Entscheidungsstichwort (Thema)
Zur Ermittlung des Verkehrswerts einer Rentenverpflichtung bei gemischter Schenkung
Leitsatz (redaktionell)
1) Hat sich im Rahmen einer gemischten Schenkung der Beschenkte zur Zahlung einer lebenslangen Rente verpflichtet, ist bei der Bestimmung des Verkehrswerts dieser Verpflichtung die durchschnittliche Lebenserwartung des Berechtigten aus der jeweils letzten Sterbetafel des Statistischen Bundesamtes zu entnehmen, deren Erhebungszeitraum dem Stichtag vorausgeht.
2) Ist nach dem Tod des erstberechtigten Schenkers die Rente an dessen Ehefrau weiterzuzahlen, ist diese aufschiebend bedingte Verpflichtung bei der Ermittlung des Verkehrswerts der Rente zu berücksichtigen. Die bewertungsrechtliche Sondervorschrift des § 6 BewG findet insofern keine Anwendung.
Normenkette
ErbStG § 7 Abs. 1 Nr. 1, § 10 Abs. 1, 1 S. 1; BewG § 5 Abs. 2, §§ 6, 9, 12, 14; ErbStG § 7 Abs. 1
Nachgehend
Tatbestand
Streitig ist, ob im Rahmen einer gemischten Schenkung der Verkehrswert der als Gegenleistung geschuldeten Versorgungsrente anhand der aktuellen Sterbetafeln zu ermitteln und ob die durch den Tod des Erstberechtigten aufschiebend bedingte Rentenverpflichtung gegenüber seiner Ehefrau bereits zum Stichtag (16. Dezember 1998) zu berücksichtigen ist.
Durch notariellen Vertrag vom 16. Dezember 1998 übertrug der Vater der Klägerin dieser und ihrem Bruder von seiner Kommanditbeteiligung an der … GmbH & Co. KG (KG) im Nennwert von …,– DM jeweils einen Teilgeschäftsanteil i.H. von nominal …,– DM. Als Gegenleistung verpflichteten sich die Klägerin und ihr Bruder gesamtschuldnerisch, an ihren am 21. März 1940 geborenen Vater bis zu dessen Ableben eine Versorgungsrente von monatlich 45.000,– DM zu zahlen. Für den Fall seines Versterbens sah § 3 des Vertrages die Fortzahlung eines Teilbetrags i.H. von 70 v.H. der zum Zeitpunkt seines Todes geschuldeten Rente an seine am 7. Oktober 1949 geborene Ehefrau bis zu deren Ableben vor. Ein eigenes Forderungsrecht sollte die Ehefrau erst mit dem Tod ihres Mannes erlangen. Den derzeitigen Kapitalwert der an den Lebenshaltungskostenindex des Statistischen Bundesamts gekoppelten Rente bezifferten die Parteien in § 3 des Vertrags unter Berücksichtigung von 5,5 v.H. Zwischenzinsen für den Vater der Klägerin mit 5.932.980,– DM nebst eines Zuschlags i. H. von 593.298,– DM und für die aufschiebend bedingte Rente ihrer Mutter mit 5.482.134,– DM zuzüglich eines Zuschlags von 548.313,– DM. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der notariellen Vereinbarung vom 16. Dezember 1998 (Urk.-Nr. 1391/98 des Notars Dr. Magis in Düren) Bezug genommen.
Nach Eingang der Schenkungsteuererklärung, in der die Klägerin den Jahreswert ihrer (anteiligen) Rentenverpflichtung mit 270.000,– DM angegeben hatte, setzte der Beklagte unter dem 21. Februar 2000 Schenkungsteuer i.H. von 847.483,– DM gegen die Klägerin fest. Bei der Ermittlung des mit insgesamt 7.734.574,– DM (7.172.200,– DM zzgl. Vorschenkungen i.H. von 562.374,– DM) angesetzten Erwerbswerts berücksichtigte er den Verkehrswert der als Gegenleistung übernommenen (anteiligen) Rentenverpflichtung entsprechend den Angaben im Notarvertrag mit 2.966.490,– DM (5.932.298,– DM × ½). Der Bescheid erging gemäß § 165 Abs. 1 AO vorläufig hinsichtlich der Zusammensetzung, des Umfangs und der wertbildenden Eigenschaften des Betriebsvermögens der KG.
Auf den Einspruch der Klägerin, mit dem diese unter anderem die unzutreffende Ermittlung des Rentenbarwerts geltend gemacht hatte, erließ der Beklagte am 19. Mai 2000 wegen hier nicht streitiger Punkte einen nach § 165 Abs. 2 Satz 2 AO geänderten, weiterhin vorläufigen und unter dem Vorbehalt der Nachprüfung (§ 164 Abs.1 AO) stehenden Teilabhilfebescheid über 698.713,– DM (Erwerbswert zzgl. Vorschenkungen: 6.679.530,– DM). In der Anlage zum Bescheid erläuterte er die Berechnung des Kapitalwerts der Versorgungsrente wie folgt:
Alter des Schenkers am 16.12.1998: |
58 Jahre |
Vervielfältiger nach Anlage 9 zum BewG |
10,987 |
Jahreswert 45.000,– DM × 12 Monate |
540.000,– DM |
Kapitalwert = 540.000,– DM × 10,987 |
5.932.980,– DM |
davon jeweils ½ |
2.966.490,– DM. |
Ergänzend wies er darauf hin, dass das Forderungsrecht der Ehefrau, da sie die Rente nur im Falle ihres Längerlebens erhalte, gemäß § 4 BewG aufschiebend bedingt und nach dem BFH-Urteil vom 31. Januar 1964 (BStBl. II 1964, 176) nicht zu berücksichtigen sei.
Mit Einspruchsentscheidung vom 27. September 2001 ermäßigte der Beklagte die Schenkungsteuer – nunmehr ausgehend von einem Gesamterwerbswert i.H. von 6.429.585,– DM – auf 675.723,– DM. Im Übrigen wies er den Einspruch als unbegründet zurück. Dabei hielt er an seiner Auffassung fest, dass der Kapitalwert der als Gegenleistung geschuldeten Rente des Schenkers trotz Vorliegens einer gemischten Schenkung nach den Vorschriften des ersten Teils des BewG zu ermitteln und dass die – lediglich aufschiebend bedingte – Rentenverpflichtung gegenüber der Ehefrau des Schenkers ...