Entscheidungsstichwort (Thema)
Geldwerter Vorteil einer Kraftfahrzeugüberlassung für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte, wenn der Arbeitnehmer das Fahrzeug nur für Fahrten bis zum Bahnhof benutzt und mit der Bahn weiterfährt
Leitsatz (redaktionell)
Überlässt ein Arbeitgeber seinem Arbeitnehmer ein betriebliches Kraftfahrzeug zur privaten Nutzung und stellt er dieses auch für Fahrten des Arbeitnehmers von der Wohnung zur Arbeitsstätte zur Verfügung, ist, wenn der Arbeitnehmer das Fahrzeug nur zu Fahrten von der Wohnung zum Bahnhof benutzt und von dort mit der Bahn fährt „Park and Ride”), deren Kosten der Arbeitgeber ebenfalls übernimmt, bei der Ermittlung des geldwerten Vorteils für die Überlassung des Fahrzeugs für die Fahrten zur Arbeitsstätte nur auf die Entfernungskilometer (Wohnung/Arbeitsstätte) abzustellen und nicht auf die tatsächlich gefahrenen Kilometer.
Normenkette
EStG § 8 Abs. 2
Nachgehend
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
Tatbestand
I.
Bei dem Kläger, einem Verband e. V., fand im Jahr 2002 eine Lohnsteuer-Außenprüfung für den Zeitraum 12/1997 bis 12/2001 statt. Hierbei wurde u. a. festgestellt, dass seinem Hauptgeschäftsführer Dr. AB ein betriebliches Kfz auch zur privaten Nutzung sowie für Fahrten von seiner Wohnung in C zur Arbeitsstätte in D (einfache Entfernung 118 km) zur Verfügung gestellt worden war. Der Geschäftsführer benutzte nach dem Vortrag des Klägers das Kfz nur für die 3,5 km lange Fahrt von der Wohnung zum Bahnhof C. Von dort fuhr er mit der Bahn nach D (114,5 km). Die Kosten hierfür übernahm ebenfalls der Kläger. Den geldwerten Vorteil aus der Privatnutzung des Kfz gem. § 8 Abs. 2 EStG versteuerte der Kläger nach der 1 %-Regelung, legte als Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte jedoch nur die Entfernung zwischen Wohnung und dem Bahnhof C (3,5 km) zu Grunde. Der Lohnsteuer-Prüfer ging dagegen davon aus, dass gem. H 31 Lohnsteuerrichtlinie (LStR) 2003 „Park and Ride”) für die Fahrten Wohnung -Arbeitsstätte die Gesamtentfernung, d. h. 118 km anzusetzen seien und berechnete insoweit den geldwerten Vorteil aus der Überlassung des Dienst-Pkw neu. Soweit die so errechneten Beträge die tatsächlichen Kosten des Kfz überstiegen, ging er von diesen aus und zog die bislang vom Kläger versteuerten Beträge ab. Etwaige Werbungskosten, die der Hauptgeschäftsführer hätte geltend machen können, ließ er nicht zum Abzug zu. Insgesamt ergaben sich so Mehrsteuern i. H. v. 8.034,– EUR Lohnsteuer/LSt, 447,14 EUR Solidaritätszuschlag/SolZ und 641,30 EUR Kirchenlohnsteuer/KiLSt. Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die Einspruchsentscheidung (EE) vom 10. Juni 2003 verwiesen. Weitere Feststellungen des Außenprüfers betrafen die Übernahme der Kosten einer Unfallversicherung sowie die Versteuerung von Direktversicherungsbeiträgen durch den Kläger.
Der Beklagte (das Finanzamt/FA) ging entsprechend dem Vermerk des Prüfers in seinem Bericht über die Lohnsteuer-Außenprüfung davon aus, dass sich der Kläger auch hinsichtlich der auf die Kfz-Nutzung sowie die Versteuerung von Unfallversicherungsprämien entfallenden Mehrsteuern mit der Haftungsinanspruchnahme einverstanden erklärt hatte. Er erließ daher am 04. November 2002 einen Lohnsteuer-Haftungsbescheid gem. § 42d Abs. 1 EStG i. H. v. insgesamt 8.396,– EUR LSt, 466,94 EUR SolZ und 670,30 EUR KiLSt 1997 bis 2001.
Gegen den Lohnsteuer-Haftungsbescheid legte der Kläger Einspruch ein, den er im Wesentlichen wie folgt begründete: Der Berechnung des geldwerten Vorteils sei nur die tatsächlich von dem betroffenen Arbeitnehmer mit dem Kfz zurückgelegte Strecke von 3,5 km, nicht jedoch die Gesamtentfernung zwischen Wohnung und Arbeitsstätte von 118 km zu Grunde zu legen. Der Formulierung des § 8 Abs. 2 EStG könne keinesfalls entnommen werden, dass grundsätzlich immer die Entfernung zwischen Wohnort und Arbeitsstätte heranzuziehen sei ohne Beachtung der tatsächlichen Nutzung des Fahrzeugs für eine (wesentlich) geringere Entfernung. Andernfalls läge ein Verstoß gegen das Übermaßverbot vor, da der Fiskus Einnahmen generieren würde, die niemals angefallen seien. Die Rechtsauffassung des FA sei auch insoweit widersprüchlich, als einerseits der Besteuerung auf der Einnahmenseite die gesamte Entfernung zugrunde gelegt werde, andererseits als Werbungskosten lediglich die Kosten für die tatsächlich zurückgelegte Entfernung von 3,5 km abzugsfähig seien. Hierin sei eine verfassungswidrige Übermaßbesteuerung zu sehen. Zudem sei eine Pauschalierung nur dann erlaubt, wenn sie realitätsgerecht sei und nicht zu einem unverhältnismäßigen Eingriff in die Rechte des Betroffenen führe. Im Streitfall sei tatsächlich nur eine Entfernung von 3,5 km mit dem Kfz zurückgelegt worden. Wenn jedoch auf Grund der Pauschalierung in § 8 Abs. 2 EStG 118 km zu Grunde gelegt würden, könne von einer realitätsbezogenen Pauschalierung nicht mehr gesprochen werden. Sollte dennoch die gesamte Entfernung...