Entscheidungsstichwort (Thema)
Organschaft. Organkreis. Krankenhaus. Ambulante Behandlung. Organgesellschaft. Organträger. Umsatzsteuer 1985–1989
Leitsatz (amtlich)
Zum Betrieb eines Krankenhauses gehören auch ambulante Behandlungen. Werden die stationären und die ambulanten Krankenhausleistungen im räumlichen Zusammenhang von zwei Organgesellschaften eines Organträgers erbracht, so sind auch die ambulanten Leistungen nach § 14 Nr. 16 b UStG umsatzsteuerfrei.
Normenkette
UStG 1987 § 2 Abs. 2 Nr. 2, § 4 Nr. 16
Beteiligte
das Finanzamt Saarbrücken, Am Stadtgraben, vertreten durch den Vorsteher |
Nachgehend
Tenor
1. Unter Änderung der Bescheide vom 27. Juli 1995, alle in Form der Einspruchsentscheidung vom 29. Oktober 1998 wird dem Beklagten aufgegeben, die Umsatzsteuer 1985 bis 1989 unter Gewährung der Umsatzsteuerbefreiung nach § 4 Nr. 16 b UStG und unter entsprechender Vorsteuerkürzung neu zu berechnen und zwar für umsatzsteuerfreie Umsätze für
1985 i.H.v. |
12.233.456 DM |
1986 i.H.v. |
13.179.316 DM |
1987 i.H.v. |
13.950.295 DM |
1988 i.H.v. |
15.306.200 DM |
1989 i.H.v. |
11.828.801 DM |
2. Die Kosten des Verfahrens werden dem Beklagten auferlegt.
3. Das Urteil ist hinsichtlich der Kostenentscheidung vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung abwenden, sofern nicht die Klägerin zuvor Sicherheit leistet.
4. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Klägerin, eine Aktiengesellschaft, betreibt ein Unternehmen, dessen Gegenstand insbesondere die Verwaltung und Verwertung des J. in B. F. ist. In den Streitjahren war die Klägerin zu 100% an den folgenden Firmen beteiligt, an die sie ihren Grundbesitz verpachtet hatte (Bl. 20):
- • Klin-GmbH – Betrieb eines anerkannten und nach § 3 Nr. 20 Gewerbesteuergesetz – GewStG – steuerbefreiten Krankenhauses;
- • Kur-GmbH – Betrieb von Thermalwasserbädern zur ambulanten Durchführung von Heil-, Vorsorge- und Kurbehandlungen einer jeden Art;
- • T.-GmbH.
Die Klägerin ist umsatz- und gewerbesteuerlich Organträgerin ihrer Tochtergesellschaften. Das Klinikum und das Kurmittelhaus stellen eine bauliche Einheit dar, die durch eine gemeinsame Cafeteria verbunden wird. Die Einrichtungen des Kurmittelhauses werden von den Patienten des Klinikums, von ambulanten Patienten mit ärztlicher Verordnung und von sonstigen Besuchern gegen Eintrittsgeld genutzt (Bl. 21, 35 ff.).
Im Zuge einer Außenprüfung hat die Finanzverwaltung die Auffassung vertreten, dass die Leistungen der Kur-GmbH auch insofern der Umsatzsteuer zu unterwerfen seien, als sie der ambulanten Durchführung von Heil- u.ä. Behandlungen aufgrund ärztlicher Verordnung dienen (Bl. 21). Am 27. Juli 1995 erließ der Beklagte dementsprechend geänderte Umsatzsteuerbescheide für 1985 bis 1989. Dagegen legte die Klägerin am 8. August 1995 Einsprüche ein, die der Beklagte mit Entscheidung vom 29. Oktober 1998 als unbegründet zurückwies.
Am 30. November 1998 erhob die Klägerin Klage. Sie beantragt sinngemäß (Bl. 1f., 34, 67, 98f.),
unter Änderung der Bescheide vom 27. Juli 1995, alle in Form der Einspruchsentscheidung vom 29. Oktober 1998, die Umsatzsteuer 1985 bis 1989 unter Gewährung der Umsatzsteuerbefreiungen nach § 4 Nr. 16 b bzw. c UStG für die Umsätze des ambulanten Bereiches festzusetzen und zwar betreffend Umsätze für
1985 i.H.v. |
12.233.456 DM |
1986 i.H.v. |
13.179.316 DM |
1987 i.H.v. |
13.950.295 DM |
1988 i.H.v. |
15.306.200 DM |
1989 i.H.v. |
11.828.801 DM |
Bei Personen, die das J. als Vorsorge- und Rehabilitationseinrichtung nutzen würden, handele es sich um Umsätze, die „mit dem Betrieb eines Krankenhauses” und „anderen Einrichtungen ärztlicher Heilbehandlung” „eng verbunden” (§ 4 Nr. 16 UStG) seien. Dies entspreche auch Abschnitt 100 Abs. 2 UStR(Bl. 31).
•Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 16 b UStG (Bl. 30 ff., 65 f.)
Zwar seien die ambulanten Leistungen von der rechtlich selbständigen Kur-GmbH erbracht worden. Dennoch seien diese Umsätze wegen der vorliegenden umsatzsteuerlichen Organschaft mit denen der Klin-GmbH und damit denen eines Krankenhauses, eng verbunden, so dass die Voraussetzungen des § 4 Nr. 16 b UStG vorliegen würden (Bl. 31).
In diesem Zusammenhang spiele es keine Rolle, ob das Tätigwerden am Markt als Krankenhaus in rechtlich selbständigen Einheiten oder als rechtlich einheitliches Unternehmen organisiert werde. Vorliegend betätige sich der Organträger über seine wirtschaftlich unselbständigen Organe als Krankenhaus, so dass die Umsatzsteuerbefreiung greife. Es komme bei der umsatzsteuerlichen Beurteilung nicht auf die rechtliche Gestaltung der wirtschaftlichen Betätigung an, sondern auf die tatsächlichen Leistungen der Einrichtung.
Nicht maßgeblich sei, ob die Voraussetzungen eines Krankenhauses nur für einen Teil der Einrichtung vorliegen würden. Denn § 2 Krankenhausfinanzierungsgesetz, der auch für die steuerliche Beurteilung einschlägig sei (vgl. BFH BStBl. II 1989, 506), sei erfüllt. Wesentlich seien die stationären und teilstationären, nicht d...