Entscheidungsstichwort (Thema)
Unterhaltsaufwendungen für im Ausland lebende Kinder und Enkelkinder
Leitsatz (redaktionell)
1.) Unterhaltsaufwendungen für Personen, die am selben Ort leben, sind unabhängig davon, ob die unterhaltenen Personen gesetzlich unterhaltsberechtigt sind oder nicht, einheitlich nach Köpfen aufzuteilen.
2.) Zu den Voraussetzungen und Nachweispflichten des Steuerpflichtigen bei Unterhaltszahlungen an im Ausland lebende Kinder und Enkelkinder.
Normenkette
EStG § 33a Abs. 1
Nachgehend
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über den Abzug von Aufwendungen des Klägers für den Unterhalt seiner in der Türkei lebenden Kinder und Enkelkinder.
Der Kläger ist Arbeiter bei der A und hatte im Streitjahr ein Nettoeinkommen von 32.833 EUR. Seine Ehefrau … ist Hausfrau. Mit ihr zusammen hat der Kläger vier Kinder. Mit Ausnahme seines jüngsten Sohnes B, der in … bei seinen Eltern wohnt, leben alle übrigen Kinder und deren Kinder in der Türkei in dem Dorf …, das im Kreis Yahyali der Provinz Kayseri in Zentralanatolien liegt. Alle Kinder des Klägers haben Kinder von dessen Bruder geheiratet.
Der älteste Sohn Z wurde 1968 geboren und ist verheiratet mit Frau … Aus dieser Ehe sind die drei Kinder …, geboren 1995, …, geboren 1996, und …, geboren 2003, hervorgegangen.
Der Sohn F wurde 1970 geboren und hat mit seiner Ehefrau … die Kinder …, geboren 1995, …, geboren 1997, und …, geboren 2003.
Die 1972 geborene Tochter S des Klägers hat mit ihrem Ehemann … die Kinder …n, geb. 1996, …, geboren 1999, und …, geboren 2002.
Die drei Familien bewirtschaften Land und wohnen in Häusern, die dem Kläger gehören. Alle erwachsenen Kinder des Klägers haben keine Berufsausbildung. Für sie liegen von den türkischen Behörden erstellte Unterhaltsbescheinigungen sowie Meldungen darüber vor, dass die Kinder arbeitslos und arbeitssuchend sind.
Zwischen Mitte Januar und Mitte Oktober 2005 zahlte der Kläger in Teilbeträgen insgesamt 17.400 EUR bei der X Bank in bar ein, die von dort an die türkische Muttergesellschaft überwiesen und von dieser vor Ort jeweils an einen der beiden Söhne ausgezahlt wurden. Der Zahlungsfluss ist vom Beklagten in der mündlichen Verhandlung nicht mehr bestritten worden.
In der Einkommensteuererklärung für das Streitjahr beantragte der Kläger, als Unterhaltszahlungen nach § 33a Abs. 1 EStG insgesamt 14.500 EUR abzuziehen, nämlich je 2.900 EUR für seine Tochter S sowie die Enkelkinder … und … und je 1.450 EUR für seine Söhne … und …. Dies lehnte der Beklagte im Bescheid vom 24. Mai 2006 – bekannt gegeben am 15. September 2006 – ab und wies den dagegen erhobenen Einspruch am 23. März 2007 als unbegründet zurück. Mit der Klage verfolgt der Kläger den Abzug von 14.500 EUR weiter.
Zuletzt beantragt der Kläger im Hinblick auf die sog. Opfergrenze, den Einkommensteuerbescheid 2005 vom 24. Mai 2006 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 23. März 2007 unter Berücksichtigung der als außergewöhnlichen Belastungen geltend gemachten Unterhaltsaufwendungen von 13.134 EUR zu ändern.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er meint, der Kläger habe die Unterhaltsbedürftigkeit seiner Kinder nicht ausreichend nachgewiesen. Deren Meldung der Arbeitslosigkeit reiche nicht. Es müssten Nachweise erbracht werden, dass sie sich ernsthaft um Arbeit bemüht hätten.
Wegen der weiteren Einzelheiten zum Sach- und Streitstand wird auf die gewechselten Schriftsätze, das Sitzungsprotokoll und die beigezogene Steuerakte verwiesen.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Klage ist begründet.
Der Senat ändert den Einkommensteuerbescheid für das Streitjahr und hebt die Einspruchsentscheidung auf (§ 100 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 Sätze 1 FGO). Denn der angefochtene Verwaltungsakt ist insoweit rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt, dass die Einkommensteuer festgesetzt wurde, ohne bei der Berechnung des zu versteuernden Einkommens 13.134 EUR außergewöhnliche Belastungen vom Gesamtbetrag der Einkünfte abzuziehen (§ 2 Abs. 4 EStG). Die Änderung des Verwaltungsaktes bestimmt der Senat durch Angabe der zu Unrecht nicht berücksichtigten Besteuerungsgrundlage so, dass der Beklagte den festzusetzenden Einkommensteuerbetrag aufgrund der Entscheidung berechnen kann, weil dessen Ermittlung einen nicht unerheblichen Aufwand erfordert (§ 100 Abs. 2 Satz 2 FGO).
Rechtsgrundlage für den Abzug der strittigen 13.134 EUR als außergewöhnliche Belastungen ist § 33a Abs. 1 Satz 1 EStG. Dessen Voraussetzungen sind hier erfüllt.
1. Dem Kläger sind Aufwendungen für den Unterhalt von mehreren ihm gegenüber gesetzlich unterhaltsberechtigten Personen erwachsen.
Der Kläger hat im Streitjahr an seine beiden Söhne in regelmäßigen Abständen zwischen einem und zwei Monaten insgesamt 17.400 EUR gezahlt. Er hat die einzelnen Teilbeträge in bar bei der X Bank eingezahlt. Von dort sind sie an die türkische Muttergesellschaft überwiesen und von dieser vor Ort an die beiden Söhne ausgezahlt worden. Der Zahlungsfluss ist vom...