Entscheidungsstichwort (Thema)
Werbungskostenabzug bei Zwischenschaltung einer die Zahlungen unmittelbar entgegennehmenden natürlichen oder juristischen Person
Leitsatz (redaktionell)
- Für die Zumutbarkeit eines Benennungsverlangens i.S.d. § 160 AO ist entscheidend, inwieweit von dem Steuerpflichtigen zum Zeitpunkt der Zahlung erwartet werden konnte, sich nach den Gepflogenheiten eines ordnungsmäßigen Geschäftsverkehrs der Identität seines jeweiligen Geschäftspartners zu vergewissern, um so in der Lage zu sein, ihn als Empfänger von Zahlungen zutreffend zu bezeichnen.
- Grundsätzlich darf ein Steuerpflichtiger auf behördliche Unbedenklichkeitsbescheinigungen vertrauen, wenn nicht zusätzliche Umstände hinzutreten, aufgrund derer der Steuerpflichtige gehalten ist, weitere Erkundigungen vorzunehmen. Im Bereich der Bauwirtschaft ist hierfür grundsätzlich ein vergleichsweise strenger Maßstab anzuwenden.
- Ausnahmsweise kann allerdings gerade umgekehrt die Vorlage von Unbedenklichkeitsbescheinigungen ein Indiz dafür sein, dass ein mit den Usancen der Schattenwirtschaft im Baugewerbe vertrauter Auftraggeber an der Redlichkeit des Geschäftspartners zweifeln musste.
- Es entspricht nicht ordentlichem Geschäftsgebaren, einen Auftrag mit einem Gesamtvolumen von über 80.000 DM (hier: Instandhaltungsarbeiten in vermieteten Gewerbehallen) ohne Kostenvoranschläge und ohne Abschluss eines schriftlichen Werkvertrags an eine erst vor kurzer Zeit gegründete und bis dahin nicht bekannte GmbH zu vergeben.
Normenkette
AO § 160
Streitjahr(e)
2000
Nachgehend
Tatbestand
Streitig ist, ob der Beklagte zu Recht den Werbungskostenabzug nach § 160 der Abgabenordnung (AO) teilweise versagt hat.
Der Kläger erzielt Einkünfte aus der Vermietung und Verpachtung von Gewerbehallen. Im Jahre 2000 ließ er schadhafte Lichtbänder in den Hallen durch Fenster ersetzen. Auf eine Zeitungsanzeige meldete sich die im November 1999 gegründete A GmbH (GmbH). Deren Geschäftsführer legte einen beglaubigten Handelsregisterauszug, eine Bestätigung seiner Gewerbeanmeldung, Unbedenklichkeitsbescheinigungen des Finanzamts sowie der Sozialversicherungsträger vor. Ein schriftlicher Werkvertrag wurde nicht geschlossen. Es wurden drei Maurer tätig, darunter ein X aus M. Sie mauerten zunächst Zwischenstege ein. Fensterbauer setzten dann die Fenster ein, die von den Maurern bei- und angeputzt wurden. Die im Namen der GmbH erteilten Rechnungen über insg. 80.070 DM zahlte der Kläger mit über 30 Verrechnungsschecks. Der Empfänger der Schecks quittierte den Empfang jeweils auf den Rechnungen mit unleserlichem Namen. Wegen der Einzelheiten wird Bezug genommen auf die in der Betriebsprüfungshandakte befindlichen Kopien der Rechnungen.
Geschäftsführer der GmbH war der belgische Staatsbürger Y. Nach den Feststellungen der Finanzämter für Steuerstrafsachen und Steuerfahndung ..... und ..... im straf- und steuerrechtlichen Abschlussbericht vom 29.7.2003 handelt es sich bei der GmbH um eine Strohmann-GmbH „im klassischen Sinne”, die von einer kriminellen Vereinigung vorwiegend italienischer Staatsbürger beherrscht wurde. Es wurden keinerlei Steuerbeträge entrichtet, tatsächlich aber Rechnungen in Höhe von 11,1 Millionen DM erteilt. Die Aussagen u.a. des Konzessionsträgers bestätigten, dass es sich um eine „reine Strohmanngesellschaft” gehandelt habe. Wegen der Einzelheiten wird auf Bl. 21-30 des Berichts in der Betriebsprüfungshandakte Bezug genommen.
Die Rädelsführer der kriminellen Vereinigung verurteilte die 3. Große Strafkammer des Landgerichts O in ihrem rechtskräftigen Urteil vom 21.11.2002 wegen Steuerhinterziehung und gewerbsmäßigen Bandenbetrugs zu Freiheitsstrafen. Nach den Feststellungen der Großen Strafkammer gehört die GmbH zu einem Kreis von „Scheinfirmen” bzw. „Serviceunternehmen”, die Schwarzarbeitern und ihren Auftraggebern die Hinterziehung von Lohn- und Umsatzsteuer sowie Sozialversicherungsbeiträgen ermöglicht haben. Für diese Dienstleistungen erhielten die vermutlich der italienischen Mafia nahestehenden Angeklagten von ihren Kunden, den Kolonnenschiebern und Rechnungskäufern, jeweils eine Provision, die sie nicht versteuerten. Zu den Dienstleistungen der GmbHs gehörte neben der Erstellung von Scheinrechnungen auch die Bereitstellung von sog. „Unbedenklichkeitspaketen”. Die Große Strafkammer führte aus, dass die Auftraggeber vielfach, um sich formal abzusichern, solche Nachweise verlangten. Mit den von den Serviceunternehmen bereit gestellten Unterlagen könnten die Auftraggeber die gezahlte Vergütung „zu Unrecht als Betriebsausgaben und die gesondert ausgewiesene Umsatzsteuer als Vorsteuer steuerlich geltend machen”. Wegen der Einzelheiten wird auf die Feststellungen der Großen Strafkammer, Bl. 13-24 der Urteilsgründe (Betriebsprüfungshandakte), Bezug genommen. Die Feststellungen beruhen auf den Geständnissen der Angeklagten.
Der Kläger machte die Zahlungen als Werbungskosten bei seinen Einkünften aus Vermietung un...