Entscheidungsstichwort (Thema)
Zollrecht: Zollwert, Voraussetzungen der Geltendmachung von Vorerwerbergeschäften
Leitsatz (amtlich)
1. Werden Waren mehrfach (im Drittland) verkauft, bevor sie in die EU eingeführt werden, spricht man von einem Reihengeschäft. Der Zollwertanmelder kann aus der Reihe der Kaufgeschäfte den Preis frei bestimmen, welcher der Zollwertermittlung zugrunde gelegt werden soll. Für diesen Fall muss in der Zoll(wert)anmeldung das Kaufgeschäft angemeldet werden, dessen Kaufpreis Grundlage der Transaktionswertermittlung sein soll. Zu diesem Kaufgeschäft muss nach Art. 181 ZK-DVO die der Zollwertanmeldung zugrundeliegenden Rechnung vorgelegt werden, bzw. bei (den vorliegend gegebenen) zollrechtlichen Erleichterungen jedenfalls codiert angemeldet werden.
2. Der Transaktionswert eingeführter Waren i.S.d. Art. 29 Abs. 1 Satz 1 HS 2 ZK ist der für die Waren bei einem Verkauf zur Ausfuhr in das Zollgebiet der Gemeinschaft tatsächlich gezahlte oder zu zahlende Preis, gegebenenfalls nach Berichtigung gemäß den Art. 32 und 33 ZK, wobei Abzüge vom gezahlten oder zu zahlenden Preis in Art. 33 ZK geregelt sind. Ein Abzugsposten betreffend die Gewinnmarge des Verkäufers ist nicht ersichtlich.
Normenkette
ZK Art. 29, 32-33; ZKDV Art. 181
Tatbestand
Die Klägerin wendet sich gegen die Nacherhebung von Einfuhrabgaben.
Die Klägerin ist ein in Hamburg ansässiges Unternehmen, das mit ... handelt, unter anderem mit Honig aus Drittland A/Drittland B der Codenummer 0409 0000 000. Sie betreibt das Geschäft seit dem Jahr 2010, nachdem sie es durch Management-Buy-Out im Wege eines Asset-Deals ohne Eintritt einer Gesamtrechtsnachfolge von der A GmbH bzw. der B GmbH (B GmbHs) kaufte, die das Geschäft zuvor mindestens seit dem Jahr 2003 betrieben hatten. Dabei übernahm sie auch Personal, insbesondere Herrn C (IT), Herrn D (Geschäftsleitung) und Herrn E (Logistik). Die Klägerin war im Streitzeitraum Inhaberin eines Zolllagerverfahrens Typ D (DE/XXX/LE/XXX-1), zugelassener Empfänger (DE/XXX/ZE/XXX-2), zugelassener Wirtschaftsbeteiligter ("Authorised Economic Operator", AEO, DE/AEO/C/XXX-3) und zugelassener Ausführer (DE/XXX/ZA/XXX-4). Der Ablauf des Zolllagerverfahrens wird unter Tz. 3.5.1 des Prüfungsberichts vom 18. Juli 2011 beschrieben, auf den Bezug genommen wird.
Im Streitzeitraum vom 1. Oktober bis 18. Dezember 2012 bezog die Klägerin Honig von ihren Tochterunternehmen TU-1 Drittland A (TU-1) und TU-2 SA Drittland A und Drittland B (TU-2). Diese hatten den Honig ihrerseits von verschiedenen Imkern und landwirtschaftlichen Kooperativen (Hersteller) aus den jeweiligen Ländern erworben, wobei teils auch Zwischenhändler oder Vermittler eingebunden gewesen waren. Die Tochterunternehmen reinigten den Honig grob, homogenisierten ihn ggf. und füllten ihn anschließend in neue Fässer ab. Sie verkauften den Honig einerseits an die Klägerin und andererseits an andere Unternehmen mit Sitz außerhalb der Europäischen Union. Im Anschluss an die Einfuhr ließ die Klägerin Qualitätskontrollen auf eigene Kosten durchführen, die zusätzlich zu den eigenen Qualitätskontrollen der Lieferanten erfolgten. Ausschließlich im Falle des ... [Drittland B] Honigs beauftragte allerdings die TU-2 die Qualitätskontrollen und die Klägerin entrichtete die entstehenden Kosten direkt gegenüber den Analyseinstituten, ohne sie an die TU-2 weiter zu belasten.
Im Streitzeitraum stellten die Tochterunternehmen der Klägerin zusätzlich zu den Verkaufsrechnungen auch Proformarechnungen für Zollzwecke aus. Diese wiesen neben dem gezahlten Preis auch eine sog. "Total Condition CFR without profit margin" (errechneter Preis) aus. Der errechnete Preis lag deutlich niedriger als der Rechnungsbetrag in den zugehörigen Handelsrechnungen der ... [Drittland A/Drittland B] Tochtergesellschaften an die Klägerin, da insbesondere der Gewinn der Tochtergesellschaften nicht enthalten war.
Bei der Einfuhr des streitbefangenen Honigs gab die Klägerin im IT-Verfahren ATLAS jeweils vereinfachte Zollanmeldungen für das Zolllagerverfahren ab. Jeweils am 10. des Folgemonats gab sie eine ergänzende Zollanmeldung (AT/H/...) nebst einer Zollwertanmeldung entsprechend Vordruck DV.1 ab. Bei der Auslagerung nahm sie entsprechend ihrer Bewilligung nur eine Anschreibung der Entnahme aus dem Zolllager vor. Am 10. des Folgemonats gab sie jeweils eine ergänzende Zollanmeldung (AT/G/...) ab.
Streitig zwischen den Beteiligten ist die Handhabung der Klägerin bei Abgabe der Zollwertanmeldungen (AT/H/...). Diese legte der Beklagte zunächst der Berechnung der Zollabgaben zugrunde. In den 22 streitbefangenen Zollwertanmeldungen (Pos. 1 bis 8, 10 bis 22 und 30 des Einfuhrabgabenbescheids vom 23. September 2015, AT/S/XXX/2015/XXX-1) meldete die Klägerin zwar codiert die Handelsrechnung betreffend das Kaufgeschäft von ihrem jeweiligen Tochterunternehmen an. Den Zollwert berechnete sie indes nicht auf Basis der an die Tochterunternehmen geleisteten Zahlungen, sondern auf Basis des in den Proformarechnungen aufg...