Entscheidungsstichwort (Thema)
Vergütung der Umsatzsteuer im besonderen Verfahren nach § 18 Abs. 9 UStG
Leitsatz (redaktionell)
Ein Unternehmer ist - unabhängig von seinem statutarischen Sitz - nicht im Ausland ansässig (§ 51 Abs. 3 S. 1 UStDV), wenn sich seine Geschäftsleitung im Sinne des § 10 AO im Inland befindet.
Normenkette
UStDV § 51 Abs. 1, 3, 3 S. 1; UStG § 18 Abs. 9
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Frage, ob die Klägerin einen Anspruch auf Vergütung von Umsatzsteuer im besonderen Verfahren nach den § 18 Abs. 9 Umsatzsteuergesetz – UStG –, §§ 59 ff. Umsatzsteuer-Durchführungsverordnung – UStDV – hat oder ob sie die Ansprüche im allgemeinen Verfahren (bei dem Finanzamt Lohr am Main) geltend machen muß.
Herr Dr. A. – der Prozeßbevollmächtigte – war in DEUTSCHLAND jeweils Alleingesellschafter der NN mbH und der MM mbH. Die NN mbH war wiederum persönlich haftende Gesellschafterin der DD mbH & Co MS „E. I.” KG, einem Binnenschiffahrtsunternehmen. Frau B. war Alleingeschäftsführerin beider genannter GmbH. Die Eheleute unterhielten insgesamt etwa 10 eigene Binnenschiffe. Zumindest unter der Adresse der DD KG (C. Gasse 00 in F.) waren etliche weitere Schiffahrtgesellschaften ansässig. Darüber hinaus betreute die DD KG eine Anzahl von ca. 70 Binnenschiffern, die unter der Anschrift der DD KG ihren Betriebssitz unterhielten.
Das im wesentlichen auch von Frau B. betriebene Unternehmen in F. pflegte bereits seit den siebziger Jahren Geschäftskontakte mit der luxemburgischen Industrie. Insbesondere in Zusammenarbeit mit der Firma X. wurde in erheblichem Umfang Schlackensand verladen und nach DEUTSCHLAND transportiert; andere Waren wurden dann von DEUTSCHLAND aus in die Beneluxländer verschifft, so daß sich ein „Rundumverkehr” für das Unternehmen ergab.
Etwa im Jahr 1992/93 wurde Frau B. von Vertretern der Firma X. darauf angesprochen, ob es nicht günstiger sei, in LUXEMBURG eine Gesellschaft zu gründen, um den mit der grenzüberschreitenden Geschäftsverbindung verbundenen Aufwand zu ersparen.
Die Klägerin wurde daraufhin am 12.12.1995 als „GmbH” in LUXEMBURG durch die Eheleute FRAU B. und Dr. A. gegründet. Ihr Geschäftszweck ist im wesentlichen die Befrachtung und Anmietung von Binnenschiffen.
Anfangs war geplant gewesen, daß der Sohn der Eheleute, Herr G., Geschäftsführer der Klägerin werden sollte.
Der Sohn hatte sich entschieden gehabt, nach Abschluß seines Studiums der Betriebswirtschaft in dem – von „seinen Vorfahren mütterlicherseits betriebenen” – Geschäftszweig Binnenschiffahrt tätig zu werden. Die eigenständige Gesellschaft in LUXEMBURG sollte damit auch der Existenzsicherung des Sohnes dienen.
Es stellte sich jedoch heraus, daß die luxemburgischen Behörden einen Geschäftsführer ohne Befähigungsnachweis (technischer oder kaufmännischer Art) nicht akzeptieren wollten. Da lediglich Frau B. ein Schifferpatent besaß, wurde sie zur technischen Geschäftsführerin und Herr G. zum administrativen Geschäftsführer ernannt. Ausweislich der Veröffentlichung im Amtsblatt des Großherzogtums LUXEMBURG vom 29.02.1996 bestand für die Geschäftsführer Gesamtvertretungsmacht. Beide Geschäftsführer waren unentgeltlich für die Klägerin tätig; Arbeitsverträge wurden nicht abgeschlossen. Frau B. war von ihren Arbeitgeberinnen – der NN GmbH und der MM GmbH – ohne Gehaltskürzung für 2 Tage im Monat zur Wahrnehmung ihrer Tätigkeit für die Klägerin freigestellt worden.
Nachdem im Gesellschaftsvertrag zunächst die Gemeinde O. als Sitz bestimmt worden war, wurde dieser Sitz in der Gesellschafterversammlung nach K. in die RUE ff verlegt. Bei dieser Anschrift handelt es sich um die Adresse der Sozietät P., einer Steuerberatungsgesellschaft, die dem Beklagten als „Domiziladresse” – d.h. Anschrift einer Vielzahl von Firmen – bekannt war. Ein schriftlicher Vertrag über die Unterbringung der Klägerin an dieser Adresse wurde nicht geschlossen. Zunächst besaß die Klägerin keinen Telefon- oder Fax-Anschluß und war auch nicht in Firmenverzeichnissen eingetragen; in der „Aufbauphase” der Klägerin wurde die Telefonanlage der Vermieterin mitbenutzt.
Der Klägerin wurde aber in LUXEMBURG eine Steuernummer und eine Umsatzsteuer-ID Nummer erteilt; die Klägerin ist in LUXEMBURG unbeschränkt steuerpflichtig.
Beide Geschäftsführer waren zunächst wohnhaft in F.; Herr G. verzog später nach R. Er fuhr „bei zwischenzeitlich erforderlichen Entscheidungen” von R. nach K. Frau B. wickelte im wesentlichen die Geschäftsführung für die Klägerin wie folgt ab: Die Geschäftsführerin fuhr – häufig übers Wochenende – einmal im Monat nach LUXEMBURG. Dies geschah anläßlich von Reisen zum Beispiel aus Belgien zurück nach DEUTSCHLAND. Die Geschäftsführerin kontrollierte die Lohnabrechnungen, überprüfte Gutschriften und wickelte gegebenenfalls Anrufe mit Geschäftspartnern ab. Die Geschäftsunterlagen der Klägerin befanden sich an ihrem Sitz in LUXEMBURG.
In der „Aufbauphase” der Klägerin sollten zunächst nur Schiffe angemietet werden. Durch „Bareboat-Charter-Verträge” charter...