Entscheidungsstichwort (Thema)
Nichtsteuerbare hoheitliche Tätigkeit bei der entgeltlichen Überlassung von Parkflächen
Leitsatz (redaktionell)
1) Erlässt eine Gemeinde für einen bestimmten Bereich ein zeitlich befristetes Parkverbot und gestattet ein gebührenpflichtiges Parken nur an bestimmten Stellen, so dient diese Maßnahme dem Verkehrsfluss und ist damit dem hoheitlichen Bereich der Gemeinde zuzuordnen.
2) Die Nichtbesteuerung von Gebühren aus einer Parkraumbewirtschaftung führt nicht zu größeren Wettbewerbsverzerrungen, wenn die Gemeinde das Parken in dem betroffenen Bereich die meiste Zeit über unentgeltlich erlaubt.
Normenkette
UStG § 2 Abs. 3 S. 1
Nachgehend
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob Einnahmen aus dem Betrieb einer „Tiefgarage” der Umsatzsteuer unterliegen.
Die Klägerin ist als Gemeinde eine juristische Person des öffentlichen Rechts. Sie betrieb im Streitjahr 2001 in D die sog. Tiefgarage am Bürgerhaus H. In diesem Bereich galt ein Parkverbot. Aufgrund einer öffentlich-rechtlichen Gebührenordnung wurden Parkgebühren über Parkautomaten erhoben. Die Nutzung war wie folgt geregelt:
H
bis zu 15 Minuten frei
danach pro Viertelstunde 0,50 DM, keine zeitliche Begrenzung
gebührenpflichtig Montag bis Freitag von 9.00 Uhr bis 17.00 Uhr, Samstags von 10.00 Uhr bis 13.00 Uhr, ansonsten war das Parken hier frei erlaubt
keine Tagestickets
Ergänzend wird auf die Niederschrift über eine Verkehrsbesprechung am 19.1089 Bezug genommen (Bl 41 GA). Die Stellplätze 4 bis 39 in der sog. Tiefgarage waren gemäß Widmungsverfügung vom 12.7.2000 als Gemeindesstraße dem öffentlichen Verkehr gewidmet (s. Blatt 80 Der Rechtsbehelfsakte).
Im Jahr 2001 kam ein weiteres Parkhaus (K-Straße in F) hinzu, das aber erst ab 2003 der Parkraumbewirtschaftung unterlag.
Der Beklagte führte für die Jahre 2001 bis 2005 bei der Klägerin eine Betriebsprüfung durch. Dabei vertrat der Prüfer die Ansicht, bei den Parkhäusern handele es sich um einen Betrieb gewerblicher Art. Die Einnahmen unterlägen der Umsatzsteuer. Da sich die auf die Tiefgaragen entfallenden Einnahmen nicht ermitteln ließen, nahm der Prüfer eine Schätzung vor und ging dabei von Verhältnis der Stellplätze in den Tiefgaragen zur Gesamtzahl der von der Klägerin zur Verfügung gestellten Stellplätze aus (12,87 %). Wegen der nicht gleichmäßigen Auslastung der insgesamt vorhandenen Parkflächen nahm er noch eine Kürzung um 20 % vor. Der Prüfer ermittelte umsatzsteuerpflichtige Einnahmen in Höhe von 93.440,29 EUR. Wegen der Einzelheiten wird auf den Betriebsprüfungsbericht vom 7. Dezember 2007 Bezug genommen.
Der Beklagte folgte der Auffassung der Betriebsprüfung und erließ einen entsprechenden Umsatzsteueränderungsbescheid vom 29. Februar 2008.
Gegen diesen Umsatzsteueränderungsbescheid legte die Klägerin rechtzeitig Einspruch ein. Der Beklagte entsprach dem Einspruch hinsichtlich der Besteuerung der Überlassung von Wochenmarkt-Standplätzen durch Bescheid vom 17. November 2009, der zum Gegenstand des Einspruchsverfahrens wurde.
Anschließend wies der Beklagte den Einspruch mit Einspruchsentscheidung vom 19. November 2009 als unbegründet zurück. Zur Begründung führte er im Wesentlichen aus:
Die Klägerin sei mit der Überlassung der Parkflächen in den Tiefgaragen als Unternehmerin tätig geworden.
Betriebe gewerblicher Art von juristischen Personen des öffentlichen Rechts seien grundsätzlich alle Einrichtungen, die einer nachhaltigen wirtschaftlichen Tätigkeit zur Erzielung von Einnahmen außerhalb der Land- und Forstwirtschaft dienten und die sich innerhalb der Gesamtbetätigung der juristischen Personen wirtschaftlich herausheben.
Es könne dahingestellt bleiben, ob ein Betrieb gewerblicher Art bereits deshalb anzunehmen sei, weil die Parkhäuser außerhalb öffentlicher Straßen liegen oder weil Parkhäuser grundsätzlich „dem öffentlichen Verkehr” im Sinne des § 4 Abs. 3 KStG dienten. Die Klägerin sei selbst dann, wenn die Vermietung im Rahmen der öffentlichen Gewalt erfolgte, als Unternehmerin zu behandeln, weil die Nichtbesteuerung der gebührenpflichtigen Überlassung von Parkplätzen zu größeren Wettbewerbsverzerrungen gegenüber solchen Steuerpflichtigen führen würde, die Parkplätze in Parkhäusern steuerpflichtig überlassen. Eine Wettbewerbssituation liege bereits dann vor, wenn die fragliche Leistung von mehreren Personen am Markt angeboten werde. Dies sei bei der Vermietung von Parkplätzen in Parkhäusern in D Centrum und F zweifellos der Fall. Der Klägerin sei nicht daran zu folgen, dass nur reine Parkhäuser, die ausschließlich Kurzzeitparkplätze anbieten, als wettbewerbsrelevant anzusehen seien. Für die Garage in der K-Straße gelte dies bereits deshalb nicht, weil dort Tagestickets erstanden werden könnten und auch Vermietungen zur längerfristigen Nutzung stattgefunden hätten. Mit ihrem Angebot an im Wesentlichen Kurzzeitparkplätzen stehe die Klägerin mit allen Parkhäusern im Wettbewerb, die im betreffenden Gebiet (auch) derartige Par...