rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Tatsächliche Verständigung
Leitsatz (redaktionell)
- Wird in einer tatsächlichen Verständigung neben dem Zitat des § 160 AO mit der Vereinbarung der Nichtabziehbarkeit von Betriebsausgaben zugleich eine rechtliche Folge beschrieben, ist dies die mögliche und notwendige Konsequenz der insoweit als tatsächliche Vorfrage anzusehenden fehlenden Empfängerbenennung, die damit zum zulässigen Gegenstand der Verständigung gemacht wird.
- § 779 BGB ist auf eine tatsächliche Verständigung nicht anwendbar.
- Mit Verwendung der Formulierung „Auf die Fertigung einer Kontrollmitteilung” wird verzichtet” ist klargestellt, dass auf eine künftige Handlung verzichtet wird. Ein – die Anfechtbarkeit wegen Täuschung rechtfertigender – Erklärungsinhalt bezogen auf die Vergangenheit kann dieser Formulierung nicht entnommen werden.
- Ein dem Abschluss der tatsächlichen Verständigung zugrunde liegender Motivirrtum ist unbeachtlich.
Normenkette
AO § 160; BGB § 119 Abs. 2, §§ 123, 779
Streitjahr(e)
1999, 2000
Nachgehend
Tatbestand
Die Klägerin betreibt den Handel mit technischen Geräten und Ausrüstungsgegenständen. Im Rahmen einer steuerlichen Außenprüfung bei der Klägerin für die Jahre 1999 bis 2001 stellte der Beklagte unter anderem fest, dass die Klägerin sich mit Vertrag Nr. „1” vom 15.07.1999 gegenüber der „F-GmbH” verpflichtet hatte, Ausrüstungen u.a. für die Generalüberholung von Motoren sowie Metallbearbeitungsausrüstung zum Kaufpreis von DM 16.901.000 nach „N-Stadt (Russland)” zu liefern und zu installieren. Mit einem Vertrag Nr. „2” vom 25. November (ohne Jahreszahl) vereinbarte die Klägerin zudem mit dem russischen Staatsbürger „D”:
„1. Gegenstand des Vertrages
1.1 Die Firma „"C-GmbH"” verpflichtet sich, mit dem Herren „D” für die erbrachten Dienstleistungen in der Vorbereitung des Kontrakts Nr. „1”, der 15.07.1999 zwischen der Fa. „"C-GmbH"” (Deutschland) und der Fa. „"F-GmbH"” (Deutschland) über die Lieferung der Anlage für die Autoreparaturwerkstätten abgeschlossen wurde, die Rechnung zu begleichen.
1.2 Die Parteien haben bestimmt, dass Herr „D” während der 2 vorgehenden Jahre die Arbeiten in Marketing, in der Erarbeitung der technischen Aufgabe, der Durchführung der Wettbewerbe von Projekte und die Analyse des Angebotes Nr. „1”, der von der Firma „"C-GmbH"” eingebracht wurde, ausgeführt hat”.
Die Klägerin sollte nach Nr. 3.1 des Vertrages zu dort näher bestimmten Zeitpunkten Teilzahlungen in einer gesamten Summe von DM 2,35 Mio. erbringen. Die Prüferin stellte fest, dass in den Jahren 1999 und 2000 im Zusammenhang mit dem Vertrag Nr. „1” vom 05.07.1999 insgesamt 2,9 Mio. DM auf ein Konto bei der „E-Bank” in „X-Stadt” von der Klägerin überwiesen worden waren. Als Empfänger war Herr „D” bezeichnet worden.
Bereits im Veranlagungsverfahren hatte der Beklagte mit Schreiben vom 15.08.2001 u.a. gebeten, mitzuteilen, für welche Tätigkeiten Herr „D” Provisionen erhalten und ob er über Räumlichkeiten im Inland verfügt habe oder ihm solche von der Klägerin zur Verfügung gestellt worden waren. Mit Schreiben vom 07.11.2002 teilte das Bundesministerium der Finanzen mit, dass auf Grund eines Auskunftsersuchens an die russischen Steuerbehörden diese mit Schreiben vom 17.10.2002 mitgeteilt habe, dass ein Herr „D” als Steuerpflichtiger in „N-Stadt” nicht registriert sei.
Unter dem 09.06.2005 erstellte der Beklagte im Rahmen der steuerlichen Außenprüfung ein „Protokoll über eine Verhandlung zur Vereinfachung und Beschleunigung des Besteuerungsverfahrens (tatsächliche Verständigung)”. Ausweislich dieses Protokolls nahmen für die Klägerin ihre damalige Steuerberaterin sowie der jetzige Prozessvertreter (Steuerberater „K”) teil.
Unter B.) „Ergebnis der Verhandlungen” heißt es in dem Protokoll:
„1. Die Verhandlungsteilnehmer stimmen darüber überein, dass wegen erschwerter Sachverhaltsermittlung und hinsichtlich folgender strittiger Punkte die Voraussetzungen für eine tatsächliche Verständigung vorliegen:
Zahlungen in den Wirtschaftsjahren 1999 und 2000, die in Zusammenhang mit dem Vertrag Nr. „1” vom 15.07.1999 („N-Stadt”) stehen, von insgesamt 2,9 Mio. DM und auf das Konto Nr. „3”, BLZ „...”, „E-Bank” überwiesen wurden.
2. Zum Zwecke der Verfahrensbeschleunigung bzw. -vereinfachung und zur Herstellung des Rechtsfriedens wird deshalb verbindlich vereinbart, hinsichtlich der o.a. strittigen Punkte bei der Besteuerung folgenden Sachverhalt zu Grunde zu legen:
In Höhe von 1,8 Mio. DM erhöhen die Zahlungen gem. § 4 Abs. 5 EStG i.V.m. § 8 Abs. 1 KStG i.V.m. § 160 AO das zu versteuernde Einkommen in den Veranlagungszeiträumen 1999 und 2000 je zur Hälfte. Auf die Fertigung einer Kontrollmitteilung wird verzichtet”.
Das Protokoll wurde unterzeichnet von der damaligen Steuerberaterin der Klägerin, dem Sachgebietsleiter der veranlagenden Betriebsprüfung und der Prüferin. In der Betriebsprüferhandakte wurde vermerkt, dass der jetzige Prozessvertreter in der Verhandlung vom...