Entscheidungsstichwort (Thema)
Kein ermäßigter Steuersatz für Ablösung laufender Rentenleistungen durch einen Einmalbetrag als Entschädigung
Leitsatz (redaktionell)
Die anlässlich der Anteilsveräußerung vereinbarte Barabfindung der laufenden Versorgungsleistungen aus der Pensionszusage an den bisherigen Gesellschafter-Geschäftsführer einer GmbH beruht dann nicht auf einer für die Tarifbegünstigung der Zahlung zu fordernden neuen Rechts- oder Billigkeitsgrundlage, wenn die Kapitalgesellschaft dabei von dem bereits in der Pensionszusage enthaltenen Kapitalisierungswahlrecht Gebrauch machen kann.
Normenkette
EStG § 24 Nr. 1a, § 34 Abs. 1, 2 Nr. 2
Streitjahr(e)
1995
Nachgehend
Tatbestand
Streitig ist, ob die Ablösung laufender Rentenleistungen durch einen Einmalbetrag als Entschädigung dem ermäßigten Steuersatz unterliegt.
Der Kläger war alleiniger Gesellschafter und Geschäftsführer der A -GmbH (GmbH). Mit notariell beurkundetem Vertrag vom 07.08.1995 hat der Kläger sämtliche Anteile an der GmbH zum Preis von 500.000 DM an die B-KG verkauft. Nach Ziffer 6 des Vertrags steht der Verkäufer persönlich dafür ein, dass am Übertragungsstichtag (02.01.1996) keinerlei Pensionsverpflichtung der Gesellschaft ihm gegenüber mehr bestehen oder in Zukunft entstehen können.
Im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses bezog der am ......1929 geborene Kläger von der GmbH eine monatliche Rente in Höhe von 7.500 DM. Die Rentenzahlung beruhte auf einer dem Kläger von der GmbH am 24.10.1969 erteilten Versorgungszusage, wonach ihm u. a. mit Vollendung seines 65. Lebensjahres, also ab ......1994 eine Altersrente zugesagt wurde. Nach Abschnitt IX der Versorgungszusage ist die GmbH berechtigt, die Rentenleistungen ganz oder teilweise durch eine Kapitalzahlung abzulösen. Für den weiteren Inhalt der Versorgungszusage wird auf den Vertrag vom 24.10.1969 nebst Nachtrag vom 02.11.1977 verwiesen.
Unter dem Datum vom 10.11.1995 vereinbarten der Kläger und die GmbH hinsichtlich der Altersversorgung folgendes:
„1. Die Versorgungszusage wird mit Wirkung vom 10. Dezember 1995, 24.00 Uhr, aufgehoben. Herr A verzichtet gegenüber der diesen Verzicht annehmenden Gesellschaft hiermit auf seine sämtlichen Ansprüche und Rechte aus dieser Versorgungszusage.
2. Als Gegenleistung für die Einwilligung von Herrn A in die Aufhebung der Versorgungszusage und seinen Verzicht auf seine sämtlichen Ansprüche und Rechte hieraus zahlt die Gesellschaft ihm am 10. Dezember 1995 einen Betrag in Höhe von 900.000 DM (in Worten: neunhunderttausend Deutsche Mark).”
In der Vereinbarung vom 10.11.1995 ist festgehalten, dass der Rückstellungsbetrag für die Verpflichtung aus der Versorgungszusage in der Bilanz der GmbH sich per 31.12.1995 auf 937.008 DM beläuft. Des Weiteren ist in der Vereinbarung ausgeführt, dass der Kläger sich aus gesundheitlichen und altersbedingten Gründen veranlasst gesehen habe, seine Beteiligung an der GmbH mit Wirkung zum 01.01.1996 zu veräußern und Bemühungen, einen Geschäftsführer zu finden, erfolglos geblieben seien. Da der Erwerber der GmbH-Anteile zu deren Kauf nur unter der Bedingung bereit gewesen sei, dass der Gesellschaft ab dem 02.01.1996 keine Verpflichtungen gegenüber dem Kläger aus der Versorgungszusage mehr oblägen, sehe sich der Kläger zum Verzicht auf seine Ansprüche aus der Versorgungszusage veranlasst. Für weitere Einzelheiten der Vereinbarung wird auf den Vertrag vom 10.11.1995 verwiesen.
In der Einkommensteuererklärung für 1995 gab der Kläger an, eine Entschädigung in Höhe von 900.000 DM erhalten zu haben, die ermäßigt zu besteuern sei. Demgegenüber behandelte der Beklagte (das Finanzamt - FA -) die Zahlung von 900.000 DM im Einkommensteuerbescheid vom 21.03.1997 als laufenden Arbeitslohn, nachdem er dem Kläger mitgeteilt hatte, bei der Zahlung in Höhe von 900.000 DM handele es sich nicht um eine mit dem halben Steuersatz zu versteuernde Entschädigung im Sinne des § 24 Nr. 1 i. V. m. § 34 Einkommensteuergesetz (EStG), denn der Kläger habe seine Geschäftsanteile an der GmbH aus eigenem Antrieb veräußert. Der Begriff der Entschädigung setze indes voraus, dass der Steuerpflichtige, der selbst an der Herbeiführung des Einnahmeausfalls mitgewirkt habe, unter rechtlichem, wirtschaftlichem oder tatsächlichem Druck gehandelt habe.
Der Einspruch des Klägers gegen den Einkommensteuerbescheid vom 21.03.1997 blieb erfolglos. Das FA verblieb bei der von ihm vertretenen Auffassung, dass die Zahlung von 900.000 DM keine Entschädigung darstelle. Zwar hätten die Vertragsparteien den bisherigen Anspruch des Klägers aus der ihm erteilten Pensionszusage in einen Anspruch auf Kapitalabfindung umgewandelt und damit auf eine neue Rechtsgrundlage gestellt. Eine Entschädigung liege jedoch deshalb nicht vor, weil der Kläger bei dem Verzicht auf seine Pensionsansprüche unter keinem erheblichen Druck rechtlich...