rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Gewinnfeststellung 1993
Tenor
Die Einspruchsentscheidung vom 12.12.1996 wird aufgehoben.
Die Kosten des Verfahren trägt der Beklagte.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kostenentscheidung vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des Kostenerstattungsanspruchs des Klägers abwenden, sofern nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.
Beschluß:
Die Hinzuziehung der Bevollmächtigten zum Vorverfahren wird für notwendig erklärt.
Gründe
Wegen nicht fristgerechter Abgabe der Erklärung schätzte der Beklagte mit Bescheid vom 16.11.1995 die Besteuerungsgrundlagen für die gesonderte Feststellung des Gewinns aus Land- und Forstwirtschaft 1993 endgültig auf 51.731,00 DM.
Hiergegen legte der Kläger mit am 01.12.1995 beim Finanzamt eingegangenen Schreiben durch die Steuerberatersozietät A… und B… Einspruch ein. Aus dem Einspruchsschreiben, das eine Begründung des Einspruchs innerhalb der nächsten vier Wochen ankündigte, war nicht ersichtlich, inwieweit sich der Kläger durch den angefochtenen Feststellungsbescheid beschwert fühlte.
Nachdem der Kläger am 19.04.1996 seinen Einspruch immer noch nicht näher begründet hatte, forderte der Beklagte mit Verfügung vom selben Tage, gerichtet allein an Herrn Wilfried A…, Steuerberater, L…-straße 7, 29… M…, und unter Bezugnahme auf den Mandanten Herbert C…, auf, gemäß § 364 b Abs. 1 Nr. 1 Abgabenordnung -AO- bis zum 20.05.1996 die Tatsachen anzugeben, durch deren Berücksichtigung oder Nichtberücksichtigung der Mandant sich beschwert fühle. Das Schreiben, das mit einfachem Brief zur Post gegeben wurde, enthielt eine Belehrung über die mit der Fristsetzung verbundenen Rechtsfolgen.
Erst mit Schreiben vom 30.09.1996 übersandte die Sozietät eine Einnahmen-Überschuß-Rechnung für den Zeitraum vom 01.07.1993 bis zum 30.06.1994 und erklärte, der Kläger habe seinen gesamten Betrieb im Wirtschaftsjahr 1993/1994 verpachtet.
Unter Hinweis auf die gesetzte Ausschlußfrist erließ der Beklagte am 12.12.1996 eine ablehnende Einspruchsentscheidung. Daraufhin erklärte der innerhalb der Sozietät für den Kläger zuständige Bevollmächtigte B… am 16.12.1996 telefonisch, eine Ausschlußfristsetzung habe er nicht erhalten. Auf die Anforderung des Finanzamtes, sein Fristkontrollbuch vorzulegen, reagierte er nicht.
Am 13.01.1997 hat der Kläger Klage erhoben. Er trägt vor, daß weder der Kläger persönlich noch seine Bevollmächtigten eine Ausschlußfristsetzung erhalten hätten. Die Fristsetzungsverfügung sei mithin nicht bekanntgegeben worden. Zudem vertritt er die Auffassung, den Zugang dieses Schriftstückes habe der Beklagte nachzuweisen. Die Vorlage des Fristkontrollbuchs oder ggf. eines Posteingangsbuchs der Prozeßbevollmächtigten lehnt der Kläger unter dem Aspekt der unzulässigen Beweislastumkehr ab. Im übrigen könne in Bücher nicht eingetragen werden, was nicht vorliege. Schließlich weist der Klägervertreter darauf hin, daß eine Verpflichtung zur Führung eines Posteingangsbuches für Angehörige der steuerberatenden Berufe nicht bestehe.
Der Kläger beantragt,
die Einspruchsentscheidung vom 12.12.1996 aufzuheben sowie die Hinzuziehung des Bevollmächtigten zum Vorverfahren für notwendig zu erklären.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er beruft sich weiterhin auf die ausschließende Wirkung der Fristsetzung vom 19.04.1996. Ferner hält er die Vorlage des Fristenkontrollbuches im Rahmen der Mitwirkungspflicht des Steuerpflichtigen für geboten. Durch Einsichtnahme in das Fristenkontrollbuch sei im Rahmen des Untersuchungsgrundsatzes der Sachverhalt von Amts wegen zu erforschen.
Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf die gewechselten Schriftsätze und die beigezogenen Steuerakten des Beklagten bezug genommen.
Die zulässige Klage ist begründet. Die Einspruchsentscheidung vom 12.12.1996 erweist sich als rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten (§ 100 Abs. 1 S. 1 Finanzgerichtsordnung -FGO-). Der Beklagte hat zu Unrecht die Einspruchsentscheidung ohne Berücksichtigung des klägerseitigen Vortrags vom 30.09.1996 erlassen.
Die Ausschlußfristsetzung entfaltet keine Wirksamkeit, § 124 Abs. 1 AO. Es fehlt an einer nachweislichen Bekanntgabe im Sinne der Vorschrift des § 122 Abs. 1 S. 1 AO, die auch auf Fristsetzungen nach § 364 b AO anwendbar ist. Denn die Fristsetzung nach § 364 b AO ist ein -wenn auch nicht mit dem Einspruch angreifbarer – Verwaltungsakt mit verfahrensleitendem Charakter (vgl. Dr. Tiedchen in: Betriebs-Berater 1996, 1033, 1041 m.w.N.).
Der Beklagte trägt für den Zugang der Fristsetzung die Beweislast. Dies ergibt sich aus dem eindeutigen Wortlaut des § 122 Abs. 2 2. Halbsatz AO, wonach die Behörde den Zugang des Verwaltungsaktes im Zweifel nachzuweisen hat. Dies gilt nach dem Worlaut und der Systematik der Norm auch im Falle der Bekanntgabe eines Verwaltungsakts gegenüber dem Bevollmächtigten, § 122 Abs. 1 S. 3 AO. Zweifel am Zugang hat der Kläger durch seine Prozeßbe...