Entscheidungsstichwort (Thema)
Passivierung vereinnahmter Optionsprämie durch eine Bank
Leitsatz (redaktionell)
Die von einer Bank vereinnahmten Optionsprämien sind nach den handelsrechtlichen Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung als Verbindlichkeit zu passivieren.
Normenkette
EStG § 5 Abs. 1; HGB §§ 250, 266
Nachgehend
Tatbestand
Streitig ist, ob die Klägerin erhaltene Optionsprämien durch Bildung eines Passivpostens neutralisieren durfte.
Die Klägerin ist eine Bank und führte in den Streitjahren als Clearing-Mitglied der deutschen Terminbörse (DTB GmbH, heute Eurex) für eigene Rechnung Optionsgeschäfte durch. Mit Abschluss der Optionsverträge verpflichtet sie sich als Stillhalterin gegenüber den Käufern der Optionen, bestimmte Optionsgegenstände zu bereits im voraus festgelegten Konditionen während eines bestimmten Zeitraumes (amerikanischer Typ) oder zu einem bestimmten Zeitpunkt (europäischer Typ) zu erwerben (Put) oder zu veräußern (Call). Die Klägerin war und ist in folgenden Segmenten tätig: Im Zinsbereich hat sie Optionen auf festverzinsliche Wertpapiere mit kurz-, mittel- und langfristigen Laufzeiten, im Aktienbereich Optionen auf die im DAX vertretenen Werte und im Indexbereich Optionen auf den DAX (sowie ODAX und FDAX) begeben. Dabei zählen die Aktienoptionen zum amerikanischen und die Indexoptionen zum europäischen Typ.
Die von der Klägerin vorgenommenen Optionsgeschäfte richteten sich nach den Bedingungen der deutschen Terminbörse (DTB). Ein Informationsheft "Basisinformationen über Börsen-Termingeschäfte" des Bank-Verlags Köln hat die Klägerin zur Akte gereicht. Die Termingeschäfte entsprechen den Bedingungen für den Handel an der Eurex Deutschland, die Nachfolgerin der DTB ist; die Eurex-Bedingungen liegen - im Gegensatz zu den DTB-Bedingungen - ebenfalls vor.
Die Optionsgeschäfte laufen wie folgt ab:
Durch eine sogenannte opening transaction wird eine Position an der Terminbörse eröffnet. Der Handel findet ausschließlich über Computer statt; ein Präsenzhandel existiert nicht. Die Klägerin tritt dabei als Stillhalter auf und ist während der Laufzeit oder zum Verfalltag verpflichtet, das vereinbarte Produkt (sogenannter Basiswert, z. B. Aktien oder Anleihen) zu dem vereinbarten Kurs zu liefern (Call-Option - für den Stillhalter Short Call, für den Optionsberechtigten Long Call) oder abzunehmen (Put-Option - für den Stillhalter Short Put, für den Optionsberechtigten Long Put).
Der Optionskäufer trägt nur ein begrenztes Verlustrisiko, nämlich maximal den gezahlten Optionspreis. Dem stehen bei Call-Optionen unbegrenzte und bei Put-Optionen sehr hohe Ertragsmöglichkeiten gegenüber. Der Optionskäufer kann schon während der Laufzeit durch Glattstellung oder - bei der Option amerikanischen Typs - Ausübung angefallene Gewinne oder Verluste realisieren.
Der Stillhalter kann einen Ertrag maximal in Höhe des vereinnahmten Optionspreises erzielen. Dem steht bei Call-Optionen ein unbegrenztes Verlustrisiko gegenüber. Bei Ausübung der Option durch den Berechtigten ist das vereinbarte Produkt auch dann zum vereinbarten Basispreis zu liefern, wenn der Kurs ins unendliche gestiegen ist. Bei Put-Optionen ist das Verlustrisiko demgegenüber hoch, aber begrenzt: der Basiswert muss zum vereinbarten Basispreis auch dann übernommen werden, wenn er vollständig wertlos geworden ist. Der Stillhalter hat zur Absicherung seiner Verpflichtung Sicherheit zu leisten. Für Clearing-Mitglieder wird die zu leistende Sicherheit börsentäglich auf Grundlage der gesamten Kontraktverpflichtung berechnet (vgl. Tz. 1.3.2 der Clearing-Bedingungen der Eurex). Dabei wird zum einen der Aufwand einer potenziellen Glattstellung (premium margin) und zusätzlich das Risiko einer Änderung der Glattstellungskosten bei Eintritt der von der DTB ermittelten ungünstigsten Preisentwicklung bis zur nächsten Sicherheitsberechnung (additional margin) berücksichtigt. Die zu leistende Sicherheit ist stets höher als die erhaltene Optionsprämie.
Optionsgeschäfte werden nur in seltenen Fällen effektiv erfüllt. Das von der Klägerin überreichte Heft "Basisinformationen" führt aus, dass über 95 Prozent der Kontrakte nicht zu einer effektiven Lieferung führten; nach unwidersprochenen Angaben der Klägerin im Erörterungstermin sind es nahezu 100 %. Wird ein Kontrakt ausnahmsweise erfüllt, so hängt die Art und Weise der Erfüllung von den Kontraktspezifikationen ab. Diese können sowohl eine effektive Lieferung als auch einen Barausgleich vorsehen.
Falls die Optionen nicht verfallen, wird die eingegangene Verpflichtung regelmäßig durch ein Gegengeschäft aufgehoben. Die sog. Glattstellung erfolgt durch Eingehen der gegenläufigen Position vor dem Verfallstag, d.h. bei Verkaufsoptionen durch Erwerb einer hinsichtlich der Konditionen (Basiswert, Basispreis und Verfalltag) inhaltsgleichen Kaufoption, bei einem Kaufkontrakt durch Eingehen einer entsprechenden Verkaufsoption. Das Eingehen der gegenläufigen Position muss dabei als ...