Entscheidungsstichwort (Thema)
Verjährung des Anspruchs auf Erstattung von Kapitalertragsteuer, die von gemeinschaftlich (im Rahmen einer Erbengemeinschaft) bezogenen Zinseinkünften abgeführt worden ist. Erstattung von Zinsabschlagsteuer 1995 und 1996
Leitsatz (redaktionell)
Über die tatbestandsmäßigen Voraussetzungen des Anspruchs eines im Ausland lebenden Beteiligten einer Erbengemeinschaft auf Erstattung der von gemeinschaftlich bezogenen Zinseinkünften einbehaltenen Kapitalertragsteuer wird erst im Rahmen des Feststellungverfahrens für die Erbengemeinschaft verbindlich entschieden. Bis dahin ist der Erstattungsanspruch wegen der verfahrensrechtlichen Besonderheiten des Feststellungsverfahrens nicht durchsetzbar. Der Beginn der Verjährung des Erstattungsanspruchs wird daher nach dem Rechtsgedanken des § 229 Abs. 1 Satz 2 AO bis zum Ablauf des Kalenderjahres hinausgeschoben, in dem der Feststellungsbescheid ergeht.
Normenkette
AO 1977 § 229 Abs. 1 S. 2, § 37 Abs. 1-2, § 180 Abs. 5 Nr. 2
Nachgehend
Tenor
1. Unter Aufhebung des die beantragte Erstattung ablehnenden Verwaltungsakts vom 1. März 2002 sowie der Einspruchsentscheidung vom 20. Januar 2003 wird das beklagte Finanzamt verpflichtet, an den Kläger die für die Jahre 1995 und 1996 einbehaltene und abgeführte Kapitalertragsteuer samt Solidaritätszuschlag in Höhe von insgesamt 240,98 (471,12 DM) zu erstatten.
2. Die Kosten des Verfahrens trägt das beklagte Finanzamt.
3. Die Revision wird zugelassen.
4. Die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren wird für notwendig erklärt.
5. Das Urteil ist im Kostenpunkt vorläufig vollstreckbar. Das beklagte Finanzamt darf durch Sicherheitsleistung in Höhe der zu erstattenden Kosten des Klägers die Vollstreckung abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.
Tatbestand
I.
Streitig ist, ob der Anspruch des Klägers auf Erstattung einbehaltener und abgeführter Kapitalertragsteuer verjährt ist.
Der Kläger hat seit 1. Januar 1995 seinen alleinigen Wohnsitz in den USA und ist seitdem in der Bundesrepublik Deutschland nur beschränkt steuerpflichtig.
Er ist Miterbe der verstorbenen L, die zu 15/75 Miteigentümerin an dem vermieteten Geschäftsgrundstück Straße 22 in M war. Die Eigentümergemeinschaft wird beim Finanzamt unter dem Namen Hausgemeinschaft u.a. Objekt Straße unter der Steuernummer xxxxx geführt. Für die bezogenen Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung sowie aus Kapitalvermögen ergehen Feststellungsbescheide. Die Einkünfte der Erbengemeinschaft nach der verstorbenen L, an der der Kläger beteiligt ist, werden vom Finanzamt A einheitlich festgestellt. Dies geschah erstmals für die Jahre 1995 und 1996 mit Bescheiden jeweils vom 22. Februar 2002.
Auf dieser Grundlage wurde der Kläger mit seinen anteiligen Mieteinkünften aus dem Geschäftsgrundstück in M für die Jahre 1995 und 1996 vom Finanzamt M zur Einkommensteuer veranlagt. Dabei blieben die auf ihn entfallenden Einkünfte aus Kapitalvermögen außer Ansatz, weil diese gemäß § 49 Abs. 1 Nr. 5 des Einkommensteuergesetzes (EStG) nicht der beschränkten Steuerpflicht unterliegen. Dementsprechend war auch die davon einbehaltene und an das beklagte Finanzamt (FA) abgeführte Kapitalertragsteuer nicht anrechenbar. Vielmehr stand dem Kläger insoweit worüber zwischen den Beteiligten auch kein Streit besteht ein Erstattungsanspruch gegen das FA zu.
Bereits mit Schreiben vom 19. Februar 2002 hatte der Kläger beantragt, die betreffende Kapitalertragsteuer, die sich für die Jahre 1995 und 1996 auf insgesamt 240,98 DM belief, zu erstatten. Dem Antrag hatte er Abdrucke der sowohl für die Eigentümergemeinschaft als auch für die Erbengemeinschaft eingereichten Feststellungserklärungen beigefügt.
Das FA lehnte den Antrag auf Erstattung unter Hinweis auf die eingetretene Zahlungsverjährung ab (Bescheid vom 1. März 2002). Gemäß § 228 der Abgabenordnung (AO 1977) betrage die Verjährungsfrist fünf Jahre und beinne mit Ablauf des Kalenderjahres, in dem der Anspruch erstmals fällig geworden sei (§ 229 AO 1977), d.h. mit Ablsuf der Jahre 1995 und 1996.
Mit dem dagegen eingelegten Einspruch machte der Kläger geltend, aus dem Feststellungsbescheid für die Hausgemeinschaft ließen sich weder die Beteiligung des Klägers noch dessen beschränkte Steuerpflicht ableiten. Die seinen Erstattungsanspruch begründende Entscheidung könne nur in dem Feststellungsbescheid für die Erbengemeinschaft L erblickt werden mit der Folge, dass dessen Bekanntgabe für die Beurteilung des Beginns der Verjährungsfrist maßgeblich sei.
Der Einspruch hatte keinen Erfolg. Zur Begründung führt das FA unter Bezugnahme auf das Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 25. Februar 1992 VII R 8/91 (BStBl II 1992, 713) aus, der Erstattungsanspruch gemäß § 37 Abs. 2 AO 1977 entstehe mit der ungerechtfertigten Zahlung des entsprechenden Geldbetrages. Auf den Zeitpunkt der gesonderten Feststellung be...