Tenor
Die Prozeßkostenhilfe-Gesuche vom 14. (eingegangen 24.) April 1995 werden abgelehnt.
Gründe
Die Anträge auf Gewährung von Prozeßkostenhilfe gemäß § 142 Finanzgerichtsordnung (ZPO) i.V.m. §§ 114 ff Zivilprozeßordnung (ZPO) ist unbegründet.
1. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Prozeßkostenhilfe, solange er flüchtig ist.
Ein Beteiligter, der nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozeßführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, erhält Prozeßkostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint (§ 142 FGO i.V.m. § 114 ZPO).
Die Regelung entspricht der verfassungsrechtlichen Rechtsweggarantie des Art. 19 Abs. 4 Grundgesetz (GG). Dieses Grundrecht gewährleistet den Zugang zum Gericht. Nach dem Sozialstaatsprinzip des Art. 20 Abs. 1 GG wird Unbemittelten ermöglicht, ihre Rechte vor Gericht in einer dem Gleichheitsgebot (Art. 3 GG) gemäßen Weise wie Bemittelte zu verfolgen. Dementsprechend soll durch die Prozeßkostenhilfe im Rahmen der Daseinsfürsorge dem Bürger der Zugang zu den Gerichten nach Maßgabe der Prozeßordnungen auch tatsächlich eröffnet werden (Ziemer/Haarmann/Lohse/Beermann, Rechtsschutz in Steuersachen Rd. 10825/2 ff, 10825/7 ff, 10826 unter Hinweis auf die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts – BVerfG – und auf die Gesetzesmaterialien).
Mit dem Gesamtinhalt dieser Regelung erscheint dem Senat eine Prozeßkostenhilfe für solche Antragsteller unvereinbar, die gerade durch ihre Flucht die Zusammenarbeit mit den deutschen Gerichten bewußt erschweren wie der Kläger.
Im übrigen betrifft zumindest das Verfahren V 26/91 in erster Linie Vorgänge, die Gegenstand des Strafverfahrens sind, dessen Durchführung der Kläger durch seine Flucht in das Ausland derzeit verhindert (zum möglichen Vorrang des Strafverfahrens gegenüber dem Finanzprozeß vgl. z.B. BVerfG-Beschluß vom 15. Oktober 1990 2 BvR 385/87, KFR F. 2 AO § 370, 1/91, S. 117). Mangels eines bis zur Tatzeit zurückreichenden Auslieferungs-Abkommens soll mit einer Auslieferung nicht zu rechnen sein. Nach Eröffnung des Hauptverfahrens vor der Großen Strafkammer 8 des Landgerichts Hamburg richtet sich möglicherweise die strafrechtliche Verjährung und damit die bisher zu erwartende Fluchtdauer nach der zwischenzeitlich rückwirkend in Kraft getretenen Vorschrift des § 78 b Abs. 4 Strafgesetzbuch (StGB).
2. Auch unter dem Gesichtspunkt der Mutwilligkeit ist dem Flüchtigen die Prozeßkostenhilfe zu versagen.
Von dem Antragsteller muß verlangt werden, daß er bei Verfolgung seiner Rechte den kostengünstigsten bzw. einfachsten Weg wählt (vgl. Philippi in Zöller, ZPO, 19. Aufl., § 114 Rd. 34 m.w.N.). Das wäre die Klärung der Streitfragen vor den hiesigen Gerichten in Anwesenheit des Klägers (vgl. oben).
3. Schließlich läßt sich auch die Bedürftigkeit des Flüchtigen nicht feststellen. Seine Angaben zu seinen wirtschaftlichen Verhältnissen im Ausland sind unter den gegebenen Umständen hier nicht überprüfbar, wenngleich dazu aufgrund des Vertrags des Beklagten (des Finanzamts – FA –) Anlaß bestünde (vgl. Schriftsatz des FA vom 5. Mai 1995).
4. Falls der Kläger mangels Fälligkeit von Gerichtsgebühren (§ 63 Gerichtskostengesetz – GKG –) sein Prozeßkostenhilfegesuch in der Absicht gestellt hat, anschließend die Beiordnung eines Prozeßbevollmächtigten zu beantragen (§ 142 FGO i.V.m. § 121 ZPO; in diesem Sinne auch Kläger-Schriftsatz vom 1. März 1995 S. 2), weist der Senat vorsorglich darauf hin, daß hierfür kein Bedarf ersichtlich ist, solange der Kläger selbst weiterhin am Ort des Gerichts als Rechtsanwalt zugelassen ist.
5. Der Senat läßt die Erfolgsaussicht der Rechtsverfolgung dahinstehen.
Die Sache V 26/91 konnte seit Umschreibung auf den Berichterstatter deswegen nicht gefördert werden, weil die die zugrundeliegenden Vorgänge betreffenden Zivil- und Strafakten des Landgerichts Hamburg (…/85 und …/91) nebst den Akten betreffend zwischenzeitliche Rechtsmittel bis hin zum Bundesgerichtshof – BGH – (III ZR 316/89) nicht zur Verfügung standen (vgl. zuletzt Kläger-Schriftsatz vom 1. März 1995 S. 2–3). Hinzu kommt die Frage der tatsächlichen Mitwirkungsbereitschaft des Klägers, der sich hierzu unterschiedlich geäußert hat.
In der Sache V 183/92 hat der Kläger auf die gerichtlichen Schreiben vom 29. Juni 1994 und 13. Oktober 1994 (dort zu 7.) bisher nicht inhaltlich geantwortet.
Fundstellen