rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Gewinnfeststellung bei atypisch stiller Beteiligung einer AG am Gewerbe einer GmbH. verdeckte Gewinnausschüttung als selbständiger Feststellungsgegenstand. Abführung des „ganzen Gewinns” im Sinne von § 14 Abs. 1 KStG
Leitsatz (redaktionell)
1. Beteiligt sich eine AG atypisch still am Gewerbe einer GmbH, sind für die atypisch stille Gesellschaft als selbständiges Subjekt der Gewinnerzielung, Gewinnermittlung und Einkünftequalifikation die vom Inhaber des Handelsgeschäfts (der GmbH) und dem atypisch stillen Gesellschafter gemeinschaftlich erzielten Einkünfte nach § 179 Abs. 2 Satz 2, § 180 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a AO gesondert und einheitlich festzustellen und auf die Beteiligten aufzuteilen.
2. Auch eine verdeckte Gewinnausschüttung im Sinne von § 8 Abs. 3 KStG kann selbständig anfechtbarer Gegenstand der Gewinnfeststellung bei einer Personengesellschaft sein.
3. Eine Kapitalgesellschaft, an der eine stille Beteiligung besteht und die daher vertraglich verpflichtet ist, einen Teil ihres Gewinns an den stillen Gesellschafter abzuführen, kann nicht ihren ganzen Gewinn an einen Organträger abführen und daher nicht Organgesellschaft im Rahmen einer körperschaftsteuerlichen Organschaft sein.
Normenkette
KStG § 14 Abs. 1, § 8 Abs. 3 S. 2; EStG § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 2; AO § 179 Abs. 2 S. 2, § 180 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 Buchst. a; HGB § 230
Nachgehend
Tenor
Abweichend von den Bescheiden für 2004 – 2008 über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen und des verrechenbaren Verlustes nach § 15 a Abs. 4 EStG vom 15.03.2013 in der Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 15.10.2014 werden die aufgrund von verdeckten Gewinnausschüttungen festgestellten als „Sonderbetriebseinnahmen zu erfassende Vergütungen auf schuldrechtlicher Grundlage, ggfs. einschließlich nachträglicher Einkünfte” bezeichneten Gewinnerhöhungen jeweils als „Gewinnhinzurechnung aufgrund verdeckter Gewinnausschüttung” festgestellt, und zwar sowohl für die Feststellung der Besteuerungsgrundlagen auf der Ebene der atypisch stillen Gesellschaft als auch bei der Zurechnungsfeststellung für die Klägerin zu 1).
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Klägerinnen tragen die Kosten des Verfahrens.
Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen sind nicht erstattungsfähig.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Streitig ist im Wesentlichen, was unter dem Begriff „ganzer Gewinn” i. S. d. § 14 Abs. 1 Körperschaftsteuergesetz (KStG) zu verstehen ist und ob der Beklagte in Gewinnfeststellungsbescheiden, die eine atypisch stille Gesellschaft betreffen, Gewinnhinzurechnungen aufgrund verdeckter Gewinnausschüttungen vornehmen und entsprechende Feststellungen treffen durfte.
Die Klägerin zu 1) wurde mit Gesellschaftsvertrag vom 30.09.1991 als … mit Sitz in … gegründet. Alleingesellschafterin war die … & … mit Sitz ebenfalls in … (Rechtsvorgängerin der Klägerin zu 2). Zum alleinvertretungsberechtigten, von den Beschränkungen des § 181 BGB befreiten Geschäftsführer der Klägerin zu 1) wurde Dr. … bestellt. Dr. … war zugleich alleinvertretungsberechtigter Geschäftsführer der …, die ihrerseits Geschäftsführerin und Komplementärin der Ostseebad … & … war. Geschäftsgegenstand der Klägerin zu 1) waren Serviceleistungen und Vermittlungsgeschäfte jeglicher Art. Mit Vertrag vom 16.10.1991 firmierte die Klägerin zu 1) um in die „…”. Mit Gesellschafterbeschluss vom 10.12.1991 verlegte sie ihren Sitz von … nach …
Die Klägerin zu 2), ebenfalls eine …, ist Rechtsnachfolgerin der 1969 gegründeten … & … (HRA …, Amtsgericht …).
Die Klägerin zu 1) schloss mit der … & … am 19.12.1991 einen Beherrschungs- und Ergebnisabführungsvertrag (im Folgenden: EAV), wonach sich die Geschäftsführung der Klägerin zu 1) der insoweit weisungsberechtigten … & … unterstellte und sich die Klägerin zu 1) verpflichtete, ihr gesamtes, nach den maßgeblichen handelsrechtlichen Vorschriften ermitteltes Ergebnis an die … … & … abzuführen. Der Vertrag begann mit der Gründung der Klägerin zu 1) und lief zunächst unkündbar bis zum 31.12.1996. Danach verlängerte er sich jeweils um 2 Jahre wenn keine Kündigung erfolgte, die Kündigungsfrist betrug 1 Jahr.
Sodann schloss die Klägerin zu 1) mit der … & … am 01.01.1992 einen Vertrag über die Errichtung einer atypisch stillen Gesellschaft (Bl. 1 ff. Dauerbeleg-Akte; Im Folgenden: „GmbH & atypisch Still”). Danach beteiligte sich die … & … an dem Handelsgewerbe der Klägerin zu 1) als stille Gesellschafterin mit einer Einlage von … DM. Die Führung der Geschäfte des Handelsgewerbes stand allein der Hauptgesellschafterin zu (§ 3 Abs. 1 d.V.). Die stille Gesellschafterin war an den Geschäftsführungsentscheidungen der Klägerin zu 1) entsprechend den gesetzlichen Vorschriften für einen Kommanditisten beteiligt (§ 3 Abs. 2); am Gewinn und Verlust der Klägerin zu 1) sowie im Innenverhältnis war sie an deren Geschäftsvermögen mit 10 % beteiligt (§ 6); ebenso an den stillen Re...