Entscheidungsstichwort (Thema)
Rücktrag von aufgrund nachträglichen Erlasses erstatteter Kirchensteuer
Leitsatz (amtlich)
Bei der Erstattung von Sonderausgaben handelt es sich nicht um "negative Ausgaben" mit der Folge, dass sie als solche gemäß § 11 Abs. 2 Satz 1 EStG für das Kalenderjahr ihrer Leistung, also dem Jahr der Erstattung, steuerlich ab- bzw. anzusetzen sind.
Die Erstattung von Kirchensteuer nach einem Teilerlass, der einen gesonderten Antrag des Steuerpflichtigen und die eigenständige, stattgebende Entscheidung der Kirche nach § 227 AO i. V. m. mit Landeskirchensteuerrecht in einem gesonderten Verwaltungsverfahren voraussetzt, ist ein Ereignis mit steuerlicher Wirkung für die Vergangenheit.
Ein nach Verrechnung mit der im Erstattungsjahr gezahlten Kirchensteuer verbleibender Erstattungsüberhang ist mangels endgültiger wirtschaftlicher Belastung des Steuerpflichtigen durch Änderung des Einkommensteuerbescheides des ursprünglichen Zahlungsjahres nach § 164 Abs. 2 AO oder § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO steuererhöhend zu berücksichtigen.
Normenkette
AO § 164 Abs. 2, § 175 Abs. 1 S. 1 Nr. 2, § 227; EStG § 10 Abs. 1 Nr. 4, § 11
Nachgehend
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die zutreffende steuerliche Behandlung eines sogenannten Kirchensteuer-Erstattungsüberhangs.
Durch Steuerbescheid vom 23.04.2003 wurde der Kläger (-Kl-) zur Einkommensteuer 2001 veranlagt. In seinen in 2001 erzielten Einkünften war ein Veräußerungsgewinn nach § 18 Abs. 3 Einkommensteuergesetz (-EStG-) in Höhe von ... Mio. DM enthalten, worauf festgesetzte Einkommensteuer in Höhe von DM ... entfiel. Auf diesen Betrag wurde Kirchensteuer mit einem Steuersatz von 9 v. H., mithin DM 37.851,03 bzw. EUR 19.352,92, festgesetzt. Nach Abzug bereits geleisteter Vorauszahlungen ergab sich ein Kirchensteuerzahlbetrag 2001 von EUR 19.174,38, den der Kl in 2003 entrichtete.
Mit seiner Einkommensteuererklärung 2003 erklärte der Kl zutreffend in 2003 gezahlte Kirchensteuer in Höhe von insgesamt EUR 22.775 und Kirchensteuererstattungen von Null EUR. Der Beklagte (-Bekl-) veranlagte den Kl erklärungsgemäß unter dem Vorbehalt der Nachprüfung gemäß § 164 Abs. 1 Abgabenordnung (-AO-) durch Einkommensteuerbescheid 2003 vom 22.04.2005. Hierbei wurde gezahlte Kirchensteuer in Höhe von EUR 22.775 als unbegrenzt abzugsfähige Sonderausgabe berücksichtigt.
Durch Bescheid vom 09.02.2004 des insoweit zuständigen Kirchenkreises wurde dem Kl auf seinen Antrag vom 15.08.2003 die Hälfte der auf den Veräußerungsgewinn 2001 entfallenden Kirchensteuer erlassen. Nachfolgend wurde ihm (in 2004) aus diesem Grund Kirchensteuer 2001 in Höhe von EUR 9.676,46 erstattet.
Mit seiner Einkommensteuererklärung 2004 erklärte der Kl in 2004 gezahlte Kirchensteuer zutreffend in Höhe von EUR 2.584 und (nach marginaler Korrektur durch den Bekl) erstattete Kirchensteuer von EUR 9.676. In dem Einkommensteuerbescheid 2004 vom 29.12.2005 verrechnete der Bekl die in 2004 gezahlte Kirchensteuer vollen Umfangs mit der Erstattung; zu einem Abzug von Kirchensteuer als Sonderausgabe in der Veranlagung für das Jahr 2004 kam es daher nicht.
Anschließend änderte der Bekl wegen des Erstattungsüberhangs zunächst den Einkommensteuerbescheid 2001. Nach erfolgreichem Einspruch des Kl trug der Bekl den sich in 2004 nach Verrechnung der gezahlten mit der erstatteten Kirchensteuer noch ergebenden Kirchensteuererstattungsüberhang in Höhe von EUR 7.092 sodann nach 2003 zurück und erließ mit Datum vom 28.02.2006 einen insoweit nach § 164 Abs. 2 AO geänderten Einkommensteuerbescheid 2003. Anstatt der bis dahin als Sonderausgabe abgezogenen Kirchensteuer in Höhe von EUR 22.775 legte der Bekl der Einkommensteuerveranlagung 2003 des Kl nunmehr entsprechende Sonderausgaben nur noch in der um den Kirchensteuererstattungsüberhang von EUR 7.092 verringerten Höhe von EUR 15.683 zugrunde. Der hiergegen erhobene Einspruch blieb ohne Erfolg. Die Einspruchsentscheidung wurde am 01.08.2007 zur Post gegeben. Mit der Klage vom 28.08.2007 verfolgt der Kl sein Begehren weiter.
Er ist der Auffassung, Kirchensteuererstattungsüberhänge seien weder in das Streitjahr noch in andere Jahre zurückzutragen.
Bei laufend veranlagten Steuern, wie vorliegend der Kirchensteuer, seien aufgrund des Eintritts neuer Ereignisse materiell-rechtlich erforderliche steuerliche Anpassungen regelmäßig nicht rückwirkend, sondern in dem Besteuerungszeitraum vorzunehmen, in dem sich der maßgebende Sachverhalt ändere. Ausnahmen hiervon habe die Rechtsprechung nur eng begrenzt zugelassen. Diesen Ausnahmen sei der vorliegend zu beurteilende Erlass von Kirchensteuer nicht vergleichbar. Der Erlassbescheid des Kirchenkreises wirke nämlich nicht zurück in die Vergangenheit, sondern sei ein gänzlich neuer, ein rechtsbegründender Vorgang. Soweit nach der bislang ergangenen Rechtsprechung einer Erstattung von Kirchensteuer rückwirkende Folgen beigemessen worden seien,...