Entscheidungsstichwort (Thema)
Entschädigung eines Gesellschafter-Geschäftsführers
Leitsatz (redaktionell)
1) Nicht jeder sich aus dem wirtschaftlich Vernünftigen ergebende Sachzwang führt zu einer für die Anwendung des § 24 Nr. 1a EStG relevanten Zwangslage.
2) Die Tatsache, dass etwaige Erwerber der Gesellschaft auf die Befreiung derselben von den Pensionsanwartschaften des Gesellschafter-Geschäftsführers bestehen, führt im Allgemeinen nicht zu einer Zwangslage, wie sie § 24 Nr. 1a EStG voraussetzt.
Normenkette
EStG § 34 Abs. 2, § 24 Nr. 1a
Nachgehend
Tatbestand
Der am 15.07.1929 geborene, im Laufe des Klageverfahrens verstorbene A. ist der Rechtsvorgänger der Kläger. Als Textilkaufmann war er bei der B.-GmbH seit dem 01.01.1980 als einer von drei Geschäftsführern als Arbeitnehmer beschäftigt. Die B.-GmbH ist Betriebsgesellschaft im Rahmen einer steuerlichen Betriebsaufspaltung; Besitzgesellschaft ist die C.-KG, an der A. ebenfalls beteiligt war. Einer der beiden übrigen Geschäftsführer war sein Bruder D., der Kläger zu 1). Beide waren darüber hinaus an der B.-GmbH zu jeweils 1/3 der Anteile beteiligt. Mit notariellem Vertrag vom 24.11.1993 veräußerte A. seinen Geschäftsanteil im Nennwert von 100.000,– DM zum Kaufpreis von 100.000,– DM an die verbleibenden Gesellschafter E. und D. Letzterer räumte dem Mitgesellschafter E. das Recht zur Übernahme seiner Anteile gegen Zahlung des Nennwerts ein.
A. war seit dem 30.08.1992 dauerhaft arbeitsunfähig erkrankt. Seine Geschäftsführertätigkeit konnte er bereits seit dieser Zeit nicht mehr ausüben. Am 08.02.1994 wurde seine förmliche Abberufung als Geschäftsführer im Handelsregister eingetragen.
Mit seiner Einstellung zum 01.01.1980 hatte die B.-GmbH A. eine Pensionszusage mit einem Anspruch auf eine monatlich zu zahlende Invaliden–, Alters- und Hinterbliebenenrente gegeben. Ein Kapitalisierungswahlrecht für den Arbeitnehmer oder den Arbeitgeber sah diese Pensionszusage, die sich in Kopie bei den Steuerakten befindet und auf deren Inhalt im einzelnen Bezug genommen wird, nicht vor.
Mit Schreiben vom 15.03.1993, das sich in Kopie ebenfalls in der Steuerakte befindet und auf deren Inhalt ergänzend Bezug genommen wird, unterbreitete die B.-GmbH A. bezüglich der Rentenansprüche aus der Pensionszusage ein Abfindungsangebot über 800.000,– DM. Es heißt dort u.a.: „Im Zuge der Regelungen der Unternehmensnachfolge möchten wir diese ungewisse Verpflichtung für unsere Gesellschaft gerne begrenzen.” Dasselbe Angebot machte die B.-GmbH auch dem Mitgesellschafter D., der dieselbe Pensionszusage besaß. Dieses Angebot nahm A. – genauso wie D. – an. Die Abfindung wurde am 09.11.1993 ausbezahlt. Der nach versicherungsmathematischen Grundsätzen ermittelte Wert der Pensionszusage betrug zum 31.12.1992 869.823,– DM (so das im Rahmen des Jahresabschlusses der B.-GmbH zum 31.12.1992 eingeholte versicherungsmathematische Gutachten) bzw. zum 31.12.1993 971.338,– DM.
Streitig ist zwischen den Beteiligten die Frage, ob die Abfindungszahlung eine Entschädigung im Sinne des § 24 Nr. 1 a oder (hilfsweise) 1 b EStG darstellt und demgemäß der ermäßigte Steuersatz nach § 34 Abs. 2 EStG zu gewähren ist.
Das Finanzamt gewährte für die Abfindungszahlung zunächst im erstmaligen Einkommensteuerbescheid 1993, der unter dem Vorbehalt der Nachprüfung erging, antragsgemäß den ermäßigten Steuersatz. Nach Durchführung einer Betriebsprüfung bei der B.-GmbH erließ es am 09.04.1997 einen nach § 164 Abs. 2 AO geänderten Einkommensteuerbescheid und versagte den ermäßigten Steuersatz, weil es davon ausging, dass eine Entschädigung im Sinne. von § 24 Nr. 1 EStG nicht vorliege. Zur Begründung des dagegen eingelegten Einspruchs trug A. vor, es sei zu berücksichtigen, dass die Abfindungszahlung auf Wunsch des Arbeitgebers erfolgt sei. Eine Entschädigung im Sinne. von § 24 Nr. 1 a EStG könne auch bei einer Kapitalisierung von Rentenansprüchen gegeben sein. Die Kapitalisierung beruhe auf einem Wegfall der bisherigen Rechtsgrundlage. Es sei auch ein Schaden eingetreten. Denn die vom Arbeitgeber veranlaßte Kapitalisierung führe beim Empfänger zu der Unsicherheit, ob der Kapitalbetrag zum Lebensunterhalt ausreichen werde und ob künftige Rentenanpassungen entsprechend der in den Folgejahren eintretenden Steigerung des Lebenshaltungskostenindexes hinreichend berücksichtigt worden seien. Auch bleibe zu prüfen, ob nicht die Voraussetzungen des § 24 Abs. 1 Nr. 1 b EStG erfüllt seien. Hilfsweise beantragte A. die Anwendung des § 34 Abs. 3 EStG.
Der Einspruch führte zu einer Neufestsetzung der Steuer aufgrund anderer nicht mehr strittiger Punkte. Hinsichtlich der Behandlung der Abfindung blieb das Finanzamt bei seiner ablehnenden Haltung. Lediglich dem Hilfsantrag auf Anwendung des § 34 Abs. 3 EStG wurde entsprochen. In den Gründen vertrat das Finanzamt die Auffassung, bei der von der GmbH geleisteten Zahlung handele es sich weder um ei...