Nachweis der Bekanntgabe bei Rechtsnachfolge

Das FG Münster hat entschieden, dass bei Bestreiten des Zugangs eines Steuerbescheids an den Rechtsvorgänger durch den Rechtsnachfolger keine übermäßig hohen Anforderungen an die darzulegenden Zweifel zu stellen sind.

Vor dem FG Münster klagte eine Stiftung und Gesamtrechtsnachfolgerin der 1929 geborenen und im Februar 2020 verstorbenen Steuerpflichtigen. Das Finanzamt erließ einen Einkommensteuerbescheid für 2016, der am 23. Oktober 2017 verschickt wurde und der Erstattungsbetrag von 178,62 EUR wurde der Steuerpflichtigen überwiesen. Nach ihrem Tod fanden Mitarbeiter der Testamentsvollstreckerin alle Unterlagen, einschließlich Steuerunterlagen, geordnet vor, jedoch nicht den Bescheid für 2016. Stattdessen lag eine Berechnung des Steuerberaters vor, die eine Erstattung von 281,67 EUR für 2016 erwartete.

Bekanntgabe des Bescheids

Auf Nachfrage des Prozessbevollmächtigten der Klägerin schickte das Finanzamt eine Abschrift des Bescheids. Die Klägerin legte Einspruch ein, da sie steuermindernde Kosten von 200.000 EUR geltend machte und behauptete, der Bescheid sei nicht bekannt gegeben worden. Das Finanzamt wies den Einspruch als unzulässig ab, da gesetzlich von der Bekanntgabe auszugehen sei.

Zugangsfiktion erfolgreich erschüttert

Die Klage war erfolgreich. Das FG Münster entschied, dass der Bescheid nicht als bekannt gegeben gelte. Die Behörde muss den Zugang eines Verwaltungsakts vollständig beweisen, wobei Zweifel am Zugang ausreichen können, wenn ein Rechtsnachfolger diesen bestreitet. Die Zweifel lagen im Streitfall vor, sodass die Zugangsfiktion erschüttert wurde. Beim BFH ist die Revision unter dem Az. VI R 16/24 anhängig.

FG Münster, Urteil v. 19.4.2024, 4 K 870/21 E, veröffentlicht mit dem Juni-Newsletter des FG Münster

Schlagworte zum Thema:  Steuerbescheid, Todesfall