Entscheidungsstichwort (Thema)
Postaufgabe am letzten Tag der Einspruchsfrist – Fristwahrung durch Einwurf in den Briefkasten des Finanzamtes
Leitsatz (redaktionell)
Eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Einspruchsfrist kommt nicht in Betracht, wenn ein am letzten Tag der Einspruchsfrist zur Post gegebenes Einspruchsschreiben voraussehbar erst nach Fristablauf bei dem Finanzamt eingehen wird und der Stpfl. es versäumt, die Frist durch Briefeinwurf in den Briefkasten des Finanzamtes zu wahren.
Normenkette
AO § 110 Abs. 1 S. 1, § 355
Streitjahr(e)
2003
Nachgehend
Tatbestand
Aufgrund der am 26. Oktober 2004 eingereichten Einkommensteuererklärung erließ der Beklagte den Einkommensteuerbescheid 2003 vom 17.01.2005. In den Erläuterungen zum Bescheid heißt es wie folgt: Da Sie meiner Aufforderung zur Abgabe der Gewinnermittlung und Umsatzsteuererklärung 2003 nicht nachgekommen sind, wurden die Besteuerungsgrundlagen aus der gewerblichen Tätigkeit „Autopflegeservice” nach § 162 AO geschätzt. Der Bescheid wurde maschinell vom Rechenzentrum versandt.
Laut Posteingangsstempel ging am 22. Februar 2005 das Einspruchsschreiben der Kläger vom 11.02.2005 beim Beklagten ein. Auf den schriftlichen Hinweis des Beklagten über die Verspätung des Einspruchs beantragten die Kläger vorsorglich Wiedereinsetzung in den vorigen Stand und trugen u.a. vor: Das Buchhaltungsbüro „A”, vertreten durch Frau „B”, habe das Einspruchsschreiben vom 11.02.2005 samt fehlenden Unterlagen zum Gewerbebetrieb am gleichen Tage zur Post gegeben. Wegen des weiteren Vorbringens wird auf das Schreiben der Bevollmächtigten vom 21. März 2005 Bezug genommen. Zur Glaubhaftmachung wurden ein Auszug aus dem Postausgangsbuch in Kopie sowie eidesstattliche Versicherungen beider Kläger und von Frau „B” eingereicht, auf die ebenfalls Bezug genommen wird.
Mit Einspruchsentscheidung vom 26.01.2006 verwarf der Beklagte den Einspruch als unzulässig. Mit ihrer Klage tragen die Kläger vor:
Wann der Einkommensteuerbescheid 2003 vom 17.01.2005 vom Beklagten tatsächlich zur Post gegeben worden sei, sei ihnen naturgemäß unbekannt. Jedenfalls hätten sie, die Kläger, den Bescheid nicht vor dem 22.01.2005 in Händen gehalten. Die Einspruchseinlegung mit Schreiben vom 11.02.2005 samt Beifügung der Gewinnermittlung könne Frau „B” als Zeugin bestätigen. Am 21.02.2005 habe sich Frau „B” zudem mit dem Finanzamt telefonisch in Verbindung gesetzt und dabei erfahren, dass ein Einspruch nicht eingegangen se Sie habe noch am selben Tage die Unterlagen neu zusammen gestellt, die Kläger ins Büro einbestellt und – da eine Übermittlung an den Beklagten per Telefax fehlgeschlagen sei – den Klägern geraten, das Einspruchsschreiben samt Gewinnermittlung persönlich in den Hausbriefkasten des Beklagten einzuwerfen. Dies hätten sie, beide Kläger, am 21.02.2005 gegen 16.00 Uhr auch getan. Zudem habe Frau „B” nochmals am 21.02.2005 das Einspruchsschreiben nebst Anlagen per Einschreiben/ Rückschein an den Beklagten zur Post gegeben. Es sei somit alles unternommen worden, um rechtzeitig Einspruch einzulegen.
Die Kläger beantragen, Aufhebung der Einspruchsentscheidung vom 26.01.2006.
Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.
Zur Begründung seines Antrags verweist der Beklagte im Wesentlichen auf seine Einspruchsentscheidung.
Zur mündlichen Verhandlung ist Frau „B” als Zeugin gehört worden. Wegen des Inhalts ihrer Aussage wird auf das Sitzungsprotokoll verwiesen.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist unbegründet.
Zu Recht hat der Beklagte den Einspruch wegen Versäumung der einmonatigen Einspruchsfrist als unzulässig verworfen und eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gemäß § 110 Abs. 1 Satz 1 AO nicht gewährt. Der angefochtene Bescheid ist bestandskräftig.
Der Einspruch vom 11.02.2005 ging laut Posteingangsstempel des Beklagten am 22.02.2005 beim Finanzamt ein und ist damit nicht innerhalb der Rechtsbehelfsfrist von einem Monat nach Bekanntgabe des Einkommensteuerbescheides (§ 355 AO) eingelegt worden. Nach § 122 Abs. 2 Nr. 1 AO gilt ein schriftlicher Verwaltungsakt, der durch die Post übermittelt wird, am dritten Tage nach Aufgabe zur Post als bekannt gegeben. Nach dem gerichtsbekannten Verfahren beim Rechenzentrum entspricht das maschinelle Bescheidsdatum dem Postaufgabetag, so dass der Einkommensteuerbescheid 2003 vom 17.01.2005 am 20.01.2005 als bekannt gegeben gilt. Die einmonatige Rechtsbehelfsfrist ist somit – da der 20.02.2005 ein Sonntag war – nach §§ 108 AO, 187 Abs. 1, 188 Abs. 2, 193 BGB am Montag, dem 21.02.2005 abgelaufen. Der erst am Folgetag – Dienstag dem 22.02.2005 – eingegangene Einspruch ist folglich verspätet.
Soweit die Kläger lediglich behaupten, den Einkommensteuerbescheid 2003 nicht vor dem 22.01.2005 in Händen gehalten zu haben, ist dieser Vortrag unsubstantiiert. Zwar hat im Zweifel die Behörde den Zugang des Bescheides zu beweisen. Dies führt nach zutreffender, höchstrichterlicher Rechtsprechung je...