rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Beendigung (Betriebsaufgabe) eines Betriebs gewerblicher Art (BgA). Versteuerung von Erstattungszinsen gem. §§ 233, 233a AO beim Rechtsträger als nachträgliche Einkünfte
Leitsatz (redaktionell)
1. Die Steuerpflicht der einer Körperschaft zufließenden Erstattungszinsen i. S. d. §§ 233, 233a AO bestimmt sich nach § 10 Nr. 2 KStG, der als speziellere Norm § 12 Nr. 3 EStG verdrängt.
2. Zinsen für die Erstattung von Vorsteuern, die aus der laufenden Tätigkeit eines BgA herrühren und die einen nach Beendigung der Tätigkeit des BgA liegenden Zinszeitraum betreffen, wirken nicht auf die Betriebsaufgabe zurück, sondern führen zu nachträglichen Einkünften, die im Zeitpunkt des Zufließens der Besteuerung unterliegen.
3. Ein VorgründungsBgA, dessen Betrieb allein auf die Errichtung einer bestimmten, im Anschluss durch eine privatwirtschaftliche Gesellschaft unterhaltene Betriebsanlage gerichtet ist, ist genauso zu betrachten wie eine Vorgründungsgesellschaft von (mindestens zwei) Privatpersonen, deren Zweck auf die Errichtung einer Kapitalgesellschaft gerichtet ist. Die Tätigkeit einer solchen Gesellschaft wird in umsatzsteuerrechtlicher Hinsicht als nachhaltige wirtschaftliche Betätigung betrachtet. Für das Körperschaftsteuerrecht gilt nichts anderes.
4. Bei Beendigung eines BgA verbleiben die Vermögenswerte bei der juristischen Person des öffentlichen Rechts und werden dort deren Bereich der Vermögensverwaltung zugeordnet. Der juristischen Person nachträglich als Rechtsnachfolger des BgA mit einer Vorsteuererstattung zufließende Erstattungszinsen sind von dieser im Rahmen der partiellen Körperschaftsteuerpflicht als nachträgliche Einkünfte aus Kapitalvermögen (aus dem BgA) zu versteuern.
Normenkette
AO §§ 233, 233a; KStG § 1 Abs. 1 Nr. 6, § 4 Abs. 1, § 8 Abs. 1, § 10 Nr. 2; EStG § 20 Abs. 1 Nr. 7, § 24 Nr. 2, § 12 Nr. 3; UStG § 2 Abs. 1, § 15 Abs. 1 Nr. 1
Nachgehend
Tenor
1. Die Klage wird als unbegründet abgewiesen.
2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
3. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Der Rechtsstreit betrifft die Frage, ob dem Kläger Zinsen, die seinem Rechtsvorgänger auf Vorsteuern für die Jahre 1994 und 1995 erstattet worden waren, als nachträgliche Einnahmen aus einem Betrieb gewerblicher Art im Jahr 2000 zuzurechnen sind.
Der Kläger ist ein kommunaler Zweckverband im Sinne von § 145 SaarlKSVG. Unter anderem beteiligte sich der Kläger mit Betrieben gewerblicher Art auch am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr. Hierzu gehörte im Streitjahr der „D VorgründungsBgA” (VorgründungsBgA).
Bereits mit Schreiben vom 21. Januar 1991 hatte der D den Finanzbehörden mitgeteilt, die sich damals im Stadium der Planung befindliche Anlage in G solle aus dem hoheitlichen Tätigkeitsbereich herausgelöst werden und im Rahmen einer privatwirtschaftlichen Lösung, das heißt in privatrechtlicher Form unternehmerisch tätig sein. Ein im Vorfeld erstelltes privates Gutachten, welches als Planungsgrundlage diente, schlug hierfür die Gründung einer Besitz- sowie einer Betreibergesellschaft vor. Die Besitzgesellschaft solle die Anlage in G errichten und nach Fertigstellung an eine ebenfalls privatwirtschaftliche „Betriebsführungsgesellschaft” weitervermieten. Nach diesem Gutachten sollte die Besitzgesellschaft das Betriebsgrundstück bzw. ein Erbbaurecht erwerben, das betreffende Grundstück erschließen und die Anlage errichten, die erforderlichen behördlichen Genehmigungen beantragen, die Finanzierung sicherstellen und schließlich die Anlage an die Betreibergesellschaft vermieten.
Da der Kläger zum Zeitpunkt des Beginns der Arbeiten im Jahre 1994 wegen des notwendigen zeitlichen Vorlaufs noch nicht auf die erforderlichen Handelsgesellschaften zurückgreifen konnte, wurde die praktische und rechtliche Umsetzung des Gesamtvorhabens bis 1995 durch einen Eigenbetrieb des Klägers, den so genannten „VorgründungsBgA” durchgeführt. Nachdem dieser am 1. April 1995 sein Vermögen in die neu gegründete eigentliche Besitzgesellschaft „D” als Sacheinlage eingebracht hatte, übte der VorgründungsBgA keine eigenen Tätigkeiten mehr aus. Die Unternehmereigenschaft des VorgründungsBgA des Klägers wurde in einer am 25. Juli 2000 unter Federführung des Ministeriums der Finanzen des Saarlandes durchgeführten Unterredung endgültig anerkannt.
Daraufhin reichte der Kläger für den VorgründungsBgA berichtigte Umsatzsteuer-Erklärungen für den Vorgründungszeitraum 1994/1995 ein. Die dort zusätzlich erklärten Vorsteuerbeträge in Höhe von XX.XXX.XXX DM sowie die angefallenen Zinsen in Höhe von X.XXX.XXX DM wurden am 4. Dezember 2000 an den Kläger erstattet. Unter Hinweis auf die bis zur endgültigen Abwicklung bestehende Unternehmereigenschaft des VorgründungsBgA sowie die hinsichtlich der Umsatzsteuer-Erstattungszinsen bestehenden körperschaftsteuerlichen Auswirkungen forderte der Beklagte den Kläger im November 2004 ...