Entscheidungsstichwort (Thema)
Tarifierung von Geflügelschlachtkörpern
Leitsatz (amtlich)
Dem Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften wird folgende Frage zur Vorabentscheidung vorgelegt:
Muss ein Schlachtkörper der Unterposition 0207 1290 vollständig (= restlos) ausgenommen sein mit der Folge, dass es in tarifierungsrechtlicher Hinsicht schädlich ist, wenn einem Schlachtkörper nach Durchlaufen des maschinellen Ausnehmvorgangs beispielsweise noch ein Teil des Darms oder der Luftröhre anhaftet?
Normenkette
EWGV 1538/91 Art. 2 Abs. 1; VO (EWG) Nr. 1538/91 Art. 6-7
Tatbestand
I. Die Beteiligten streiten darüber, ob die Klägerin Anspruch auf die weitere Gewährung von Ausfuhrerstattung hat.
Mit Ausfuhranmeldung von 04.09.2006 meldete die Klägerin beim Hauptzollamt A - Zollamt B - 2.163 Kartons Hühner der Marktordnungs-Warenlistennummer 0207 1290 9190 zur Ausfuhr in die Vereinigten Arabischen Emirate an und beantragte hierfür die Gewährung von Ausfuhrerstattung.
Im Rahmen der Ausfuhrabfertigung entnahm das Zollamt B 4 Kartons als Probe - jeweils 2 Kartons als Untersuchungs- bzw. Rückstellprobe - und sandte diese an die Zolltechnische Prüfungs- und Lehranstalt bei der Oberfinanzdirektion Hamburg, die in ihren Untersuchungszeugnissen und Gutachten vom 21.09.2006 feststellte, dass bezogen auf 4 der untersuchten Geflügelkörper eine Zuordnung unter die angemeldete Marktordnungs-Warenlistennummer nicht möglich sei, weil diese Geflügelkörper nicht vollständig ausgenommen gewesen seien. Die Zolltechnische Prüfungs- und Lehranstalt beanstandete insoweit, dass ein Teil des Darms wie gewachsen mit dem Tierkörper verbunden (2 Fälle) bzw. die Luftröhre noch vorhanden gewesen sei (2 Fälle). Eine Untersuchung der Rückstellprobe erfolgte nicht.
Mit Teilablehnungsbescheid vom 27.03.2007 versagte das beklagte Hauptzollamt der Klägerin Ausfuhrerstattung für eine Teilmenge von 5.292,5 kg, was im Wege der Hochrechnung des Gewichtsanteils der untersuchten, seiner Auffassung nach nicht erstattungsfähigen Proben auf das Gesamtgewicht einem Anteil von 21,17 % entsprach, und setzte insoweit auch gegenüber der Klägerin unter Hinweis auf Art. 51 Abs. 1 lit. a) der Verordnung (EG) Nr. 800/1999 eine Sanktion in Höhe von € 1.402,51 fest.
Die Klägerin hat nach erfolglosem Einspruchsverfahren am 07.05.2008 Klage erhoben. Sie verweist zunächst darauf, dass in Bezug auf die 4 beanstandeten Probehühner nicht vollständige Organe, sondern lediglich Reste des Darms bzw. der Luftröhre festgestellt worden seien. Sodann bemerkt die Klägerin, dass der Erstattungscode 0207 1290 lediglich die Formulierung "ausgenommen" enthalte. Die Erstattungsnomenklatur unterscheide aber zwischen einem "ausgenommenen" und einem "vollständig ausgenommenen" Schlachtkörper. So heiße es etwa in der Anmerkung 4. ij) zu Kapitel 4 der Kombinierten Nomenklatur, Gänserümpfe oder Entenrümpfe im Sinne der Unterposition 0207 3571 bzw. 0207 3671 seien Gänse bzw. Enten, gerupft und vollständig ausgenommen, ohne Kopf und Paddeln, ohne Knochen des Rumpfes, jedoch mit Femur, Tibia und Humerus. Da in Bezug auf die streitgegenständlichen Geflügelschlachtkörper durch die Kombinierte Nomenklatur gerade nicht vorgegeben werde, dass diese vollständig ausgenommen sein müssten, stünden die von der Zolltechnischen Prüfungs- und Lehranstalt festgestellten Reste des Darms bzw. der Luftröhre einer Einordnung der Probenhühner in den Erstattungscode 0207 1290 nicht entgegen. Auch aus den Erläuterungen zur Kombinierten Nomenklatur ergebe sich nicht, dass Geflügelschlachtkörper vollständig ausgenommen sein müssten. In den Erläuterungen zur Kombinierten Nomenklatur finde sich zwar zur Unterposition 0207 1190, die sinngemäß auch für die vorliegend in Rede stehende Unterposition 0207 1290 Anwendung fänden, der Hinweis, dass hierher bratfertige Hähnchen gehörten, bei denen sämtliche Innereien entfernt seien. Die Formulierung "sämtliche Innereien entfernt" besage indes lediglich, dass dem Schlachtkörper alle Organe zu entnehmen seien. Keinesfalls könne aus dieser Formulierung aber abgeleitet werden, dass einer Einreihung in die Erstattungsnomenklatur entgegenstehe, wenn im oder am Schlachtkörper ausnahmsweise kleine Reste einer Innerei verblieben.
Die Klägerin beantragt,
- 1. das beklagte Hauptzollamt unter Aufhebung des Bescheides vom 27.03.2007 und der Einspruchsentscheidung vom 09.04.2008 - soweit diese entgegenstehen - zu verpflichten, ihr auf ihren Erstattungsantrag vom 24.10.2006 Ausfuhrerstattung für weitere 5.292,5 kg zu gewähren;
- 2. den Bescheid vom 27.03.2007 und die Einspruchsentscheidung vom 9.04.2008 hinsichtlich der festgesetzten Sanktion aufzuheben.
Das beklagte Hauptzollamt beantragt,
die Klage abzuweisen.
Es verteidigt die angegriffenen Bescheide und merkt ergänzend an, dass durch das Abtrennen des Kopfes auch die Luft- und Speiseröhre entfernt werde. Eine noch ganz oder teilweise vorhandene Luftröhre stelle deshalb einen Verstoß gegen die tarifierungsrechtlichen Voraussetzungen dar mit der Folge, dass ...