Entscheidungsstichwort (Thema)
Lohnveredelung von Textilien in Mazedonien ohne Zollpräferenz
Leitsatz (redaktionell)
- Voraussetzung für die teilweise Befreiung von den Einfuhrabgaben nach Art. 150 Abs. 2 ZK (hier: bei der Lohnveredelung von Textilien in Mazedonien ohne Zollpräferenz) ist, dass die Vorerzeugnisse in das Verfahren der passiven Veredelung übergeführt worden sind.
- Die bloße Bewilligung des passiven Veredelungsverkehrs reicht jedenfalls dann nicht aus, wenn seit der Abgabe der entsprechenden Zollanmeldungen zur Überführung in den zollrechtlich freien Verkehr weit mehr als ein Jahr verstrichen ist.
- Die teilweise Befreiung von den Einfuhrabgaben nach Art. 150 Abs. 2 ZK kann nicht nur nach der Differenzmethode des Art. 151 ZK, sondern auch nach der Mehrwertmethode des Art. 153 Unterabs. 2 ZK i.V.m. Art. 591 ZKDVO berechnet werden.
Normenkette
ZK Art. 150 Abs. 2, Art. 151, 153 Unterabs. 2, Art. 220 Abs. 1 S. 1, Art. 221 Abs. 1; ZKDVO Art. 508 Abs. 1, 3, Art. 591; EGAbkMazedonien Art. 17 Abs. 1; EGAbkMazedonien Protokoll Nr. 4 Art. 2 Abs. 2 Buchst. a, Art. 6 Abs. 1, Art. 16 Abs. 1 Buchst. a
Streitjahr(e)
2008
Nachgehend
Tatbestand
Die Klägerin befasst sich mit der Herstellung und dem Vertrieb von Bekleidung. Ihr wurde mit Verfügung vom 9. August 2000 ein passiver Veredelungsverkehr bewilligt.
Die Klägerin ließ im Jahr 2005 Bekleidung von verschiedenen Unternehmen in Mazedonien herstellen. Sie meldete in dem Zeitraum vom Juni bis zum November 2005 in insgesamt 37 Fällen die Überführung der Textilwaren, die im Rahmen einer wirtschaftlichen Lohnveredelung in Mazedonien hergestellt worden waren, zur Überführung in den zollrechtlich freien Verkehr an (Anlagen 7 und 8 zum Prüfungsbericht vom 3. Januar 2008). Im Hinblick auf die von der Klägerin für die Textilwaren vorgelegten Warenverkehrsbescheinigungen EUR.1 sah die Zollstelle von der Erhebung von Zoll ab. Für die Herstellung der Textilwaren hatten die Unternehmen in Mazedonien Oberstoffe aus der Türkei verwendet. Im Februar 2006 setzte die Klägerin das Hauptzollamt A bezüglich fünf Einfuhranmeldungen (Anlage 8 des Prüfungsberichts) davon in Kenntnis, dass wegen der Verwendung der Oberstoffe türkischen Ursprungs die Zollpräferenz für die Textilwaren zu Unrecht in Anspruch genommen worden sei. Das Hauptzollamt A erhob deshalb von der Klägerin mit Bescheid vom 8. Februar 2006 Zoll nach. Dabei ermittelte es den Zoll in Anwendung des Art. 150 Abs. 2 der Verordnung (EWG) Nr. 2913/92 (Zollkodex – ZK –) des Rates vom 12. Oktober 1992 zur Festlegung des Zollkodex der Gemeinschaften (ABl EG Nr. L 302/1) nach der Mehrwertmethode des Art. 153 Unterabs. 2 ZK.
Die Klägerin meldete in dem Zeitraum vom September bis zum Oktober 2005 in insgesamt 13 Fällen (Anlagen 9 und 10 zum Prüfungsbericht vom 3. Januar 2008) die Überführung von in Mazedonien hergestellten Textilwaren in den zollrechtlich freien Verkehr an. Die Zollstelle sah im Hinblick auf die von der Klägerin in insgesamt 10 Fällen vorgelegten Warenverkehrsbescheinigungen EUR.1 von der Erhebung von Zoll ab. Die Klägerin hatte die für die Herstellung der Textilwaren in Mazedonien verwendeten Vormaterialien, die aus dem Zollgebiet der Gemeinschaft stammten, in sämtlichen 13 Fällen in die passive Veredelung übergeführt und Veredelungsscheine ausgefüllt. Das Verfahren der passiven Veredelung wurde nicht beendet, weil die Klägerin einen unzutreffenden Verfahrenscode angegeben und die Veredelungsscheine nicht vorgelegt hatte. Im Februar 2006 setzte die Klägerin das Hauptzollamt A bezüglich sieben Einfuhranmeldungen (Anlage 10 zum Prüfungsbericht) davon in Kenntnis, dass wegen der Verwendung der Oberstoffe türkischen Ursprungs die Zollpräferenz für die Textilwaren zu Unrecht in Anspruch genommen worden sei. Das Hauptzollamt A erhob deshalb von der Klägerin mit Bescheid vom 8. Februar 2006 Zoll nach. Dabei ermittelte es den Zoll in Anwendung des Art. 150 Abs. 2 ZK nach der Mehrwertmethode des Art. 153 Unterabs. 2 ZK.
Ein Prüfer des beklagten Hauptzollamts begann am 23. Oktober 2006 bei der Klägerin mit einer Außenprüfung. Die Klägerin beantragte mit Schreiben vom 7. Dezember 2007 hinsichtlich der vorgenannten Einfuhren die Anwendung des Art. 150 Abs. 2 ZK. Der Prüfer vertrat in seinem Bericht vom 3. Januar 2008 die Auffassung, dass für die Fälle der Anlagen 7 und 8 zu seinem Bericht Zoll von insgesamt 62.292,75 EUR nachzuerheben sei. Eine Anwendung des Art. 150 Abs. 2 ZK komme insoweit nicht in Betracht, weil die Klägerin grob fahrlässig gehandelt habe (Randnr. 3.7.3.1). In den Fällen der Anlagen 9 und 10 sei Art. 150 Abs. 2 ZK zwar anwendbar, die Berechnung der teilweisen Befreiung von den Einfuhrabgaben könne jedoch nur nach der Differenzmethode des Art. 151 ZK vorgenommen werden. Daher sei insoweit unter Berücksichtigung des Bescheids des Hauptzollamts A vom 8. Februar 2006 Zoll von 3.844,80 EUR nachzuerheben (Randnr. 3.7.3.2 und 3.7.3.3).
Das beklagte Hauptzollamt fo...