Entscheidungsstichwort (Thema)
Keine wirtschaftliche Eingliederung der Organgesellschaft bei hoheitlicher Tätigkeit; Gesellschafterzuschuss als Entgelt
Leitsatz (redaktionell)
1. Eine auf dem Gebiet der Abwasserbeseitigung tätige juristische Person des öffentlichen Rechts (jPöR) kann - mangels wirtschaftlicher Eingliederung der Organgesellschaft - nicht als umsatzsteuerlicher Organträger einer von ihr mit der Trocknung und Verwertung von Schlämmen beauftragten Tochtergesellschaft angesehen werden, wenn die Tätigkeit der jPöR insgesamt hoheitlicher Natur und daher die Unterhaltung eines Betriebs gewerblicher Art ausgeschlossen ist.
2. Die Möglichkeit zur Übertragung der Verpflichtung zur Abwasserbeseitigung auf Private gemäß § 53 LWG NW konnte im Jahre 1986 keine die Hoheitlichkeit dieser Aufgabe ausschließende Wettbewerbssituation zu privaten Wirtschaftsteilnehmern begründen, da sie als Ausnahme vom Anschluss- und Benutzungszwang lediglich die Entsorgung eigener Abwässer der Berechtigten erfasste.
3. Übernimmt die jPöR als Mehrheitsgesellschafterin aufgrund entsprechender vorheriger Zusage die bei der Schlammtrocknung durch die Tochtergesellschaft entstehenden Verluste, weil dies für sie die wirtschaftlich günstigste Art der Entsorgung darstellt, so liegt hierin kein Gesellschafterbeitrag, sondern ein Entgelt für eine im Individualinteresse der Gesellschafterin erbrachte sonstige Leistung.
Normenkette
UStG § 1 Abs. 1 Nr. 1 S. 1, § 2 Abs. 1, 2 Nr. 2, § 3 Abs. 9; EWGRL 388/77 Art. 4 Abs. 5 Sätze 1-2; KStG § 1 Abs. 1 Nr. 6, § 4 Abs. 1, 5 S. 1
Nachgehend
Tatbestand
Streitig ist die umsatzsteuerliche Behandlung eines im Jahre 1986 an die Klägerin von ihrer Mehrheitsgesellschafterin gezahlten Betrages zum Ausgleich des von ihr erwirtschafteten Verlustes.
Die Klägerin ist eine im Jahre 1983 von der XY GmbH -XY- als 100 %-Tochtergesellschaft gegründete GmbH. Gegenstand ihres Unternehmens ist der Betrieb einer Trocknungsanlage zur Herstellung von Brennstoffen aus kohlehaltigen Klärschlämmen der Fluß, der Erwerb dieser Schlämme, der Vertrieb der hergestellten Brennstoffe sowie alle zweckdienlichen Dienstleistungen. Im Jahre 1985 trat die Flußgenossenschaft -FlußG- mit einem Kapitalanteil von ……. DM als Mehrheitsgesellschafter der Klägerin ein. Die XY behielt einen Kapitalanteil von ……. DM. Die FlußG ist eine Körperschaft des öffentlichen Rechtes, deren Zweck die Regelung der Vorflut und die Abwasserreinigung im Flußgebiet sowie Unterhaltung und Betrieb der ausgeführten Anlagen ist, § 1 Abs. 1 des Gesetzes betreffend Bildung einer Genossenschaft zur Regelung der Vorflut und zur Abwässerreinigung im Flußgebiet vom 14.07.1904 in der im Streitjahr 1986 geltenden Fassung vom 26.06.1984 -FlußGG-. Die Klägerin pachtete die von der Trocknungsanlage Flußbrennstoffe GmbH (ABC) errichtete Trockungsanlage. Gesellschafter der ABC waren ebenfalls die FlußG und die XY. Vertraglich vereinbart war, dass die FlußG den von ihr behandelten Rohschlamm an die XY verkaufen und diese ihn mit einem Handelsnutzen von 7 % an die Klägerin weiterveräußern sollte. Tatsächlich stellte die FlußG der Klägerin den bereits mit Kohle angereicherten, getrockneten Rohschlamm unmittelbar unentgeltlich zur Verfügung. Die Klägerin stellte hieraus unter Verwendung von weitem Zumischgut Brennstoff her.
Die Klägerin wurde im Jahre 1983 gegründet, weil die von den Schachtanlagen der Z AG in die Fluß geleiteten Abwässer Kohlebestandteile enthielten, die Anfang der 80 Jahre so erheblich waren, dass es sinnvoll erschien, Teile der Klärschlämme in einer Trocknungsanlage zu trocknen, aus der getrockneten Masse Brennstoffe herzustellen und diese zur Verfeuerung in Heizkraftwerken und Zementwerken zu vermarkten. Im Jahre 1984 beabsichtigte die FlußG sodann, als Mitgesellschafterin mit einem Anteil von 26 % in die Klägerin einzutreten. Hierfür sprach nach Auffassung der FlußG u.a., dass sie aufgrund ihrer gesetzlichen Aufgabe der Abwasserreinigung und -beseitigung im Flußgebiet für das ordnungsgemäße Funktionieren des Gesamtablaufes der Trocknungsanlage mitverantwortlich sei. Zudem sei sie als Hauptgesellschafterin der ABC an der Deckung der hierdurch entstandenen Kosten durch die Verpachtung an die Klägerin interessiert, weil sie die Kreditaufnahme der ABC durch Bürgschaften in Höhe von ……. DM abgesichert habe. Darüber hinaus könne XY nicht garantieren, dass der Marktpreis des von der Klägerin erstellten Endproduktes stets die Kosten der Klägerin würde decken können. Dieser Vorbehalt resultiere aus der schwankenden Quantität und Qualität des anfallenden Flußschlammes sowie der Situation auf dem Energiemarkt. Die FlußG müsse daher Verluste der Klägerin, soweit sie unvermeidbar seien, in bestimmten Grenzen übernehmen. Auch sei nicht auszuschließen, dass die Klägerin Gewinne erzielen würde. Daher erscheine es angemessen, dass die FlußG, die den wesentlichen Teil der Risiken trage, auch an etwaigen Gewinnen beteiligt werde. Hins...