Entscheidungsstichwort (Thema)
Anwendbarkeit der DSGVO im Bereich der Verwaltung direkter Steuern
Leitsatz (redaktionell)
1. Die DSGVO ist im Bereich der Verwaltung direkter Steuern durch Finanzbehörden anwendbar.
2. Bestimmung des Umfangs des Auskunftsanspruchs hinsichtlich personenbezogener Daten im Vorlagebericht an die Aufsichtsbehörde.
Normenkette
DSGVO Art. 15 Abs. 1, Art. 2, 4; AO § 32i Abs. 2, § 2a
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens.
3. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
I.
Streitig ist, ob aufgrund Art. 15 Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) eine Verpflichtung besteht, dem Betroffenen den im Rahmen eines Dienst- und Fachaufsichts-Beschwerdeverfahrens der Beschwerdebehörde übersandten Vorlagebericht der Ausgangsbehörde in Kopie zu überlassen oder im Rahmen einer Akteneinsicht inhaltlich zur Kenntnis zu geben.
Die Kläger werden beim Finanzamt A besteuert. Mit der dortigen Bearbeitung unzufrieden zeigten sie dem beklagten Landesamt für Steuern – Landesamt – mit Schreiben vom 16.10.2019 die Sachbehandlung an, über die sie mit dem Finanzamt A uneins waren, und erhoben den Vorwurf der Willkür und unrechtmäßigen Bereicherung.
Das Landesamt prüfte die Sachbehandlung und teilte den Klägern das Ergebnis der Überprüfung mit Schreiben vom 08.11.2019 mit, das der Klägerin bei ihrer persönlichen Vorsprache am 12.11.2019 ausgehändigt wurde. In dem Schreiben stellte das Landesamt den wesentlichen Ablauf des Verfahrens vor dem Finanzamt A detailliert dar und kam zu dem Ergebnis, dass das Finanzamt A die Bearbeitung nicht verzögert habe und daher der Vorwurf der Willkür und unrechtmäßigen Bereicherung nicht zutreffe. Anlässlich dieser Vorsprache beantragte die Klägerin, den Vorlagebericht des Finanzamts A an das Landesamt in Kopie ausgehändigt zu erhalten.
In zwei Schreiben vom 13.11.2019 und 16.11.2019 wiederholten die Kläger ihren Antrag auf Überlassung einer Kopie des Schreibens des Finanzamts und erhoben den Vorwurf, dieses habe dem Landesamt den tatsächlichen Sachstand bzw. die Vorfälle nicht richtig übermittelt. Außerdem stellten die Kläger den Sachverhalt aus ihrer Sicht dar. Sie wiederholten ihren Vorwurf der Amtswillkür und der absichtlichen Schikane seitens des Finanzamts A. Darüber hinaus äußerten sie ihre Absicht, eine Strafanzeige bei der Staatsanwaltschaft zu erstatten.
Nach Prüfung lehnte das Landesamt mit Schreiben vom 09.12.2019 den auf das Informationsfreiheitsgesetz des Bundes gestützten Antrag auf Übersendung einer Kopie des Vorlageberichts des Finanzamts ab. Hilfsweise legte das Landesamt den Antrag als Auskunftsantrag im Sinne des Art. 15 DSGVO aus. Auch in dieser Auslegung vermochte das Landesamt dem Antrag nicht stattzugeben. Es stützte sich dabei darauf, dass von der Auskunftsverpflichtung interne Vorgänge nicht umfasst seien. Auch bestehe in einem außergerichtlichen Verfahren in Steuersachen kein gebundener Anspruch auf Akteneinsicht. Bei der Prüfung, ob Akteneinsicht im Rahmen einer Ermessensentscheidung gewährt werde, seien die Belange der betroffenen Person und der Behörde gegeneinander abzuwägen. Dabei dürfe einbezogen werden, ob ein berechtigtes Interesse an der Akteneinsicht substantiiert dargelegt oder erkennbar sei. Ein solches bestehe im Streitfall jedoch nicht. Bei einer Dienstaufsichtsbeschwerde hätten die Beschwerdeführer nur ein Recht auf Entgegennahme der Dienstaufsichtsbeschwerde, ihre sachliche Prüfung sowie ihre Bescheidung. Ein Anspruch auf Erledigung im Sinne des Petenten bestehe nicht.
Mit ihrer Klage vom 13.01.2020 (Eingang bei Gericht) verfolgen die Kläger ihr Ziel weiter. Sie tragen vor, dass die Ablehnung der Auskunft mit der Interessenabwägung zugunsten der Behörde begründet worden sei, obwohl dem Landesamt bekannt geworden sei, dass die Behörde in ihrer Stellungnahme ihre Pflichten verletzt habe, in dem diese bewusst unkorrekten Daten und Informationen an die überprüfende Behörde weitergeleitet habe. Eine Interessenabwägung könne nur bei Angemessenheit vorgenommen werden, jedoch nicht, wenn andere Rechtsprinzipien dadurch verletzt würden.
Die Kläger beantragen sinngemäß,
das Landesamt zu verpflichten, Einsicht in die Stellungnahme des Finanzamts A zur Beschwerde zu gewähren bzw. eine Kopie des Schreibens herauszugeben.
Das Landesamt beantragt,
die Klage abzuweisen.
Es bestehe kein Recht auf Akteneinsicht aus Art. 15 Abs. 1 und 3 DSGVO. Erst recht bestehe kein Anspruch auf Aushändigung bestimmter Dokumente aus der Akte. Dies gelte insbesondere für interne Vermerke.
Darüber hinaus sei das Auskunftsrecht nach § 32c Abgabenordnung (AO) ausgeschlossen. Der Sachverhalt, den das Finanzamt A in seiner Stellungnahme vom 05.11.2019 dargestellt habe, sei bereits in der Beantwortung der Beschwerde vom 08.11.2019 im Wesentlichen wiedergegeben worden. Eine Verpflichtung zur nochmaligen Auskunft über diese Informationen bestehe nicht. Das Landesamt verweist hierzu auf Art. 23 Abs. 1 e DSGVO i.V.m. § 32c Abs. 1 Nr. 1 AO i.V.m. § 32b Abs. 1 AO in Ver...