Entscheidungsstichwort (Thema)
Fiktion der fristgerechten Antragstellung von Stromsteuervergütung bei gewährter Wiedereinsetzung
Leitsatz (amtlich)
Ist die Frist nach § 18 StromStV für einen Vergütungsantrag nach § 10 StromStG versäumt worden, kann Wiedereinsetzung nach § 110 AO gewährt werden.
Tritt an dem Tag, an dem die Frist des § 18 StromStG abläuft, Festsetzungsverjährung nach §§ 169 Abs. 2 Nr. 1, 170 Abs. 1 AO ein, ist der Ablauf der Festsetzungsfrist nach § 171 Abs. 3 AO gehemmt, wenn hinsichtlich der Antragsfrist des § 18 StromStV Wiedereinsetzung gewährt wird. Zwar kommt eine Wiedereinsetzung in die Festsetzungsfrist nicht in Betracht, allerdings löst die gewährte Wiedereinsetzung in die Antragsfrist die Fiktion der fristgerechten Antragstellung aus. Damit gilt der Antrag konsequenterweise zugleich als innerhalb der Festsetzungsfrist gestellt, so dass Ablaufhemmung nach § 171 Abs. 3 AO eintritt.
Auch ein gemäß § 47 AO kraft Gesetzes erloschener Anspruch kann wieder aufleben.
Normenkette
StromStG § 10; StromStV § 18; AO §§ 47, 110, 169 Abs. 2 Nr. 1, § 170 Abs. 1, § 171 Abs. 3
Nachgehend
Tatbestand
Die Klägerin begehrt die Vergütung von Stromsteuer.
Mit Schreiben vom 14.2.2006 wandte sich die Klägerin an den Beklagten und bat um Mitteilung des Sachstandes hinsichtlich ihres Stromsteuervergütungsantrags für den Zeitraum vom 1.1.2004 bis 31.12.2004 vom 15.12.2005. Darauf teilte ihr der Beklagte mit, dass ein derartiger Antrag nicht eingegangen sei. Mit Schreiben vom 20.2.2006 übersandte die Klägerin die Kopie eines Antrags, der das Datum 15.12.2005 trägt.
Mit Bescheid vom 23.2.2006 lehnte der Beklagte den Antrag ab. Zur Begründung führte er aus, der Antrag sei als Kopie erstmalig am 21.2.2006 eingegangen und damit verfristet. Die Vergütung der Stromsteuer 2004 hätte bis zum 31.12.2005 schriftlich beantragt werden müssen.
Mit Schreiben vom 6.3.2006 legte die Klägerin Einspruch ein und versicherte, den Antrag fristgerecht mit der Post versandt zu haben. Dass er nicht fristgerecht eingegangen sei, liege nicht an ihrem Verschulden. Sie stellte einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand und trug dazu vor, eine Mitarbeiterin habe den Antrag erarbeitet und eine Auszubildende gebeten, den Brief zu frankieren und zur Post zu geben. Dies habe die Auszubildende noch am 15.12.2005 gemacht. Entsprechende eidesstattliche Versicherungen legte die Klägerin vor. Jedenfalls sei die Vergütung entsprechend § 227 AO zu gewähren, andernfalls liefe dies der Wertung des § 10 StromStG zuwider, zumal sich die Frist lediglich in der Durchführungsverordnung, also nicht in einem formellen Gesetz finde. Wirtschaftlich sei sie auf die Vergütung angewiesen.
Der Einspruch wurde mit Einspruchsentscheidung vom 24.4.2006 zurückgewiesen. Zugleich lehnte der Beklagte den Erlassantrag nach § 227 AO ab, da diese Vorschrift nur für Ansprüche des Steuergläubigers aus dem Steuerschuldverhältnis gelte. Steuervergütungsansprüche seien nicht erfasst.
Mit ihrer am 10.5.2006 bei Gericht eingegangenen Klage verfolgt die Klägerin ihr Begehren weiter. Sie trägt vor, den Vergütungsantrag so rechtzeitig zur Post gegeben zu haben, dass sie mit einem fristgerechten Eingang habe rechnen können. Sofern er auf dem Postwege verloren gegangen sein sollte, treffe sie kein Verschulden, so dass Wiedereinsetzung gewährt werden müsse. Die Frist des § 18 Abs. 1 StromStV sei eine gesetzliche Frist, so dass § 110 AO Anwendung finde. Für den Beginn der Festsetzungsfrist sei im Übrigen § 170 Abs. 3 AO zu beachten, so dass die Festsetzungsfrist erst mit Antragstellung beginne. Die Antragstellung hemme nach § 171 Abs. 3 AO auch den Ablauf der Festsetzungsfrist. Die Wiedereinsetzung führe dazu, dass der Antrag als fristgerecht gestellt gelten würde, so dass die Festsetzungsfrist schon deshalb nicht abgelaufen sei. Jede andere Betrachtung führe zu einem Verstoß gegen Art. 19 Abs. 4 und Art. 103 Abs. 1 GG.
Die Klägerin beantragt, den Beklagten zu verpflichten, ihr unter Gewährung von Wiedereinsetzung in den vorigen Stand hinsichtlich der Antragsfrist des § 18 StromStV und unter Aufhebung des Ablehnungsbescheides vom 23.2.2006 und der Einspruchsentscheidung vom 24.4.2006 die Stromsteuer für 2004 antragsgemäß zu vergüten, hilfsweise, den Beklagten zu verpflichten, billigkeitshalber die beantragte Stromsteuervergütung in Höhe von 62.544,54 EUR in entsprechender Anwendung des § 227 AO zu ihren Gunsten festzusetzen.
Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.
Er trägt vor, der Vergütungsantrag für 2004 hätte nach § 18 Abs. 1 StromStV bis zum 31.12.2005 eingegangen sein müssen, das sei nicht erfolgt. Die Klägerin sei für den fristgerechten Eingang des Antrags beweispflichtig. Dieser Beweis sei nicht erbracht worden. Darüber hinaus sei die Festsetzungsfrist für die Vergütung der Stromsteuer mit Ablauf des Jahres 2005 abgelaufen. § 170 Abs. 3 AO greife nicht, da die Festsetzungsfrist für die erstmalige Festsetzung der Vergütung da...