Entscheidungsstichwort (Thema)
Feststellung des verrechenbaren Verlustes nach § 15 a Abs. 4 EStG - Verlustausgleich aufgrund überschießender Außenhaftung bei österreichischer Personengesellschaft
Leitsatz (redaktionell)
- Die Einschränkungen des § 15 a EStG gelten auch für den Anteil einer Personengesellschaft am Verlust einer Kommanditgesellschaft (sog. doppelstöckige Personengesellschaft).
- Die Erhöhung der Hafteinlage eines mittelbar an einer österreichischen Personengesellschaft beteiligten Kommanditisten kann mangels eines im deutschen Handelsregister eingetragenen Haftungstatbestands nicht zu einem erweiterten Verlustausgleich aufgrund überschießender Außenhaftung nach § 15 a Abs. 1 Satz 2 und Satz 3 EStG führen.
- Offen bleibt, ob diese Beschränkung des Verlustausgleich gegen das Recht der Europäischen Union (Niederlassungsfreiheit) verstößt.
- Von der Einleitung eines Vorabentscheidungsverfahren nach Art. 234 EG-Vertrag kann aus Gründen der Zweckmäßigkeit und der Verfahrensbeschleunigung im Verfahren der 1. Instanz abgesehen werden.
- Das Finanzamt ist befugt, im Rahmen der Feststellung der auf die unmittelbar beteiligte inländischen Kommanditgesellschaft entfallenden ausländischen Verluste gemäß § 180 Abs. 5 Nr. 1 AO eine Entscheidung über die Nachversteuerungspflicht der an dieser KG beteiligten natürlichen Person nach § 2 a Abs. 4 Nr. 2 EStG zu treffen.
- Eine entgeltliche Übertragung einer Betriebsstätte im Sinne von § 2 a Abs. 4 Nr. 2 EStG i.V.m. § 52 Abs. 3 EStG i. d. F. des StBereinG 1999 liegt auch vor, wenn ein Beteiligter sowohl an der veräußernden als auch der erwerbenden Personengesellschaft anteilig mittelbar beteiligt ist.
- Die Neuregelungen des § 2a Abs. 4 Nr. 2 EStG i.V.m. § 52 Abs. 3 EStG durch das StBereinG 1999 vom 22.12.1999 sind verfassungsgemäß und wirken nicht in verfassungsrechtlich unzulässiger Weise zurück.
Normenkette
EStG 1997 § 2a Abs. 3 S. 3, § 4a Abs. 2 Nr. 2, § 15a Abs. 1 Sätze 2-3, Abs. 3 S. 1, Abs. 4 S. 1, Abs. 5 Nr. 3; EStG § 2a Abs. 4 Nr. 2, § 52 Abs. 3; AO § 180 Abs. 5 Nr. 1; HGB § 171 Abs. 1; EG Art. 43, 234, 20 Abs. 3
Streitjahr(e)
1995, 1996, 1997, 1999
Nachgehend
Tatbestand
Die Klägerin wendet sich gegen Bescheide für 1995 bis 1997 und 1999 über die gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen und über die gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen nach § 15 a Abs. 4 EStG.
Die Klägerin ist eine inländische Kommanditgesellschaft. Komplementärin ist eine GmbH, die keine Einlage in das Vermögen der Klägerin geleistet hat. Alleiniger Kommanditist war in den Streitjahren Herr Rolf D., der zu 100% am Vermögen der Klägerin beteiligt war (Sonderrechtsnachfolgerin nunmehr: A.-Stiftung). Gegenstand des Unternehmens ist das Halten und die Verwaltung von Beteiligungen, die im Ausland A.-Firma-Aktivitäten ausüben.
Die Klägerin ist als Kommanditistin zu 60 % an der A.-Vertrieb GmbH & Co. KG, Österreich (nachfolgend: EU-AUSLAND KG) beteiligt. Die EU-AUSLAND KG wurde mit Gesellschaftsvertrag vom 27.07.1993 nach österreichischem Recht gegründet. Sie hat ein vom Kalenderjahr abweichendes Wirtschaftsjahr (vom 1. März bis zum letzten Tag im Februar des darauffolgenden Jahres). Gegenstand des Unternehmens der EU-AUSLAND KG ist der Vertrieb von Gütern und die zentrale Buchhaltung, Personalverrechnung und Logistik für alle österreichischen Beteiligungsgesellschaften (insgesamt 9 Gesellschaften). Die verbleibende 40%-ige Beteiligung wurde in den Streitjahren von einem fremden, in Deutschland nicht steuerpflichtigen, Dritten (Herr Karl E.) gehalten.
Das Gesellschaftskapital der EU-AUSLAND KG betrug bei Gründung XX Mio. Schilling (S). Das Gesellschaftskapital entwickelte sich wie folgt:
Wirtschaftsjahr |
Gesellschaftskapital |
Anteil der Klägerin (60%) |
davon eingezahlt |
1994/95 |
XX Mio. S |
XX Mio. S |
XX Mio. S |
1995/96 |
XX Mio. S |
XX Mio. S |
XX Mio. S |
1996/97 |
XX Mio. S |
XX Mio. S |
XX Mio. S |
1997/98 |
XX Mio. S |
XX Mio. S |
XX Mio. S |
Seit der Gründung im Jahr 1993 bis zum Wirtschaftsjahr 1998/1999 erzielte die EU-AUSLAND KG ausweislich der vorliegenden Jahresabschlüsse ausschließlich Verluste, die ab dem Wirtschaftjahr 1994/1995 das tatsächlich eingezahlte Kommanditkapital überstiegen.
Nach unbestrittenem Vortrag der Klägerin wurde jeweils vor dem Abschlussstichtag eine Kapitalerhöhung in Höhe der voraussichtlich anfallenden Verluste bei der EU-AUSLAND KG beschlossen und im Firmenbuch des zuständigen Landesgerichts in Österreich eingetragen. Eine Einzahlung durch die Kommanditisten erfolgte jedoch nicht.
Der Beklagte führte für die Klägerin als einzige inländische Gesellschafterin der EU-AUSLAND KG nach Maßgabe des BFH-Urteils vom 15. September 2004 (I R 30/04, BFH/NV 2005, 842) zwei gesonderte Feststellungen für jeden Veranlagungszeitraum durch. Es wurden für die an der EU-AUSLAND KG beteiligte Klägerin sowohl der Anteil an den nach DBA steuerfreien gewer...