Entscheidungsstichwort (Thema)
Keine Berücksichtigung einheitlicher Vermögensverwaltungsgebühren als Werbungskosten bei Einkünften aus Kapitalvermögen
Leitsatz (redaktionell)
- Wird im Rahmen einer umfassenden Vermögensverwaltung ein Aktienanteil von mehr als 50 % im Depot gehalten, und ist ein Ertragsvorrang, z. B. durch eine Beschränkung auf Dividendenpapiere nicht erkennbar, ist bei lebensnaher Betrachtung davon auszugehen, dass sich in einem so strukturierten Portfolio die Rendite im Wesentlichen aus den – ggf. steuerfreien – Wertsteigerungen und nicht aus den Erträgen speisen soll.
- Fehlt es bei einer derartigen Mischveranlassung der für die Vermögensverwaltung zu zahlenden einheitlichen Gebühr an einem sachgerechten Aufteilungsmaßstab, kann ein Werbungskostenabzug nicht in Betracht kommen, da der feststellungsbelastete Steuerpflichtige die anteilige Zuordnung zu einer steuerlich relevanten Einkunftsart bzw. der privaten Vermögensebene nicht plausibel nachweisen kann (gegen BFH-Urteil v. 8.7.2003 - VIII R 43/01).
- Der Begriff der Sicherung der Einnahmen i. S. des § 9 Abs. 1 Satz 1 EStG zielt auf den Vermögenserhalt und nicht auf eine Vermögens(wert)sicherung durch Wertsteigerung ab. Der steuerlichen Einkünfteermittlung liegt insoweit kein inflationsbereinigter Vermögensbegriff zu Grunde.
Normenkette
EStG § 9 Abs. 1, §§ 20, 23
Streitjahr(e)
2000
Nachgehend
Tatbestand
Streitig ist, ob und inwieweit eine einheitliche Vermögensverwaltungsgebühr als Werbungskosten bei den Einkünften aus Kapitalvermögen zu berücksichtigen ist.
Der Kläger zu 1. und die frühere Klägerin, die von den Klägern zu 2. bis 5. beerbt worden ist, waren verheiratet und wurden im Streitjahr zur Einkommensteuer zusammenveranlagt. Sie erzielten u. a. Einkünfte aus Kapitalvermögen sowie aus privaten Veräußerungsgeschäften. Im Streitjahr 2000 übertrug der Kläger und seine Ehefrau die Verwaltung ihres bei der A-Bank geführten Vermögens auf die Firma Finanz AG (im Folgenden: Finanz AG). Grundlage der Tätigkeit der Finanz AG waren Verträge über die „individuelle Vermögensverwaltung”, jeweils vom 1. März 2000 bzw. vom 7. September 2000. Es wurden insgesamt vier Verträge geschlossen. Neben den von dem Kläger und seiner Ehefrau geschlossenen Einzelverträgen, schlossen der Kläger und seine Ehefrau als GbR zwei weitere Vermögensverwaltungsverträge mit der Finanz AG. Als Gegenstand der Vermögensverwaltung waren unter der Ziffer 3 „Verwaltete Vermögenswerte” jeweils bei der A- Bank geführte Depots sowie Girokonten bezeichnet. Zu dem Umfang der Vermögensverwaltung heißt es in Ziffer 1 der Verträge:
„Der Mandant bevollmächtigt die Finanz AG, die Verwaltung der Vermögenswerte im Namen und auf Rechnung des Mandanten durchzuführen. Bei Einzeldispositionen sind keine weiteren Weisungen oder Zustimmungen des Mandanten erforderlich.
Die Finanz AG ist insbesondere befugt, in jeder Weise über die Vermögenswerte zu verfügen, Käufe und Verkäufe vorzunehmen, Wertpapiere umzutauschen oder zu konvertieren, Bezugsrechte auszuüben, zu verkaufen oder zu kaufen, Devisen anzuschaffen oder zu veräußern sowie alle übrigen Maßnahmen auszuführen, die bei der Verwaltung der Vermögenswerte zweckmäßig und sinnvoll erscheinen.
Die Finanz AG ist weiterhin berechtigt, Termin- und Optionsgeschäfte an in- und ausländischen Terminbörsen sowie Optionsscheingeschäfte, denen Wertpapiere, Devisen oder Indizes als Basiswert zu Grunde liegen, zu tätigen.”
Nach Ziffer 6 der Verträge erhält die Finanz AG eine Verwaltungsvergütung von 0,65 % zzgl. Mehrwertsteuer, insgesamt 0,754 % pro anno, bezogen auf den jeweiligen Vermögenswert am Ende eines Kalenderhalbjahres. Die Vergütung wird monatlich abschlagsweise erhoben. Entsprechend zu der halbjahresweisen Abrechnung der Verwaltungsvergütung war die Finanz AG verpflichtet, zum Ende eines jeden Kalenderhalbjahres einen Rechenschaftsbericht vorzulegen, in dem die Wertentwicklung der Vermögenswerte in der jeweiligen Periode, die jeweiligen Depot- und Kontenbestände, die Darstellung der aktuellen Strukturierung der Vermögenswerte sowie eine Übersicht über entsprechende Entwicklungen an den Kapitalmärkten mitgeteilt wurden.
Gemäß Ziffer 2 der Verträge waren von den Vertragsparteien unterzeichnete sog. "Anlagerichtlinien” Bestandteil der jeweiligen Verträge. In diesen Anlagerichtlinien wurden u. a. die Aufteilung bzw. die Schwankungsbreiten von Aktien- und Rentenanteilen festgelegt. Des Weiteren wurde fixiert, inwieweit andere Geschäfte in börsengehandelten Terminprodukten, Optionsscheinen und Devisentermingeschäften getätigt werden konnten. Im Einzelnen war für den Kläger ein Aktienanteil zwischen 30 % und 40 % und ein Rentenanteil zwischen 60 % und 70% vorgesehen. Der Anteil von Optionen bzw. Optionsscheinen wurde auf 10 % des gesamten Vermögenswertes begrenzt. Nach den von der Ehefrau des Klägers vereinbarten Anlagegrundsätzen sollte ihr Aktienan...