidung insoweit aufgehoben hat, als sie sich auf den Erlaß der Säumniszuschläge beziehen und die Beteiligten den Rechtsstreit dies...