Entscheidungsstichwort (Thema)
Bezeichnung einer nach ausländischem Recht gegründeten Gesellschaft. Rechtsnatur des Auftrags zur Durchführung einer Außenprüfung. Voraussetzungen für die Durchführung einer Außenprüfung
Leitsatz (redaktionell)
1. Das Finanzamt ist berechtigt, Prüfungsanordnungen an nach ausländischem Recht gegründete Kapitalgesellschaften unter dem Namen und in der Rechtsform zu richten, unter denen sie im Geschäftsverkehr auftreten.
2. Der Auftrag des für die Besteuerung zuständigen FA an ein anderes FA, eine Außenprüfung durchzuführen, ist ein innerdienstlicher Auftrag und kein eigenständiger, anfechtbarer Verwaltungsakt i. S. v. § 118 Satz 1 AO. Der Auftrag muss den zu prüfenden Steuerpflichtigen sowie den sachlichen und zeitlichen Prüfungsumfang erkennen lassen; ein eigener Entscheidungsspielraum steht dem beauftragten Finanzamt insoweit nicht zu.
3. Das Bestehen einer Betriebsstätte i. S. d. § 12 AO im Inland ist keine Voraussetzung für die Zulässigkeit der Durchführung einer Außenprüfung.
4. Der Begriff „Steuerpflichtiger” in § 193 AO bedeutet nicht, dass die Steuerschuld dem Grunde nach feststehen muss und eine Außenprüfung nur noch zur Ermittlung ihrer Höhe zulässig ist.
Normenkette
AO § 125 Abs. 1, § 193 Abs. 1, § 195 S. 2, § 118 S. 1, § 12
Tenor
1. Der Bescheid über die Anordnung einer Außenprüfung vom 23. Oktober 2006, geändert mit Bescheid vom 5. April 2007, in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 13. Oktober 2008 wird aufgehoben, soweit er die Prüfung von Kindergeld insgesamt, sowie eine Prüfung von Lohnsteuer, Solidaritätszuschlag, und vermögenswirksamen Leistungen für den Zeitraum November und Dezember 2006 anordnet.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
2. Die Kosten des Verfahrens trägt die Klägerin.
Tatbestand
I.
Die Beteiligten streiten wegen der Rechtmäßigkeit der Anordnung einer Lohnsteueraußenprüfung, letztlich für den Zeitraum Juli 2002 bis Dezember 2006.
Die Klägerin befasst sich seit 2002 mit der Erstellung von Rohbauten in Deutschland. Sie ist ein kroatisches Unternehmen in der Rechtsform einer „d.o.o.”, was sich nach Ansicht der Klägerin mit der Rechtsform einer deutschen GmbH vergleichen lässt.
Unter der Angabe A d.o.o. „Ausübung des Maurer und Betonhandwerks”, B-Str. 90, C hatte die Klägerin zum 13. März in C ein Gewerbe angemeldet. Sie gab unter dieser Bezeichnung Lohnsteueranmeldungen ab (vgl. Lohnsteueranmeldung über 965,42 EUR für Dezember 2002) und führte unter der genannten Adresse Schriftverkehr mit Behörden (vgl. Telefax an die OFD D vom 24. Februar 2004 wegen Anmeldung nach § 3 Arbeitnehmer-Entsendegesetz). Im Verlauf des Jahres 2004 entwickelte sich ein Streit zwischen der Klägerin und dem Finanzamt E, Verwaltungsstelle F-Str., über die Freistellung der gezahlten Arbeitslöhne von der Lohnsteuer ab 2003.
Mit Schreiben vom 3. Januar 2006 erteilte das Finanzamt E unter Bezugnahme auf § 195 S. 2 Abgabenordnung – AO – dem Finanzamt C (der Beklagte) den Auftrag, eine Lohnsteueraußenprüfung bei der Klägerin durchzuführen und die Prüfungsanordnung selbst zu erlassen. Als Zeitraum wurde Juli 2002 bis aktuell, derzeit 12/2005 angegeben.
Unter dem Datum 23. Oktober 2006 erließ das Finanzamt C für die A d.o.o. eine Prüfungsanordnung für den Zeitraum Januar 2002 bis Oktober 2006 und setzte den Prüfungsbeginn auf den 4. Dezember 2006 fest. Mit einem gesonderten Schreiben vom selben Tag ergänzte das Finanzamt, dass mit der Außenprüfung das Finanzamt C deshalb beauftragt worden ist, weil im Finanzamtsbezirk C die Unterlagen bei der Steuerberaterkanzlei der Klägerin bereit stünden.
Mit ihrem rechtzeitig eingelegten Einspruch vom 7. November 2006 verband die Klägerin einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung, der zunächst vom Beklagten vollständig abgelehnt wurde. Das im Anschluss angerufene Gericht gab dem Antrag der Klägerin unter dem Az.: 8 V 4730/06 mit Beschluss vom 17. Februar 2007 für die Monate Januar bis Juni 2002 Recht. Als Folge dieser Aussetzungsentscheidung des Finanzgerichts reduzierte der Beklagte den Zeitraum der beabsichtigten Prüfung auf Juli 2002 bis Oktober 2006 und erließ unter dem Datum 23. März 2007 eine geänderte Prüfungsanordnung, die den Beginn der Prüfung auf den 2. April 2007 9.00 h festlegte. Gegen diese wandte sich die Klägerin mit Einspruchsschreiben vom 28. März 2007 und beantragte abermals Aussetzung der Vollziehung.
Einer der für die Lohnsteuerprüfung bei der Klägerin vorgesehenen Prüfer, Herr HG, hatte sich Ende März telefonisch wegen des Beginns der Prüfung mit dem Berater der Klägerin in Verbindung gesetzt. Der Berater hielt die Frage der Betriebsstätte nach wie vor für in Abstimmung mit dem Finanzamt E klärungsbedürftig und einen Aufschub des Prüfungsbeginns für erforderlich. Die dabei erfolgte Gewährung des begehrten Aufschubs des Prüfungsbeginns hielt der Berater der Klägerin mit Schreiben vom 2. April 2007 fest.
Nach erneutem Schriftverkehr mit dem beauftragenden Finanzamt E verfügte der Beklagte einen als „geänderte Prüfungsanordnung” bezeichn...