Entscheidungsstichwort (Thema)
Verfassungsrechtliche Zulässigkeit einer Nichterfassung anderer als staatlicher Lotterien und weiterer Personen als den Einnehmern einer staatlichen Lotterie von der Gewerbesteuerfreistellung
Leitsatz (redaktionell)
- Ein Lotto-Dienstleistungsunternehmen, dessen Tätigkeit nicht bloß ein Vermitteln von Lotterieverträgen zwischen den Spielern und den staatlichen Lotteriegesellschaften, sondern auch die Entwicklung von Systemreihen, die Anwerbung von Spielern, die Gründung von Spielgemeinschaften und die Ermittlung der auf die einzelnen Mitspieler entfallenden Gewinne zum Gegenstand hat, ist kein Lotterieeinnehmer i. S. des § 13 GewStDV.
- Die Nichterfassung anderer als staatlicher Lotterien und weiterer Personen als den Einnehmern einer staatlichen Lotterie von der Gewerbesteuerfreistellung verstößt nicht gegen Art. 3 Abs. 1 GG.
- Dies gilt auch, wenn unter Umgehung des staatlichen Glücksspielmonopols eine lotteriesteuerpflichtige Tätigkeit ohne öffentlich-rechtliche Genehmigung ausgeübt wird.
- Unabhängig von der steuerlichen und zivilrechtlichen Anerkennung des Treuhandverhältnisses sind die in Erfüllung einer betrieblich veranlassten Verpflichtung gegenüber den Mitspielern an einen Treuhänder abgeführten Spieleinsatzanteile als Betriebsausgabe abzuziehen.
- Die Tatsache, dass der Treuhänder zugleich Komplementär des Unternehmens ist, rechtfertigt keine andere Beurteilung.
Normenkette
EStG § 4 Abs. 4; GewStG § 3 Nr. 1; GewStDV § 13; RennwLottG §§ 17, 19; AO § 39 Abs. 2, § 41 Abs. 1, § 159; GG Art. 3 Abs. 1
Streitjahr(e)
1998, 1999
Nachgehend
Tatbestand
Die Klägerin eine KG betreibt seit 1997 ein Lotto-Dienstleistungsunternehmen. Komplementärin im Streitzeitraum war zunächst die B-Services B.V. und ab 25.06.1999 die C-Services B.V., beide jeweils mit Sitz in den Niederlanden. Alleinvertretungsberechtigter Direktor der Komplementärinnen war jeweils Herr Peter T.
Die Klägerin organisiert unter der Bezeichnung „C-Services” Spielgemeinschaften zur Teilnahme an wöchentlichen Ausspielungen des Deutschen Lotto- und Totoblocks mit von ihr entwickelten Systemreihen (Zahlenkombinationen), welche für die in Spielgemeinschaften verbundenen Mitspieler einzusetzen sind. Die Mitspieler erteilen der Klägerin gemäß Ziff. 7 der Teilnahmebedingungen (Allgemeine Geschäftsbedingungen) unter Befreiung von § 181 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) Vollmacht, im Namen der Mitspieler Gesellschaftsverträge zur Gründung von BGB-Spielgemeinschaften, den Treuhandvertrag für die Spieler/die Spielgemeinschaften mit dem Treuhänder und einen Geschäftsbesorgungsvertrag zwischen dem Spieler/den Spielgemeinschaften und sich selbst abzuschließen.
Das Vertragsverhältnis mit dem Spieler wird mit der Einzahlung des Spielbetrages auf ein Einzahlungskonto der Klägerin begründet. Nach § 2 Nr. 2 des Geschäftsbesorgungsvertrages hat die Klägerin die auf dem Einzahlungskonto eingehenden Beträge wir folgt zu verwenden:
44,8 v. H. zur Vertragserfüllung an die Treuhandgesellschaft,
36,0 v. H. für die Spielvermittlung an die Klägerin,
19,2 v. H. für Serviceleistung und Konzeption der Spielmöglichkeit an die Klägerin.
Gemäß Ziff. 8 der Teilnahmebedingungen beauftragen die Mitspieler einen von der Klägerin bestellten Treuhänder, im eigenen Namen, aber für Rechnung der Spielgemeinschaft den Spielvertrag mit den Lottogesellschaften über deren Annahmestellen abzuschließen, die Lottoscheine in Verwahrung zu nehmen, etwaige Gewinne für die Spielgemeinschaft gegenüber der Lottogesellschaft geltend zu machen, die Gewinne entgegenzunehmen und einem Treuhandkonto zuzuführen sowie die Gewinne schließlich an die Mitspieler auszuzahlen. Nach Ziff. 3 der Teilnahmebedingungen hat die Klägerin das Recht, sich selbst an einer Spielgemeinschaft zu beteiligen, wenn sich in einer Spielgemeinschaft nicht genügend Spieler zusammen finden. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Teilnahmebedingungen Bezug genommen.
Treuhänder ist nach dem vorliegenden Treuhandvertrag vom 08.12.1997, auf dessen Inhalt Bezug genommen wird, die B-Services B.V. Diese wurde bei dem Vertragabschluss von Herrn Peter T. als Direktor vertreten.
Im Rahmen einer bei der Klägerin durchgeführten Steuerfahndungsprüfung stellte der Prüfer fest, dass die Klägerin in ihren Gewinnermittlungen für die Streitjahre 1998 und 1999 von den Mitspielbeträgen lediglich die Anteile für Spielvermittlung (36 %) und für Serviceleistung und Konzeption (19,2 %), nicht aber den Spieleinsatzanteil i. H. v. 44,8 %, der an den Treuhänder abzuführen war, als Betriebseinnahmen erfasst hatte. Außerdem traf der Prüfer die Feststellung, dass nur in geringem Umfange tatsächlich Lottoscheine erworben wurden. Der Prüfer vertrat die Auffassung, die bisher erklärten Einnahmen, die ausschließlich auf den Serviceanteilen basierten, seien um die auf den Spieleinsatzanteil entfallenden Einnahmen zu erhöhen. Die...