Entscheidungsstichwort (Thema)
Änderung nach § 173 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO 1977 bei nachträglicher Geltendmachung von Vorkosten i.S. des § 10e Abs. 6 EStG
Leitsatz (redaktionell)
Unterlässt es ein Steuerpflichtiger bei der Erstellung der Einkommensteuererklärung, die vor Bezug des eigengenutzten Hauses entstandenen Geldbeschaffungskosten in Form des - auf dem Darlehenskontoauszug der Bausparkasse ausgewiesenen - Disagios geltend zu machen, obwohl ihm die Abzugsfähigkeit von Vorkosten i.S. des § 10e Abs. 6 EStG im Einkommensteuerbescheid des Vorjahres erläutert wurde und die Anlage FW - die auch für den steuerrechtlichen Laien im Hinblick auf die Vorkosten verständlich abgefasst ist - bekannt war, handelt er grob fahrlässig, so dass eine Änderung des bestandskräftigen Bescheides zur nachträglichen Berücksichtigung des Disagios nach § 173 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO 1977 ausscheidet (hier: Behauptung der Unkenntnis der Vergleichbarkeit eines Disagios mit dem in der Anlage FW verwendeten Begriff des Damnums).
Normenkette
AO 1977 § 173 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 S. 1; EStG § 10e Abs. 6
Nachgehend
Gründe
Der Kläger ist als verbeamteter Ingenieur beim Ministerium für……. des Landes Brandenburg tätig. Angesichts einer bevorstehenden Versetzung von L… nach M… kaufte er im Jahre 1994 zum Zweck der Errichtung eines Eigenheims ein Grundstück in N…. Mit der Einkommensteuererklärung 1994 machte er Aufwendungen für Grundstücksbesichtigungen sowie für Fahrten zur Bank zur Regelung der Finanzierung als Werbungskosten geltend. In den Erläuterungen zum Einkommensteuerbescheid 1994 gab der Beklagte an, dass diese Aufwendungen keine Werbungskosten seien. Hinsichtlich der Kosten für die Besichtigungsfahrten handele es sich um Anschaffungsnebenkosten, die im Rahmen des § 10e Abs. 1 Einkommensteuergesetz – EStG – ab dem Zeitpunkt des Bezuges geltend gemacht werden könnten. Die Aufwendungen für die Fahrten zur Regelung der Finanzierung seien als „Vorbezugskosten” im Rahmen des § 10e Abs. 6 EStG berücksichtigt worden.
Mit der am 18.11.1996 beim Beklagten eingegangenen und von dem Kläger selbst erstellten Einkommensteuererklärung 1995 reichte dieser zwei Bescheinigungen der Bausparkasse über begünstigungsfähige Aufwendungen und Guthabenzinsen ein, auf die verwiesen wird. Es handelte sich dabei um die entsprechenden Abschnitte der Kontoauszüge über die Bausparverträge. Aufwendungen zur Förderung des Wohnungseigentums machte er nicht geltend. Eine Anlage FW war der Erklärung nicht beigefügt. Durch Bescheid vom 24.01.1997 setzte der Beklagte die Einkommensteuer 1995 fest. Der Bescheid wurde bestandskräftig.
Im Jahre 1997 wurde das errichtete Eigenheim bezugsfertig.
Mit Schreiben vom 19.01.1998 beantragten die Prozessbevollmächtigten bei dem Beklagten eine Änderung des Einkommensteuerbescheides 1995 und übersandten eine für den Kläger ausgefüllte Anlage FW für das Jahr 1995. In der Zeile 54 war als Damnum ein Betrag in Höhe von 29.322,00 DM angegeben. Zum Beleg dieses Betrages überreichten die Bevollmächtigten einen Darlehenskontoauszug der X… Bausparkasse für das Jahr 1995, der oben rechts den Vermerk „Bescheinigung für Ihre Steuererklärung 1995” enthielt. Aus dem Darlehenskontoauszug ergab sich, dass am 29.12.1995 ein Disagio in Höhe von 29.322,50 DM zum Soll gestellt worden war. Unter demselben Datum erfolgte die Sollstellung einer Darlehensauszahlung in Höhe von 3.202,48 DM. Der Darlehensstand zum 31.12.1995 war mit 32.524,98 DM angegeben. Das noch auszuzahlende Darlehen wurde mit 284.475,02 DM beziffert. Ebenfalls unter dem 29.12.1995 war eine Einzahlung in Höhe von 140,48 DM als Habenbuchung sowie eine Vorauszahlung per 31.12.1995 in Höhe von 107,39 DM ausgewiesen. Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf den in der beigezogenen Steuerakte befindlichen Darlehenskontoauszug verwiesen.
Durch Bescheid vom 02.12.1998 lehnte der Beklagte eine Änderung des Einkommensteuerbescheides 1995 mit der Begründung ab, dass den Kläger ein grobes Verschulden daran treffe, dass die Aufwendungen erst nach Bestandskraft des Einkommensteuerbescheides 1995 geltend gemacht worden seien. Der Kläger habe bereits mit der Steuererklärung für das Jahr 1994 Aufwendungen nach § 10e Abs. 6 EStG geltend gemacht. Die Anlage FW sei ihm inhaltlich bekannt gewesen, zumal auch in der Anleitung zur Einkommensteuererklärung auf die Anlage FW hingewiesen werde.
Der hiergegen eingelegte Einspruch blieb ohne Erfolg.
Zur Begründung der Klage macht der Kläger im Wesentlichen geltend, dass ihm bewusst gewesen sei, dass die korrekte Beantragung der Steuerbegünstigung nach § 10e EStG seine Fähigkeiten übersteige. Für das Jahr 1994 habe er, der Kläger, keine Anlage FW ausgefüllt. Die fraglichen Aufwendungen seien vielmehr als Werbungskosten geltend gemacht worden, woraus bereits ersichtlich sei, dass ihm, dem Kläger, die Problematik des § 10e EStG nicht bekannt gewesen sei. Auch für das Jahr 1995 habe er...