Entscheidungsstichwort (Thema)
LKW-Fahrer als Schuldner der Tabaksteuer bei Unkenntnis über die Schmuggelware im Fahrzeug
Leitsatz (redaktionell)
Verbringer im Sinne des § 19 TabStG ist nur derjenige, der weiß, dass er steuerpflichtige Waren in das Steuergebiet einführt. Daher ist ernstlich zweifelhaft, ob der Fahrer eines LKW, in dessen Ladung Zigaretten versteckt waren, als Schuldner der Tabaksteuer in Anspruch genommen werden kann, wenn er von der Schmuggelware weder wusste noch wissen konnte.
Normenkette
FGO § 69; ZK Art. 202, 244; EWGRL 2913/92 Art. 202, 244; TabStG §§ 12, 19-20
Nachgehend
Tenor
Die Vollziehung des Tabaksteuerbescheides wird ab dem 15. Januar 2007 bis zum Ablauf eines Monats nach Bekanntgabe der Einspruchsentscheidung aufgehoben.
Die Kosten des Verfahrens hat der Antragsgegner zu tragen.
Die Beschwerde wird zugelassen.
Der Streitwert beträgt.
Tatbestand
I.
Die Beteiligten streiten darum, ob der Antragsteller zu Recht als Schuldner von Tabaksteuer in Anspruch genommen wird.
Der Antragsteller reiste am 02. Oktober 2006 mit einem Lastzug über den Grenzübergang … nach Deutschland ein. Der Auflieger war mit 5 Kolli Sammelgut und 13 Polstersofas beladen. Im Rahmen einer zollamtlichen Überholung des Lastzuges fanden Beamte des Antragsgegners 408.800 Stück Zigaretten der Marke „L&M” mit russischen Steuerbanderolen, die in den Polstersofas versteckt waren. Die Zigaretten wurden beschlagnahmt.
Mit Steuerbescheid vom 15. Januar 2007 setzte der Antragsgegner eine Tabaksteuer i. H. v. 55.596,80 e fest. Über den dagegen eingelegten Einspruch des Antragstellers vom 13. Februar 2007 hat der Antragsgegner noch nicht entschieden.
Der Antragsteller hat am 13. Februar 2007 beim Antragsgegner einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung gestellt. Zur Begründung hat der Antragsteller vorgetragen, dass er von der Existenz der Zigaretten nichts gewusst habe. Die Verstecke der Zigaretten seine für ihn nicht erkennbar gewesen. Er habe auch die Zigaretten nicht in das Steuergebiet der Bundesrepublik Deutschland verbracht, da er die Zigaretten, mangels Kenntnis von deren Existenz, nicht willentlich befördert habe. Auch seien die Vorausetzungen des § 19 Tabaksteuergesetz (TabStG) nicht erfüllt, da die Zigaretten nicht aus dem freien Verkehr eines anderen Mitgliedstaates zu gewerblichen Zwecken in das Steuergebiet verbracht worden seien, was sich daraus ergebe, dass an den Packungen russische Steuerbanderolen angebracht seien.
Den Antrag hat der Antragsgegner am 16. März 2007 abgelehnt.
Zur Begründung hat er ausgeführt, dass es für die Verwirklichung des Tatbestandes des § 19 TabStG allein auf das objektive Verbringen ankomme. Eine Kenntnis des Antragstellers vom Verbringen der Zigaretten sei ebensowenig erforderlich, wie ein Wille die Zigaretten in das Steuergebiet der Bundesrepublik Deutschland zu verbringen. Nur bei dieser Auslegung der Vorschrift könne sie ihre Schutzfunktion, nämlich die Verhinderung des Verbringens von Tabakwaren aus dem freien Verkehr eines anderen Mitgliedstaates der Gemeinschaft entgegen § 12 TabStG, erfüllen.
Aufgrund der verbrachten Menge und der Art der Beförderung sei bei der Besteuerung davon auszugehen, dass die Zigaretten vom Antragsteller zu gewerblichen Zwecken i.S.v. § 20 Abs. 2 TabStG verbracht worden seien. Da an den Zigarettenschachteln keine deutschen Steuerbanderolen angebracht worden seien, seien die Tabaksteuer entgegen § 12 Abs. 1 TabStG nicht entrichtet worden.
Mit an das Gericht gerichtetem Schreiben vom 16. April 2007 verfolgt der Antragsteller sein Aussetzungsbegehren weiter. Zur Begründung bezieht er sich auf sein Vorbringen im vorgerichtlichen Verfahren und verweist ergänzend auf das Urteil des FG Düsseldorf vom 23. August 2006 (4 K 5272/05 VTa, EU, ZfZ 2006, 380).
Der Antragsteller beantragt sinngemäß,
die Vollziehung des Tabaksteuerbescheides vom 15. Januar 2007 bis zum Ablauf eines Monats nach Bekanntgabe der Einspruchsentscheidung auszusetzen und
die Verwirkung von Säumniszuschlägen bis zur gerichtlichen Entscheidung über den Aussetzungsantrag einschließlich bereits verwirkter Säumniszuschläge aufzuheben.
Der Antragsgegner beantragt,
den Antrag zurückzuweisen.
Der Antragsgegner hält den Antrag für unbegründet. Die streitbefangenen Zigaretten seien entgegen § 12 TabStG unzulässigerweise aus dem freien Verkehr eines anderen Mitgliedstaates in das Steuergebiet verbracht worden. Dem Begriff des Verbringens in § 19 TabStG liege ein rein objektives Verständnis zugrunde, was sich bereits aus dem Wortlaut der Vorschrift ergebe. Es liege im Allgemeininteresse das Tabaksteueraufkommen durch eine möglichst effiziente Erhebung zu sichern. Würde man schon beim Steuerentstehungstatbestand und der Bestimmung des Steuerschuldners auf subjektive Merkmale zurückgreifen, hätte dies einen erheblichen Ermittlungsaufwand zur Folge und würde zudem dem Systemgedanken der Verbrauchsteuererhebung zuwiderlaufen. Überdies ergebe sich dies durch den Verw...