Anwohnerparkgebühren: Normenkontrollantrag erfolglos

Der VGH Baden-Württemberg hat den Normenkontrollantrag eines Freiburger Gemeinderatsmitglieds gegen die „Bewohnerparkgebührensatzung“ der Stadt als unbegründet abgewiesen.

In der Stadt Freiburg im Breisgau ist das Parken von Anwohnern auf den ihnen vorbehaltenen Parkflächen nach der neuen Bewohnerparkgebührensatzung im Vergleich zum Vorjahr um ein Vielfaches teuer geworden.

Anwohnerparkgebühr: Erhöhung von 30 EUR auf bis zu 480 Euro pro Jahr

Mit der vom Stadtrat beschlossenen Bewohnerparkgebührensatzung vom 14.12.2021 hat die Stadt Freiburg die Gebühren für die Ausstellung von Bewohnerparkausweisen erheblich angehoben. Kosteten diese im Jahr 2021 pro Jahr noch pauschal 30 Euro, beläuft sich die Gebühr nunmehr gestaffelt nach der Länge der Fahrzeuge auf 240, 360 oder 480 Euro. Für Schwerbehinderte und Sozialhilfeempfänger werden Ermäßigungen gewährt.

Gemeinderatsmitglied stellte Antrag auf Normenkontrolle

Ein Freiburger Bürger und Mitglied des Gemeinderats, der gegen die Satzung gestimmt hatte, empfand die neue Höhe der Anwohnerparkgebühren als Zumutung. Mithilfe eines Normenkontrollantrags ließ er die Rechtmäßigkeit der Gebührensatzung vom VGH Baden-Württemberg überprüfen. Dieser zeigte allerdings wenig Verständnis für die Bedenken des Antragstellers.

Erhebliche praktische Vorteile für Anwohner

Nachdem der VGH bereits einen Eilantrag des Antragstellers abschlägig beschieden hatte, hat er nun im Hauptsacheverfahren seine Rechtsauffassung ausführlich begründet. Der VGH ist der Ansicht, dass den Bewohnern durch die Einrichtung von Anwohnerparkplätzen ein erheblicher Vorteil in der Form der Zurverfügungstellung und der Reservierung von öffentlichem Parkraum unter Ausschluss von Nichtanwohnern gewährt werde. Dadurch würde den unmittelbaren Bewohnern bestimmter Stadtviertel einiges an lästiger Parkplatzsuche erspart. Auch die sonst übliche Begrenzung der Parkzeiten in innenstadtnahen Gebieten entfalle damit für die Bewohner.

Nicht geringe Kostenersparnis

Auch der den Bewohnern durch die reservierten Parkzonen gewährte finanzielle Vorteil ist nach der Entscheidung des VGH erheblich. Die sonst üblichen Kosten für die Nutzung öffentlicher Parkplätze im Straßenraum unter Nutzung von Parkuhren unter Berechnung der Parkzeit nach Stunden oder Minuten seien erheblich höher. Außerdem würden die Anwohner durch den erheblich verringerten Zeitaufwand für die Parkplatzsuche sowohl Kosten für Benzin ersparen als auch den Verschleiß ihrer Fahrzeuge verringern.

Anwohnerparkplätze dienen auch dem Klimaschutz

Der VGH legte besonderen Wert auf das mit der Gebührenregelung verfolgte Ziel des Klimaschutzes. Die Bewohnerparkgebührensatzung trage im Rahmen des Klimaschutzzieles des Art. 20a GG auch zum Schutz der Bürger vor den Gefahren des Klimawandels bei. Die Gebührensatzung verfolge damit einen rechtlich zulässigen Lenkungszweck, indem sie dazu führe, den Kfz-Verkehr im innerstädtischen Bereich insgesamt zu reduzieren und trage damit zur Reduktion von Treibhausgasen bei.

Gebühren nicht überhöht

Die Höhe der Gebühren bewertet das Gericht nicht als unverhältnismäßig. Die Tatsache, dass gemäß § 4 Abs. 1-3 der Bewohnerparkgebührensatzung die Höchstgebühr im Vergleich zum Vorjahr mehr als verzehnfacht worden sei, beinhalte keinen Verstoß gegen das Äquivalenzprinzip als gebührenrechtliche Ausprägung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes. Entscheidend für die Bewertung sei nicht die Steigerungsrate, sondern die Bewertung des mit der Parkgebühr abgegolten Vorteils für die Betroffenen.

Dauerstellplatz im Parkhaus als Orientierungsgröße

Ein naheliegender Orientierungspunkt für die Bewertung der Angemessenheit der festgesetzten Gebühren ist nach Auffassung des VGH die Höhe der Mietkosten für einen Dauerstellplatz in einem Parkhaus. Zwar seien die Bewohnerparkplätze anders als im Parkhaus nicht überdacht und überwacht, jedoch sei die Gebühr auch nach der neuen Gebührenordnung ja noch deutlich geringer als die für einen Parkhausplatz zu entrichtenden Kosten, die je nach Lage in Freiburg jährlich über 2.000 Euro betragen könnten. Damit liege die Gebührenerhöhung in einem maßvollen Rahmen, während umgekehrt die zuvor erhobene Pauschalgebühr von 30 Euro pro Jahr in einem deutlichen Missverhältnis zu den gebotenen Vorteilen gelegen habe.

Gebührenstaffelung nach Fahrzeuglängen ist zulässig

Das Gericht bewertete auch die Staffelung der Gebühren nach der Fahrzeuglänge als eine methodisch und systematisch angemessene Differenzierung nach der Größe des jeweils in Anspruch genommenen Parkraums.

Angemessene Ermäßigungen aus sozialen Gründen

Schließlich werde die Regelung möglicher Ermäßigungen und Befreiungen für bestimmte Personenkreise aus sozialen Gründen dem Sozialstaatsprinzip des Art. 20 Abs. 1 GG gerecht. Der Verordnungsgeber habe seinen Gestaltungsspielraum in zulässiger Weise genutzt, um für finanziell weniger leistungsfähige Personen und für Personen mit körperlichen Einschränkungen, die auf eine Parkmöglichkeit in unmittelbarer Nähe ihrer Wohnung besonders angewiesen sind, einen wirtschaftlichen Ausgleich zu gewähren.

Urteil noch nicht rechtskräftig

Der VGH hat die Revision zum BVerwG ausdrücklich zugelassen. Das Urteil ist nicht rechtskräftig.

(VGH Baden-Württemberg, Urteil v 13.7.2022, 2 S 808/22)

VGH-Entscheidung stößt bundesweit auf Interesse

Das Urteil des VGH hat bundesweit große Beachtung gefunden. Auch in anderen Gemeinden finden sich Bestrebungen, die in der Regel eher niedrigen Gebühren für das Anwohnerparken deutlich zu erhöhen. Neben der zusätzlichen Einnahmequelle für die jeweilige Gemeinde könnte die Erhöhung der Anwohnerparkgebühren auch dazu beitragen, den öffentlichen Straßenraum in den Gemeinden zu entlasten. Durch die Verringerung der Kostendifferenz zu Parkplätzen beispielsweise in Tiefgaragen könnte für betroffene Anwohner ein Anreiz geschaffen werden, sich um einen privaten Stellplatz zu bemühen und ihr Fahrzeug damit bei Nichtgebrauch aus dem öffentlichen Straßenraum zu entfernen statt des dort stehen zu lassen und damit in klimaschädlicher Weise den Bedarf an versiegelten Flächen in den Städten zu erhöhen.


Schlagworte zum Thema:  Verwaltungsgericht