Entscheidungsstichwort (Thema)
Ortsübliche Durchschnittsmiete bei doppelter Haushaltsführung
Leitsatz (redaktionell)
1) "Notwendig" sind Mehraufwendungen für eine doppelte Haushaltsführung, soweit diese sich für eine Wohnung mit einer Wohnfläche bis zu 60 qm bei einem ortsüblichen Mietzins je nach qm für eine nach Lage und Ausstattung durchschnittliche Wohnung (Durchschnittsmietzins) ergeben.
2) Bei der Ermittlung des Durchschnittsmietzinses ist der offizielle Mietspiegel für das gesamte Gebiet der Stadt oder Gemeinde zugrunde zu legen.
Normenkette
EStG §§ 19, 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 5
Tatbestand
Streitig ist, ob und inwieweit der Beklagte im Rahmen einer doppelten Haushaltsführung geltend gemachte Aufwendungen der Klägerin für ihre Unterkunft am Beschäftigungsort (Mietzinszahlungen zzgl. Nebenkosten) und diverse Einrichtungsgegenstände (acht Designerstühle und einen Sessel mit Hocker) zu Recht nur anteilig als Werbungskosten bei ihren Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit berücksichtigt hat.
Die im Streitjahr einzeln zur Einkommensteuer veranlagte Klägerin war zunächst mehrere Jahre als Finanzdirektorin und Leiterin der Abteilung „Finanz- und Personalwesen” im Erzbistum A tätig gewesen. Durch Beschluss … vom 23. Juni 2008 wurde sie für die Zeit vom 1. Januar 2009 bis zum 31. Dezember 2014 zum ordentlichen Mitglied des Vorstands B bestellt. Dort übernahm sie die Leitung des Ressorts „Controlling und Rechnungswesen”. Ausweislich des Vorstandsdienstvertrags vom August 2008 war dieser bis zum 31. Dezember 2014 befristet; § 3 Abs. 2 der Vereinbarungen sah jedoch die Möglichkeit einer Vertragsverlängerung ausdrücklich vor. Neben dem einer jährlichen Angemessenheitsüberprüfung unterliegenden Jahresgehalt für diese nichtselbständige Tätigkeit, das die Klägerin in ihrer Einkommensteuererklärung für 2010 mit 195.512 € beziffert hat, erzielte sie im Streitjahr (2010) zusätzlich Einkünfte aus (selbständiger) Vortragstätigkeit sowie eine Vergütung für eine seit 2003 bei der C-Bank eG in D ausgeübte Aufsichtsratstätigkeit.
Im Oktober 2008 schloss die Klägerin mit Wirkung zum 1. Dezember 2008 einen Mietvertrag über eine in E, F-Straße …, belegene Dreizimmerwohnung ab. Für die Nutzung der 66,66 qm großen Neubauwohnung (Fertigstellung in 2008) sah der Mietvertrag in § 6 einen „monatlichen Gesamtzahlungsbetrag” i.H. von 995,– € vor. Die darin enthaltene Kaltmiete betrug nach unwidersprochenem Vorbringen der Klägerin 12,68 €/qm. Für Beheizung und Warmwasserversorgung hatte sie nach § 18 des Mietvertrags, auf dessen Inhalt wegen der weiteren Einzelheiten Bezug genommen wird, monatliche Vorauszahlungen i.H. von 60 € zu leisten. Seit dem 5. Mai 2009 war die Klägerin unter der o.g. Anschrift als Nebenwohnung melderechtlich in E erfasst. Ausweislich einer Melderegisterabfrage des Beklagten vom 22. Mai 2014 bewohnt die Klägerin seit dem 10. Januar 2014 in E eine Eigentumswohnung unter der Anschrift G-Straße ….
Mit ihrem Hauptwohnsitz ist die Klägerin (weiterhin) in A gemeldet. Diese 209 qm große Eigentumswohnung ist der Klägerin ausweislich einer in den Steuerakten befindlichen Veräußerungsanzeige vom 12. Dezember 2006 von ihren Eltern übertragen worden.
Die Klägerin wurde bis einschließlich 2009 beim Finanzamt A einkommensteuerlich geführt und veranlagt. Im Zuge der Veranlagungsarbeiten für das Streitjahr stellte die bis dahin zuständige Sachbearbeiterin in einem am 30. Juni 2011 gefertigten Aktenvermerk fest, dass die Klägerin „ihren überwiegenden Aufenthalt in E” habe und verfügte die Aktenabgabe an das nach ihrer Ansicht daher zuständige Finanzamt E (Beklagter).
In ihrer Einkommensteuererklärung für das Streitjahr machte die Klägerin mit insgesamt 13.917,99 € bezifferte Aufwendungen für ihre Unterkunft in E als Werbungskosten im Rahmen einer (vom Finanzamt A bereits für das Vorjahr anerkannten) doppelten Haushaltsführung geltend. Als eigenen Hausstand am Lebensmittelpunkt gab sie ihre Wohnung in A an. Der geltend gemachte Betrag entfällt ausweislich einer hierzu gefertigten Anlage i.H. von 10.567 € auf Miet- und Nebenkosten für die Wohnung F-Straße …; die restlichen 3.350 € betreffen Abschreibungen auf diverse in einem „Anlagenverzeichnis” aufgelistete Einrichtungsgegenstände. Zu diesen Ausstattungsgegenständen gehören neben einem Fernsehgerät (Anschaffungskosten: 2.330 €, AfA: 333 €) u.a. acht Designerstühle der Firma Cor, deren Anschaffungskosten die Klägerin mit 5.351,95 € (AfA für 2010: 412 €) angibt, sowie einen Sessel mit Hocker zum Kaufpreis von 5.474 € (AfA für 2010: 421 €).
Mit Bescheid vom 6. Dezember 2011 veranlagte der Beklagte die Klägerin zu einer Einkommensteuer i.H. von 64.190 €. Dabei berücksichtigte er ihre Aufwendungen für die dem Grunde nach anerkannte doppelte Haushaltsführung – abweichend von ihren Erklärungsangaben – nur i.H. von 10.982 €. Hierzu vertrat er die Auffassung, im Rahmen der Ermittlung der „notwendigen” Unterkunftskosten sei die Durchschnittsmiete für eine 60 qm große Wohnung im Stadtgebiet E anzusetzen. ...