Entscheidungsstichwort (Thema)

Energiesteuerentlastung für Unternehmen des Produzierenden Gewerbes

 

Leitsatz (redaktionell)

  1. Nutzt ein textilverarbeitendes Unternehmen die durch das Verbrennen von Erdgas erzeugte offene Flamme zum Absengen von Textilfasern, kann es nach § 51 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. d EnergieStG die vollständige Vergütung der entstandenen Energiesteuer beanspruchen.
  2. Ein anderer Zweck als die Verwendung als Heizstoff i.S. des § 51 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. d EnergieStG kann auch die Verwendung eines Energieerzeugnisses zur Umwandlung oder Vernichtung eines Stoffes sein, auf den die thermische Energie bei einem industriellen Prozess übertragen wird.
  3. Das Erfordernis, Bestandteile des Energieerzeugnisses müssten teilweise in das Produkt eingehen, lässt sich weder § 51 EnergieStG noch Art. 2 Abs. 4 Buchst. b Anstrich 2 der Richtlinie 2003/96/EG entnehmen.
 

Normenkette

MinöStG § 25 Abs. 1 S. 1 Nr. 4; EnergieStG § 2 Abs. 6, § 51 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. d, § 54 Abs. 1-2; RL 2003/96/EG Art. 2 Abs. 4 Buchst. b Anstrich 2

 

Streitjahr(e)

2006

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 28.10.2008; Aktenzeichen VII R 6/08)

 

Tatbestand

Die Klägerin ist ein textilverarbeitendes Unternehmen. In ihrem Betrieb in A kommt unter anderem das Verfahren des Absengens von Textilfasern zum Einsatz. Dabei werden Gewebebahnen an einer Flamme vorbeigeführt, wodurch überstehende Textilfasern abgesengt werden. Der Verarbeitungsvorgang verleiht den Gewebebahnen eine besonders glatte und feine Erscheinungsform, so dass sie eleganter und griffiger wirken. Zur Erzeugung der Flamme zum Absengen der Textilfasern verwendete die Klägerin in den Monaten Juli bis September 2006 insgesamt 86,665 MWh versteuertes Erdgas, wovon 15,005 MWh auf den Monat Juli 2006 und insgesamt 71,66 MWh auf die Monate August und September 2006 entfielen.

Die Klägerin beantragte beim beklagten Hauptzollamt mit einer Anmeldung vom 19. Oktober 2006, ihr für den Monat Juli 2006 die Steuer nach § 25 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 des Mineralölsteuergesetzes (MinöStG) und für die Monate August sowie September 2006 nach § 51 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. d des Energiesteuergesetzes (EnergieStG) zu vergüten, die in dem Erdgas enthalten war, das zum Absengen der Textilfasern verwendet worden war.

Das beklagte Hauptzollamt setzte mit Bescheid vom 22. Februar 2007 für den Monat Juli 2006 gemäß § 25 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 MinöStG eine Vergütung von 82,53 EUR Mineralölsteuer fest. Für die Monate August und September 2006 setzte es nach § 54 Abs. 1 und 2 Nr. 2 EnergieStG eine Vergütung von lediglich 104,91 EUR Energiesteuer fest. Die von der Klägerin beantragte Vergütung der Energiesteuer nach § 51 Abs. 1 Buchst. d EnergieStG lehnte es ab, weil das Verbrennen des Erdgases zum Absengen von Textilfasern seit dem Inkrafttreten des EnergieStG am 1. August 2006 als steuerpflichtiges Verheizen anzusehen sei.

Mit ihrem hiergegen eingelegten Einspruch machte die Klägerin geltend: Das Erdgas werde bei dem Absengen der Textilfasern zwar verheizt. Sie habe dennoch gemäß § 51 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. d EnergieStG einen Vergütungsanspruch, weil mit dem Verheizen des Erdgases gleichzeitig der Zweck verfolgt werde, die überstehenden Textilfasern zu vernichten. Dies sei nur durch den unmittelbaren Kontakt der Flamme mit dem zu vernichtenden Stoff möglich. Der Gesetzgeber habe mit der Einführung des EnergieStG keine Schlechterstellung einzelner Branchen oder Prozesse beabsichtigt, sondern eine Steuerentlastung für solche Verwendungen von Energieerzeugnissen vorgesehen, die nach der Rechtsprechung zum Begriff des „Verheizens” und dem dazu ergangenen Anwendungserlass im Ergebnis steuerfrei gewesen seien.

Das beklagte Hauptzollamt wies den Einspruch mit Entscheidung vom 14. Juni 2007 zurück und führte aus: Die Verwendung von Erdgas zum Absengen von Textilfasern sei bis zum Inkrafttreten des EnergieStG nicht als „Verheizen” angesehen worden. Die Mineralölsteuer habe deshalb nach § 25 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 MinöStG vergütet werden können. Die Energiesteuer könne jedoch nicht nach § 51 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. d EnergieStG vergütet werden, weil die durch das Verheizen erzeugte Wärmeenergie in Form heißer Luft ausgenutzt werde. Die bloße Ausnutzung der durch das Verheizen erzeugten Wärmeenergie stelle keinen weiteren Verwendungszweck dar. Unter § 51 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. d EnergieStG fielen nur Prozesse, bei denen Bestandteile des eingesetzten Energieerzeugnisses teilweise in das Produkt eingingen. Nicht erfasst würden Fälle, die vor dem Inkrafttreten des EnergieStG nur auf Grund des Kontakts der Flamme mit dem zu bearbeitenden Stoff begünstigt gewesen seien. Aus der Bundestags-Drucksache 16/1172, S. 44 ergebe sich nicht, dass alle Verwendungen, die nach der Dienstanweisung des Bundesministeriums der Finanzen (BMF) in der Vorschriftensammlung der Bundesfinanzverwaltung (VSF) V 03 50 Abs. 4 begünstigt gewesen seien, auch nach § 51 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. d EnergieStG begünstigt seien.

Die Klägerin trägt mit ihrer Klage vor: Sie habe nach § 51 Abs. 1 Nr. 1 Buchst....

Dieser Inhalt ist unter anderem im Steuer Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge