Entscheidungsstichwort (Thema)
Keine Erledigungsgebühr bei Einigung auf Vorschlag des Gerichts
Leitsatz (redaktionell)
1) Eine Erledigungsgebühr i.S. der Nr. 1002 VV RVG setzt eine anwaltliche Mitwirkung bei der Erledigung voraus, die über die überzeugende Begründung sowie die allgemein auf Verfahrensförderung gerichtete Tätigkeit hinausgeht und auf eine Erledigung der Rechtssache ohne förmliche Entscheidung gerichtet ist.
2) Die Erledigungsgebühr ist keine reine Erfolgsgebühr, sondern eine besondere Tätigkeitsgebühr.
3) Einigen sich die Beteiligten (lediglich) auf einen Vorschlag des Gerichts und erledigt sich dadurch der Rechtsstreit ohne weiteres Zutun des Bevollmächtigten, fällt keine Erledigungsgebühr an.
4) Für eine entgegenstehende Behauptung des Bevollmächtigten trägt dieser die Darlegungs- und Beweislast.
Normenkette
VV RVG Nrn. 1003, 1002
Tatbestand
I.
Die Beteiligten streiten über die Frage, ob der Erinnerungsführerin eine Erledigungsgebühr zu erstatten ist.
In der Hauptsache stritten die Beteiligten im Verfahren 8 K 3391/13 über Feststellungen der Betriebsprüfung.
Im Rahmen eines Erörterungstermins am 16.02.2017 machte der Berichterstatter ausweislich Seite 6 des Protokolls einen Einigungsvorschlag. Der Berichterstatter hielt eine steuerliche Berücksichtigung der Hälfte der von der Finanzverwaltung hinzugeschätzten Beträge für angemessen. Daraufhin wurde um 11:50 Uhr der Erörterungstermin unterbrochen und um 12:15 Uhr fortgesetzt. Im Anschluss erklärten die Beteiligten übereinstimmend, dem Vorschlag des Berichterstatters zuzustimmen.
Mit Kostenfestsetzungsantrag vom 06.07.2017 begehrte die Erinnerungsführerin die Festsetzung einer Erledigungsgebühr i.H.v. 1,0 gemäß Nr. 1003 VV RVG i.H.v. 2733 €.
Im Rahmen einer Erörterung trug der Erinnerungsgegner vor, dass die Erledigungsgebühr nicht verdient worden sei, da der Prozessbevollmächtigte an der Erledigung des Rechtsstreits nicht gesondert und qualifiziert mitgewirkt habe, sondern lediglich die normale anwaltliche Tätigkeit im Prozess ausgeübt habe.
Mit Kostenfestsetzungsbeschluss vom 26.09.2017 (zugestellt am 29.09.2017) setzte der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle die zu erstattenden Kosten auf 11.617,57 € fest und berücksichtigte die angesetzte Erledigungsgebühr nicht. Zur Begründung führte er aus, dass der Prozessbevollmächtigte nicht in besonderer Weise an einer außergerichtlichen Erledigung des Rechtsstreits mitgewirkt habe. Der Prozessbevollmächtigte sei nicht über das hinausgegangen, was ohnehin zur Klagebegründung erforderlich gewesen sei. Ursächlich für die außergerichtliche Erledigung sei ein Vorschlag des Berichterstatters gewesen. Danach habe sich die Tätigkeit des Bevollmächtigten im Rahmen der allgemeinen Prozessführung, die durch die Verfahrensgebühr abgegolten sei, bewegt.
Hiergegen wandte sich die Erinnerungsführerin mit Erinnerung vom 13.10.2017.
Zur Begründung trug sie vor, dass die Verhandlung wiederholt unterbrochen worden sei, um Erledigungsmöglichkeiten zwischen Erinnerungsführerin und Prozessbevollmächtigtem zu besprechen. Es habe eine Einigung erzielt werden können, die auf einem Vorschlag des Prozessbevollmächtigten beruht habe. Richtigerweise werde in dem angegriffenen Beschluss zwar bemerkt, dass der Vorsitzende nach längerer Verhandlung einen Erledigungsvorschlag unterbreitet habe. Dieser Vorschlag sei jedoch nicht ursächlich für die Erledigung des Verfahrens gewesen. Erst im Laufe der weiteren Verhandlung sei eine Einigung erzielt worden, die aber auf einen weiteren Vorschlag des Prozessbevollmächtigten beruht habe.
Entscheidungsgründe
II.
Die Erinnerung ist unbegründet.
1. Der angefochtene Kostenfestsetzungsbeschluss ist rechtmäßig und verletzt die Erinnerungsführerin nicht in ihren Rechten.
Sie hat keinen Anspruch auf Erstattung der begehrten Erledigungsgebühr.
a. Nr. 1003 i.V. Nr. 1002 VV RVG sieht die Entstehung einer Erledigungsgebühr vor, wenn sich eine Rechtssache ganz oder teilweise nach Aufhebung oder Änderung des mit einem Rechtsbehelf angefochtenen Verwaltungsakts durch die anwaltliche Mitwirkung erledigt. Das Gleiche gilt, wenn sich eine Rechtssache ganz oder teilweise durch den Erlass eines bisher abgelehnten Verwaltungsakts erledigt. Ebenso wie § 24 BRAGO erfordert Nr. 1002 VV RVG dabei eine anwaltliche Mitwirkung bei der Erledigung, die über die überzeugende Begründung sowie die allgemein auf Verfahrensförderung gerichtete Tätigkeit hinausgeht und auf eine Erledigung der Rechtssache ohne förmliche Entscheidung gerichtet ist (vgl. BFH-Beschluss vom 12.02.2007 – III B 140/06, BFH/NV 2007, 1109). Die Erledigungsgebühr ist keine reine Erfolgsgebühr für eine allgemein auf Verfahrensförderung gerichtete Tätigkeit, sondern eine besondere Tätigkeitsgebühr, die anlässlich einer nichtstreitigen Erledigung verdient werden kann. Im Gesetz kommt dies in den Worten „durch die anwaltliche Mitwirkung erledigt” zum Ausdruck. Die Erledigungsgebühr entsteht deshalb grundsätzlich weder, wenn sich die Sache bereits beispielsweise im Rahmen des...