Entscheidungsstichwort (Thema)
Frist für die Festsetzung von Grunderwerbsteuer bei fehlender Anzeige der Beteiligten i.S. v. § 19 GrEStG. Grunderwerbsteuer
Leitsatz (redaktionell)
Die Anzeige des Notars über die Veräußerung eines Grundstücks löst trotz nunmehriger Kenntnis des für die Festsetzung der Grunderwerbsteuer zuständigen FA über den Rechtsvorgang nicht den Beginn der Frist für die Festsetzung der Grunderwerbsteuer aus. Als Steuererklärung i.S. des § 170 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AO 1977 gilt allein die Anzeige der Beteiligten i.S. des § 19 GrEStG.
Normenkette
AO 1977 § 170 Abs. 2 S. 1 Nr. 1; GrEStG § 19 Abs. 1 Nr. 6, Abs. 5, § 18 Abs. 2 S. 2
Nachgehend
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens werden der Klägerin auferlegt.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Durch notariell beurkundeten Kaufvertrag vom 18.07.1991 (UR-Nr. …/1991 der Notarin Dr. A. in L.) erwarb die X. Industrie- und Handelsbeteiligungs GmbH L. von der Treuhandanstalt, der Rechtsvorgängerin der Klägerin, 100 % der Anteile an der Y. Chemiehandelsgesellschaft mbH.
Im Betriebsvermögen dieser Gesellschaft befanden sich insgesamt 14 Grundstücke, die 9 Lagefinanzämtern zuzuordnen sind.
Am 24.07.1991 ging beim Beklagten die von der Notarin übersandte Kopie des Anteilskaufvertrages ein. Wegen fehlender Veräußerungsanzeige nach amtlich vorgeschriebenem Vordruck forderte der Beklagte die Notarin am 16.10.1997 zur Einreichung der Anzeige auf. Mit Schreiben vom 23.10.1997 übersandte die Notarin eine Kopie der ausgefüllten Anzeige. Von der Veräußerin und der Erwerberin wurden keine Anzeigen zum Erwerbsvorgang beim Finanzamt eingereicht.
Am 27.10.1997 erließ der Beklagte gegenüber der Erwerberin einen Bescheid über die gesonderte Feststellung der Besteuerungsgrundlagen für die Grunderwerbsteuer für den am 18.07.1991 durch Anteilskaufvertrag verwirklichten Erwerbsvorgang. Ebenfalls am 27.10.1997 übersandte der Beklagte den beteiligten Lagefinanzämtern Mitteilungen über die gesonderte Feststellung der Besteuerungsgrundlagen für die Grunderwerbsteuer.
Nachdem die Erwerberin am 21.08.1997 die Eröffnung des Konkurses über ihr Vermögen beantragt hatte, wurde schließlich am 08.12.1997 durch das Amtsgericht M. das Konkursverfahren über das Vermögen der betreffenden Gesellschaft eröffnet. Mit Schreiben vom 12.02.1998 unterrichtete der Konkursverwalter das Finanzamt über die Eröffnung des Konkursverfahrens und wies darauf hin, dass Forderungen zur Konkurstabelle anzumelden seien.
Daraufhin erließ der Beklagte am 29.07.1998 gegenüber der Klägerin als Rechtsnachfolgerin der Treuhandanstalt einen Bescheid über die gesonderte Feststellung der Besteuerungsgrundlagen für die Grunderwerbsteuer, der hinsichtlich der aufgeführten Grundstücke und der Bemessungsgrundlagen mit dem Bescheid vom 27.10.1997 an die Erwerberin übereinstimmte.
Dagegen erhob die Klägerin Einspruch und machte geltend, zum Zeitpunkt des Erlasses des Feststellungsbescheides sei bereits Festsetzungsverjährung eingetreten. Da die beurkundende Notarin bereits am 18.07.1991 den Anteilskaufvertrag nebst zugehöriger Veräußerungsanzeige an das Finanzamt abgesandt habe, hätte die vierjährige Festsetzungsfrist mit Ablauf des 31.12.1995 geendet.
Durch Entscheidung vom 19.06.2001 wies der Beklagte den Einspruch als unbegründet zurück. Festsetzungsverjährung sei noch nicht eingetreten. Die Festsetzungsfrist für die Grunderwerbsteuer betrage nach § 169 Abs. 2 Nr. 2 Abgabenordnung -AO- vier Jahre. Sie beginne grundsätzlich gemäß § 170 Abs. 1 AO mit Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Steuer entstanden sei. Im Streitfall sei aber § 170 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AO maßgebend, wonach die Festsetzungsfrist für den Fall, dass eine Steuererklärung, eine Steueranmeldung oder eine Anzeige zu erstatten sei, mit Ablauf des Kalenderjahres beginne, in dem die Steuererklärung, die Steueranmeldung oder die Anzeige eingereicht werde. Sie beginne jedoch spätestens mit Ablauf des 3. Kalenderjahres, das auf das Kalenderjahr folge, in dem die Steuer entstanden sei. Gemäß § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 Grunderwerbsteuergesetz -GrEStG- müssten die Steuerschuldner Anzeige erstatten über Rechtsgeschäfte, die den Anspruch auf Übertragung aller Anteile einer Gesellschaft begründeten, wenn zum Vermögen der Gesellschaft ein Grundstück gehöre. Bei dem Anteilskaufvertrag vom 18.07.1991 handle es sich um einen solchen Erwerbsvorgang. § 19 Abs. 5 Satz 1 GrEStG bestimme ausdrücklich, dass die Anzeigen Steuererklärungen i. S. der AO seien. Steuerschuldner i.S. des § 19 Abs. 1 Satz 1 GrEStG seien die in § 13 GrEStG bezeichneten, als Vertragsteile beteiligten Personen, also Veräußerer und Erwerber. Dieser Anzeigepflicht seien weder die X. GmbH noch die Treuhandanstalt nachgekommen. Dies müsse sich die Klägerin als Rechtsnachfolgerin der Treuhandanstalt zurechnen lassen. Die Anzeige des Anteilskaufvertrages durch die beurkundende Notarin noch im Jahre 1991 ändere nichts an diesem Ablauf der Festsetzu...