Entscheidungsstichwort (Thema)
Einkommensteuer: Private Veräußerungsgewinne - Ausnahme bei selbstgenutztem Wohnraum - zeitlicher Umfang der Nutzung zu eigenen Wohnzwecken
Leitsatz (amtlich)
Eine Nutzung zu eigenen Wohnzwecken im Jahr der Veräußerung und in den beiden vorangegangenen Jahren gem. § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 3 Alt. 2 EStG setzt voraus, dass sich die Nutzung zu eigenen Wohnzwecken über das gesamte mittlere Jahr erstreckt, während im Jahr der Veräußerung sowie im zweiten Jahr vor der Veräußerung die Eigennutzung nicht während des gesamten Kalenderjahres gegeben sein muss (Anschluss an BFH-Urteil vom 27.06.2017 IX R 37/16).
Normenkette
EStG § 22 Nr. 2, § 23 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 S. 3
Tatbestand
I.
Die Beteiligten streiten in der Hauptsache darüber, ob ein Gewinn aus einem privaten Veräußerungsgeschäft steuerbar ist.
1. a) Die Antragsteller werden zusammen zur Einkommensteuer veranlagt.
b) Mit Kaufvertrag vom ... 2006 erwarben der Antragsteller und Herr A ein Mehrfamilienhaus in der X-Straße in Hamburg ... für einen Kaufpreis von ... €. Der Anteil des Antragstellers betrug 153/272stel, so dass ein anteiliger Kaufpreis in Höhe von ... € auf ihn entfiel. Die Käufer verpflichteten sich im Kaufvertrag, das Eigentum gem. § 3 Wohnungseigentumsgesetz (WEG) in Wohnungseigentum aufzuteilen, wobei sich das Sondereigentum des Antragstellers auf die Wohneinheit im Souterrain und im Erdgeschoss und das Sondereigentum von Herrn A auf die Wohneinheit im 1. und 2. Obergeschoss des Gebäudes beziehen sollte (...).
c) Die Antragsteller nutzten in der Folgezeit die im Souterrain und Erdgeschoss gelegene Wohnung bis 30.05.2012 zu eigenen Wohnzwecken.
d) Mit Mietvertrag vom 19.04.2012 vermietete der Antragsteller die gesamte Wohnung möbliert ab 01.05.2012 befristet bis zum 31.12.2012 für eine monatliche Pauschalmiete in Höhe von ... € inklusive aller Nebenkosten (...).
e) Mit Änderungsvertrag vom 18.10.2012 wurde das Mietverhältnis vom 01.11.2012 bis zum 28.02.2013 verlängert und die monatliche Pauschalmiete auf ... € erhöht (...).
f) Mit Kaufvertrag vom ... 2014 verkaufte der Antragsteller die Wohnung für ... € (vgl. Veräußerungsanzeige des Notars Dr. B vom ... 2014, ...).
2. a) In ihrer Einkommensteuererklärung für 2012 erklärten die Antragsteller einen Verlust aus Vermietung und Verpachtung aus dem Objekt X-Straße in Höhe von ... € (Einnahmen: ... €, Ausgaben: ... €). Der Antragsgegner (das Finanzamt -FA-) erhöhte bei der Veranlagung die Einnahmen um ... € und ermittelte so einen Überschuss aus Vermietung und Verpachtung in Höhe von ... €.
b) In ihrer am 25.09.2016 übermittelten Einkommensteuererklärung für 2014 machten die Antragsteller keine Angaben zu dem Objekt X-Straße.
c) Nachdem das FA, das durch die Mitteilung des Notars von der Veräußerung der Wohnung in der X-Straße Kenntnis erlangt hatte, die Antragsteller am 18.10.2016 um Übersendung des Kaufvertrags über den Verkauf und von Belegen über mögliche Nebenkosten sowie um Erläuterung der Nutzung im Jahr 2014 gebeten hatte, teilten die Antragsteller mit, sie hätten sich 2012 aufgrund der starken beruflichen Belastung des Antragstellers zu einem längeren Urlaub entschieden. In der Zeit von Mai 2012 bis Oktober 2012 hätten sie die Wohnung einem befreundeten Ehepaar und deren Kindern gegen Übernahme der Kosten möbliert überlassen. Da sie, die Antragsteller, später die Möglichkeit gehabt hätten, ihren Urlaub kostengünstig zu verlängern, hätten sie sich mit den Mietern auf eine Mietvertragsverlängerung geeinigt. Am Ende seien sie, die Antragsteller, bis einschließlich April 2013 unterwegs gewesen.
3. a) Ende 2013 sei ihnen von der Nachbarin seines, des Antragstellers, Vaters deren Doppelhaushälfte zum Kauf angeboten worden. Dies sei die einmalige Möglichkeit gewesen, mit drei Generationen - ihrem Sohn und den Eltern/Schwiegereltern - in einem Mehrgenerationen-Doppelhaus zu wohnen. Daraufhin habe er, der Antragsteller, sich 2014 entschieden, die Wohnung in der X-Straße zu verkaufen, um die Doppelhaushälfte kaufen zu können, in die sie, die Antragsteller, schließlich 2015 eingezogen seien.
b) Mit Schreiben vom 21.11.2016 teilte das FA den Antragstellern mit, dass nach dieser Schilderung ein steuerpflichtiger Veräußerungsgewinn vorliege, da der Ausnahmetatbestand des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 3 2. Alt. EStG nicht erfüllt sei, und bat um Übersendung der bereits am 18.10.2016 angeforderten Unterlagen.
c) Mit erstmaligem Einkommensteuerbescheid für 2014 vom 11.01.2017 setzte das FA die Einkommensteuer für 2014 auf 0 € fest (...).
Mit Einkommensteueränderungsbescheid vom 14.02.2017 setzte das FA die Einkommensteuer für 2014 auf ... € fest (...). Dabei berücksichtigte es Einkünfte aus privaten Veräußerungsgeschäften in Höhe von ... € (... € abzgl. ... €).
4. a) Dagegen legten die Antragsteller am 09.03.2017 Einspruch ein und beantragten Aussetzung der Vollziehung (AdV). Zur Begründung trugen sie vor, gem. § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 3 2 Alt. EStG würden Wirtschaftsgüter von der Versteuer...