Entscheidungsstichwort (Thema)
Wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb eines Berufsverbandes - Ausgabe von Presseausweisen gegen Entgelt an Nichtmitglieder
Leitsatz (redaktionell)
- Das Ausstellen von Presseausweisen an Nichtmitglieder gegen Entgelt durch einen körperschaftsteuerbefreiten Berufsverband von Zeitungsverlegern ist ein steuerpflichtiger wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb.
- Für den Begriff der Tätigkeit im Sinne von § 14 Satz 1 AO kommt es nicht auf ihre Wettbewerbsrelevanz an.
- Das Merkmal der Selbständigkeit der Tätigkeit erfordert keine organisatorische Verselbständigung oder Eigenständigkeit; ein wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb kann daher bereits durch den temporären Einsatz des allgemeinen Personals der Körperschaft für wirtschaftliche Tätigkeiten begründet werden.
Normenkette
KStG § 5 Abs. 1 Nr. 5 S. 2 Buchst. a; AO § 14
Nachgehend
Tatbestand
Die Beteiligten streiten darüber, ob die Ausgabe von Presseausweisen gegen Entgelt an Nichtmitglieder einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb (§ 14 Abgabenordnung - AO -) eines Berufsverbandes begründet.
Die Klägerin ist ein Zusammenschluss von Zeitungsverlegern „...” und - unstreitig - nach § 5 Abs. 1 Nr. 5 Körperschaftsteuergesetz (KStG) körperschaftsteuerbefreit. Gestützt auf den Runderlass des Innenministeriums vom 25.11.1993 (Ministerialblatt NRW Nr. 76 vom 23.12.1993, 1854) gibt sie an Verbandsmitglieder ohne weiteres, aber auch an Nichtmitglieder nach besonderer Prüfung Presseausweise aus. Der Beklagte sieht in der Ausgabe von Presseausweisen gegen eine Gebühr von „...” Euro an Nichtmitglieder einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb (§ 14 AO) der Klägerin, der zur partiellen Steuerpflicht nach § 5 Abs. 1 Nr. 5 Satz 2 Buchst. a KStG führe. Dementsprechend erließ der Beklagte am 4.9.2008 für die Streitjahre 2004 bis 2006 Körperschaftsteuerbescheide. Die hiergegen gerichteten Einsprüche vom 23.9.2008 wies der Beklagte durch Einspruchsentscheidung vom 16.12.2009 als unbegründet zurück. Hiergegen richtet sich die Klage vom 20.1.2010.
Die Klägerin ist weiterhin der Ansicht, dass die Ausgabe an Nichtmitglieder zwar ein umsatzsteuerpflichtiger Vorgang, aber keine selbständige Tätigkeit im Sinne des § 14 AO sei, mit der sie im Wettbewerb zu anderen steuerpflichtigen Organisationen stehe. Unter Berufung auf verwaltungsgerichtliche Rechtsprechung zu Unterlassungsrechtstreiten bzgl. der Ausgabe von Presseausweisen sieht sie keine Konkurrenzlage mit regelbesteuerten Unternehmen in diesem Tätigkeitsfeld. Insoweit übe sie bereits keine „Tätigkeit” im Sinne von § 14 AO aus. Darunter fallen nach ihrer Ansicht nur Tätigkeiten, die unter Teilnahme am Markt auf die Erzielung von Einnahmen gerichtet seien. Jedenfalls fehle es bei der Ausgabe an Nichtmitglieder an der Selbständigkeit der Tätigkeit, weil eine nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofes (BFH) von der sonstigen Tätigkeit der Körperschaft wirtschaftlich abgrenzbare Tätigkeit von ihr nicht ausgeübt werde. Vielmehr sei die Ausstellung von Presseausweisen für Mitglieder wie für Nichtmitglieder eine einheitliche Tätigkeit. Insbesondere setze sie für die Ausstellung von Presseausweisen an Nichtmitglieder kein besonderes Personal ein.
Die Klägerin beantragt,
die Körperschaftsteuerbescheide für die Jahre 2004 bis 2006 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 16.12.2009 aufzuheben und hilfsweise die Revision zuzulassen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen und hilfsweise die Revision zuzulassen.
Aus seiner Sicht ist die Ausgabe von Presseausweisen an Nichtmitglieder keine Tätigkeit zur Förderung des Satzungszweckes „...”. Da die Ausgabe von Presseausweisen nicht auf steuerbegünstigte Organisationen beschränkt sei, werde die Klägerin wirtschaftlich tätig. Die Selbständigkeit dieser Tätigkeit setze nicht den Einsatz von besonderem Personal für diesen Bereich voraus.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist unbegründet.
1. Die Klägerin ist als Berufsverband insoweit körperschaftsteuerpflichtig, als sie einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb unterhält (§ 5 Abs. 1 Nr. 5 Satz 2 a KStG). Das Ausstellen von Presseausweisen an Nichtmitglieder gegen Entgelt ist ein wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb. Den Begriff des wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs bestimmt allgemein § 14 AO. Die Auslegung dieser Vorschrift für steuerbegünstigte (gemeinnützige) Körperschaften ist auf die partielle Steuerpflicht von Berufsverbänden nach § 5 Abs. 1 Nr. 5 Satz 2 KStG insgesamt übertragbar (Kuhner, Die Steuerbefreiung der Berufsverbände, 2008, 263; Alvermann, Finanzrundschau - FR - 2006, 262, 271; Eggers, Deutsches Steuerrecht - DStR - 2007, 461, 463).
Ein wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb ist eine selbständige nachhaltige Tätigkeit, durch die Einnahmen oder andere wirtschaftliche Vorteile erzielt werden und die über den Rahmen einer Vermögensverwaltung hinausgehen (§ 14 Satz 1 AO). Die Klägerin ist in den Streitjahren durch die wiederholte Ausstellung von Presseausweisen an Nichtmitglieder gegen...