vorläufig nicht rechtskräftig
Revision zugelassen durch das FG
Revision eingelegt (Aktenzeichen des BFH [XI R 42/06)]
Entscheidungsstichwort (Thema)
Unzulässige erstmalige Feststellung des verbleibenden Verlustabzuges bei bereits bestandskräftiger Einkommensteuerveranlagung
Leitsatz (redaktionell)
- Der erstmalige Erlass eines Feststellungsbescheides über den verbleibenden Verlustabzug wegen nachträglich geltend gemachter Werbungskosten ist nach vorangegangener bestandskräftiger Nullfestsetzung der Einkommensteuer nur zulässig, wenn der entsprechende Einkommensteuerbescheid noch nach der Abgabenordnung geändert werden kann.
- Hält der Steuerpflichtige bei einer Einkommensteuerfestsetzung auf 0 Euro entgegen dem vom Finanzamt der Festsetzung zugrunde gelegten Gesamtbetrag der Einkünfte seine negativen Einkünfte für nicht ausgeglichen, so muss er innerhalb der Einspruchsfrist gegen den (nicht anfechtbaren) Einkommensteuerbescheid die Feststellung des verbleibenden Verlustabzugs beantragen.
- Enthält der Einkommensteuerbescheid keine entsprechende Belehrung, so kann dieser Antrag binnen eines Jahres seit Bekanntgabe gestellt werden.
Normenkette
EStG § 10d Abs. 4 Sätze 1, 4; AO § 173 Abs. 1 Nr. 2
Streitjahr(e)
2001
Nachgehend
Tatbestand
Der Beklagte (das Finanzamt - FA -) erließ gemäß der am 14.7.2003 eingereichten Einkommensteuererklärung des Klägers für das Jahr 2001 den Einkommensteuerbescheid 2001 vom 11.8.2003, in dem es unter Ansatz eines Gesamtbetrags der Einkünfte von 0 DM die Einkommensteuer auf 0 € festsetzte. Dieser Bescheid, der endgültig ergangen war und bestandskräftig wurde, enthielt in der dem Kläger bekanntgegebenen Ausfertigung nur die (seinerzeit) „übliche” Rechtsbehelfsbelehrung, wonach Einspruch eingelegt werden könne; ein Hinweis, wonach der Steuerpflichtige gegebenenfalls innerhalb der Einspruchsfrist gegen den (nicht anfechtbaren) Einkommensteuerbescheid die Feststellung des verbleibenden Verlustabzugs beantragen müsse, enthielt die Rechtsbehelfsbelehrung nicht.
Der Kläger reichte am 10.12.2004 eine Erklärung zur Feststellung des verbleibenden Verlustvortrags zum 31.12.2001 ein, in der er nunmehr Aufwendungen im Zusammenhang mit seiner „Pilotenausbildung” i.H. von insges. 93.917 DM als vorweggenommene Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit geltend machte.
Das FA lehnte den Antrag auf Feststellung des verbleibenden Verlustvortrags zum 31.12.2001 mit Bescheid vom 10.1.2005 ab und wies den dagegen fristgerecht eingelegten Einspruch als unbegründet zurück (Einspruchsentscheidung vom 30.1.2005). Die Feststellung sei wegen der Bestandskraft des Einkommensteuerbescheids 2001 vom 11.8.2003 (Gesamtbetrag der Einkünfte: 0 DM; festgesetzte Einkommensteuer: 0 DM) abzulehnen.
Wegen des Vorbringens des Klägers im Klageverfahren wird auf die eingereichten Schriftsätze Bezug genommen.
Der Kläger beantragt,
1. das Verfahren im Hinblick auf die anhängigen Revisionsverfahren VI R 20/06 und XI R 20/06 ruhend zu stellen,
2. hilfsweise, unter Aufhebung des Ablehnungsbescheids vom 10.1.2005 und der Einspruchsentscheidung vom 30.11.2005 den zum 31.12.2001 verbleibenden Verlust zur Einkommensteuer auf 94.349 DM gesondert festzustellen sowie
3. ebenfalls hilfsweise, die Revision zuzulassen.
Das FA beantragt,
die Klage abzuweisen.
Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der im Termin zur mündlichen Verhandlung vorgelegten Steuerakte Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist unbegründet.
I. Dem Ruhensantrag war nicht zu entsprechen, weil die Voraussetzungen des nach
§ 155 der Finanzgerichtsordnung (FGO) anwendbaren § 251 Satz 1 der Zivilprozessordnung (ZPO) nicht erfüllt sind. Nach dieser Vorschrift hat das Gericht das Ruhen des Verfahrens anzuordnen, wenn beide Parteien dies beantragen und anzunehmen ist, dass wegen Schwebens von Vergleichsverhandlungen oder aus sonstigen wichtigen Gründen diese Anordnung zweckmäßig ist. Im Streitfall hat das FA dem Ruhensantrag nicht zugestimmt; ferner hätte das Finanzgericht (FG) eine solche Anordnung auch nicht für zweckmäßig gehalten.
II. 1. Nach § 10d Abs. 4 Satz 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) ist der am Schluss eines Veranlagungszeitraums verbleibende Verlustabzug gesondert festzustellen. Nach § 10d Abs. 4 Satz 4 EStG ist ein solcher Feststellungsbescheid zu erlassen, aufzuheben oder zu ändern, soweit sich – erstens – die nach Satz 2 zu berücksichtigenden Beträge (der nicht ausgeglichene Verlust eines Veranlagungszeitraums, der Verlustrücktrag auf die zwei Vorjahre, der Verlustvortrag auf die nachfolgenden Veranlagungszeiträume, der am Schluss des vorangegangenen Veranlagungszeitraums festgestellte verbleibende Verlustabzug) ändern und – zweitens – deshalb der entsprechende Steuerbescheid zu erlassen, aufzuheben oder zu ändern ist. Satz 4 ist entsprechend anzuwenden, wenn der Erlass, die Aufhebung...