rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Der Steuerpflichtigen begeht eine Steuerverkürzung wenn er in seiner Steuererklärung Sachverhalte nicht erklärt und nicht darauf hingewiesen hat, dass er hinsichtlich der Steuerpflicht eine andere Rechtsauffassung als die Finanzbehörden vertritt
Leitsatz (redaktionell)
1. Der Steuerpflichtige hat eine Offenbarungspflicht gegenüber dem Finanzamt für diejenigen Sachverhaltselemente, deren rechtliche Relevanz zweifelhaft ist, wenn die von ihm vertretene Auffassung über die Auslegung von Rechtsbegriffen oder die Subsumtion bestimmter Tatsachen von der Rechtsprechung, Richtlinien der Finanzverwaltung oder der regelmäßigen Veranlagungspraxis abweicht.
2. Verletzt der Steuerpflichtige diese Offenbarungspflicht beträgt die Festsetzungsverjährungsfrist fünf Jahre, denn der Steuerpflichtigen begeht dann eine leichtfertige Steuerverkürzung.
3. Die Beteiligungsgrenze i.S. des § 17 Abs. 1 Satz 4 EStG bestimmt sich nach der im Jahr der Realisierung des Gewinns geltenden Wesentlichkeitsgrenze.
4. Zu ernstlichen Zweifeln an der Rechtmäßigkeit der angefochtenen Steuerfestsetzung gehören auch ernstliche verfassungsrechtliche Bedenken gegen die Gültigkeit eines Gesetzes selbst, auf dem die Steuerfestsetzung beruht. Ernstliche Zweifel liegen aber im Allgemeinen nicht vor, wenn ein oberstes Bundesgericht die Verfassungsmäßigkeit ausdrücklich bejaht hat.
Normenkette
AO § 169 Abs. 2 Nr. 2, § 173 Abs. 1 Nr. 1, § 378 Abs. 1, § 370 Abs. 1 Nr. 1; EStG § 17 Abs. 1 S. 4; FGO § 69 Abs. 2, § 33
Tenor
1. Der Antrag wird abgelehnt.
2. Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Tatbestand
I.
Streitig ist im Einspruchsverfahren, ob die Antragstellerin (ASt) im Streitjahr 2001 einen Gewinn aus Gewerbebetrieb i.S. des § 17 Abs. 1 Einkommensteuergesetz (EStG) in Höhe von 847.785,36 DM erzielt hat und ob der Antragsgegner – das Finanzamt (FA) – die Einkommensteuerfestsetzung 2001 zu Lasten der ASt ändern durfte.
Die ASt hatte im Januar 1995 Anteile an der […] N-GmbH in Höhe von 61.900 DM (15,01% des Nennkapitals) zu einem Kaufpreis von 150.000 DM erworben. Am 23. Dezember 1998 veräußerte sie einen Anteil von 21.000 DM an einen Dritten. Mit Vertrag vom 16. Januar 2001 hat die ASt ihre verbliebene Beteiligung an der N-GmbH in Höhe von 40.900 DM (9,92% des Nennkapitals) an die […] X-GmbH für 946.896,83 DM veräußert.
Wegen des Sachverhalts im Einzelnen wird auf die Kontrollmitteilung des Finanzamts […] F-Stadt vom 9. März 2007 an das FA, die Akten und die von den Beteiligten eingereichten Schriftsätze Bezug genommen.
Die Antragstellerin beantragt,
die Vollziehung des Einkommensteuerbescheids 2001 vom 16. April 2007 in Höhe von 210.719,23 EUR für die Dauer des Einspruchsverfahrens wegen ernstlicher Zweifel an der Rechtmäßigkeit auszusetzen,
hilfsweise die Beschwerde zuzulassen.
Der Antragsgegner (Finanzamt) beantragt,
den Antrag abzulehnen.
Entscheidungsgründe
II.
Der Antrag ist unbegründet.
1. Ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsakts im Sinne des § 69 Abs. 3 Satz 1 Halbsatz 2 i.V.m. Abs. 2 Satz 2 Finanzgerichtsordnung (FGO) bestehen nach Aktenlage nicht.
a) Ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit eines angefochtenen Verwaltungsaktes bestehen, wenn bei überschlägiger Prüfung anhand des aktenkundigen Sachverhalts neben für die Rechtmäßigkeit sprechenden Umständen gewichtige, dagegen sprechende Gründe zu Tage treten, die Unentschiedenheit oder Unsicherheit in der Beurteilung der Rechtsfragen oder Unklarheit in der Beurteilung der Tatfragen bewirken. Der Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ist bereits dann begründet, wenn ein nicht nur geringer Grad von Wahrscheinlichkeit dafür spricht, dass der gegen den Verwaltungsakt eingelegte Rechtsbehelf Erfolg haben wird (Bundesfinanzhof – BFH – Urteil vom 7. Juni 1994 IX R 141/89, BStBl II 1994, 756; BFH-Beschlüsse vom 15. Januar 1998 IX B 25/97, BFH/NV 1998, 994; vom 25. August 1998 II B 25/98, BStBl II 1998, 674; vom 23. Juli 1999 VI B 116/99, BStBl II 1999, 684).
Diese Voraussetzungen sind im Streitfall nicht erfüllt.
b) Das FA hat die Änderung des Einkommensteuerbescheids 2001 vom 6. Februar 2003 zutreffend auf § 173 Abs. 1 Nr. 1 Abgabenordnung (AO) gestützt. Nach dieser Vorschrift sind Steuerbescheide aufzuheben oder zu ändern, soweit neue Tatsachen oder Beweismittel nachträglich bekanntwerden, die zu einer höheren Steuer führen. Der beschließende Senat hat keine ernstlichen Zweifel, dass die tatbestandlichen Voraussetzungen dieser Vorschrift erfüllt sind.
„Neu” ist eine Tatsache, wenn sie das FA bei Erlass des ursprünglichen Steuerbescheides nicht kannte. Nach dem auch im Steuerrecht geltenden Grundsatz von Treu und Glauben ist es dem FA allerdings versagt, unter Berufung auf das nachträgliche Bekanntwerden von Tatsachen oder Beweismitteln eine Steuerfestsetzung nach § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO zu ändern, wenn ihm die Tatsachen bei ordnungsgemäßer Erfüllung seiner Ermittlungspflicht bekannt gewesen wären, sofern der Steuerpflichtige seinerseits ...