Entscheidungsstichwort (Thema)
Mehrere Filialen als einheitlicher Gewerbebetrieb
Leitsatz (redaktionell)
1) Ob mehrere Betriebseinheiten eines Unternehmers als getrennte Betriebe oder als Teile eines einheitlichen Gewerbebetriebs anzusehen sind, ergibt sich aus einer Gesamtwürdigung der konkreten gewerblichen Tätigkeit im Einzelfall.
2) Hauptkriterien für diese Beurteilung sind die räumliche Nähe der Betriebseinheiten, die Art der gewerblichen Tätigkeit, der Kunden- und Lieferantenkreis, die Geschäftsleitung, die Produktion, die Warenbeschaffung, die Finanzierung und die Struktur der Arbeitnehmerschaft.
Normenkette
GewStG § 2 Abs. 1
Nachgehend
Tatbestand
Der Kläger übernahm im Jahre 1971 als Franchise-Nehmer den Betrieb einer …-Foto-Filiale in W. Im Jahre 1993 begründete er eine weitere Filiale in B.r. Im Jahre 1997 übernahm er eine dritte …-Filiale in A. Alle Betriebe wurden als selbständige Gewerbebetriebe bei der jeweiligen Gemeindeverwaltung angemeldet und vom Kläger auch gegenüber dem beklagten Finanzamt als selbständige Gewerbebetriebe erklärt.
Der Beklagte ging im Veranlagungsverfahren zunächst ebenfalls von drei getrennten Gewerbebetrieben aus. Im Jahre 1999 führte er dann beim Kläger eine Betriebsprüfung durch. Aufgrund von Feststellungen zu Warenumlagerungen, zur Personalüberlassung zwischen den Filialen und zur weitgehenden Gleichartigkeit der Betriebe hinsichtlich des Produktangebots kam der Beklagte zu der Überzeugung, dass die drei Betriebseinheiten des Klägers als ein einheitlicher Gewerbebetrieb anzusehen seien. Dem Prüfungsbericht folgten geänderte Bescheide über die Festsetzung der einheitlichen Gewerbesteuermessbeträge für die Jahre 1993 bis 1997 in denen die Gewinne der Betriebe zusammengefasst wurden. Es ergingen auch entsprechende Bescheide zur Zerlegung der Messbeträge.
Gegen diese Bescheide legte der Kläger Einsprüche ein. Er argumentierte: Alle drei Betriebe seien aufgrund ihrer Eintragung in das Handelsregister rechtlich selbständige Vollkaufleute nach § 1 Handelsgesetzbuch. Die Eintragung in dieser Form sei für das Zustandekommen der Franchise-Verträge zwingend gewesen. Die rechtliche Eigenständigkeit der Betriebe habe zur Folge gehabt, dass nach § 5 EStG für jeden Betrieb separat Bücher geführt werden mussten. Dies habe nicht im Gestaltungsfreiraum des Klägers gelegen. Eine Gleichartigkeit der Geschäfte habe auch nicht in vollem Umfang vorgelegen. Vom Prüfer festgestellte Verbindungen zwischen den Betrieben hätten lediglich einer wirtschaftlichen Handlungsweise entsprochen, die jedoch eine organisatorische Eingliederung der Betriebe nicht erschließen lasse. Mit Einspruchsentscheidung vom … wies der Beklagte die Einsprüche des Klägers als unbegründet zurück. Er ging darin weiterhin von einem einheitlichen Gewerbetrieb aus, weil gleichartige Betätigungen in räumlicher Nähe zueinander ausgeübt worden seien, die wirtschaftlich und organisatorisch zusammenhingen. Wegen der Einzelheiten wird auf die Einspruchsentscheidung des Beklagten verwiesen.
Am … hat der Kläger die vorliegende Klage erhoben und erneut im Wesentlichen auf die rechtliche Selbständigkeit der Betriebe hingewiesen, die nach seiner Auffassung eine Zusammenfassung nicht zulasse.
Der Kläger beantragt,
die angefochtenen Bescheide über die einheitlichen Gewerbesteuermessbeträge 1993 bis 1997 sowie die entsprechenden Zerlegungsbescheide mit der Maßgabe zu ändern, dass von drei eigenständigen Betrieben ausgegangen wird.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er bleibt bei der Auffassung seiner Einspruchsentscheidung.
Der Senat hat mit Beschluss vom 2. Mai 2001 den Prüfer am FG … mit einem Gutachten über die Frage eines einheitlichen Gewerbebetriebs beauftragt. Auf diesen Beschluss (Bl. 63 der Gerichtsakte) und das daraufhin im August 2003 erstellte Gutachten (Bl. 47-56 der Gerichtsakte) wird verwiesen.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist unbegründet.
Zu Recht hat der Beklagte die drei …-Filialen des Klägers gewerbesteuerrechtlich als einheitlichen Gewerbebetrieb des Klägers behandelt.
Ob mehrere Betriebseinheiten eines Unternehmens als getrennte Betriebe oder als Teile eines einheitlichen Gewerbebetriebs anzusehen sind, ergibt sich aus einer Gesamtwürdigung der konkreten gewerblichen Tätigkeit im Einzelfall. Entscheidend ist, ob Verbindungen in wirtschaftlicher, finanzieller oder organisatorischer Hinsicht festzustellen sind.
Siehe BFH-Urteile vom 23.11.1988 X R 1/86, BStBl II 1989,, 376, vom 10. Februar 1989 III R 78/86, BStBl II 1989, 467 und vom 9. August 1989 X R 130/87, BStBl II 1989, 901.
Hauptkriterienfehler der Beurteilung sind die räumliche Nähe der Betriebseinheiten, die Art der gewerblichen Tätigkeit (insbesondere Gleichartigkeit oder Ungleichartigkeit dieser Tätigkeit), der Kunden- und Lieferantenkreis, die Geschäftsleitung, die Produktion und die Warenbeschaffung, die Finanzierung und die Struktur der Arbeitnehmerschaft.
Siehe BFH-Urteil vom 18. Dezember 1996 XI R 63/96, ...