Entscheidungsstichwort (Thema)
Nachrangiger und damit aufschiebend bedingter Nießbrauch an einer GbR-Beteiligung nicht nach § 25 Abs. 1 Satz 1 ErbStG a.F. berücksichtigungsfähig
Leitsatz (redaktionell)
1. Die zinslose Stundung nach § 25 Abs. 1 Satz 2 ErbStG in der vor 2009 gültigen Fassung setzt eine Nutzungslast – z.B. in Form eines vorbehaltenen Nießbrauchs i.S.d. § 1030 BGB – voraus, die eine Erwerbsschmälerung auf Seiten des Erwerbers zur Folge hat. Keine Berücksichtigung im Rahmen des § 25 Abs. 1 ErbStG a.F. finden aufschiebend bedingte oder befristete Lasten, da diese nach § 6 Abs. 1 BewG im Rahmen des Erwerbs nicht angesetzt werden.
2. Überträgt die Steuerpflichtige eine mit einem Vorbehaltsnießbrauch zugunsten einer Angehörigen (hier: der Mutter) belastete Beteiligung an einer GbR durch eine Schenkung auf ein Kind weiter und behält sie sich ihrerseits ebenfalls den Nießbrauch vor, so ist der früher (im Streitfall: zu Gunsten der Mutter) entstandene Nießbrauch vorrangig gegenüber dem später entstandenen Nutzungsrecht der Steuerpflichtigen, sofern die Angehörige nicht ihr früher entstandenes Nießbrauchsrecht aufgibt und das Nießbrauchsrecht der Steuerpflichtigen gegenüber ihrem Kind damit aufschiebend bedingt. Bei der Besteuerung der Schenkung der Steuerpflichtigen an ihr Kind kann daher ihr Nießbrauchsrecht gegenüber dem Kind als nachrangige und aufschiebend bedingte Last i.S. des § 6 BewG nicht im Rahmen des § 25 Abs. 1 ErbStG in der vor 2009 gültigen Fassung erwerbsmindernd berücksichtigt werden.
3. Eine Berücksichtigung der Nießbrauchslast des Schenkers im Wege der zinslosen Stundung nach § 25 Abs. 1 Satz 2 ErbStG a.F. erfolgt erst mit Eintritt der aufschiebenden Bedingung für das Nießbrauchsrecht.
4. Der Nießbrauch, den sich die Steuerpflichtige im Zusammenhang mit der schenkweisen Übertragung der Beteiligung an einer GbR vorbehält, ist als Nießbrauch an einem Recht i.S.von § 1068 Abs. 1 BGB zu beurteilen.
Normenkette
ErbStG 2006 § 25 Abs. 1 Sätze 1-3; BGB § 1030 Abs. 1, § 1068 Abs. 1-2, §§ 1060, 1024, 158; BewG § 5 Abs. 2, § 6 Abs. 1-2
Nachgehend
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
3. Die Revision zum Bundesfinanzhof wird nicht zugelassen.
Tatbestand
I.
Die Beteiligten streiten über die Rechtmäßigkeit der Festsetzung von Schenkungsteuer.
Die am … geborene Klägerin war an einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts (im Folgenden: „GbR”) … beteiligt. Diesen Anteil hatte die Klägerin schenkweise von ihrer … Mutter … (im Folgenden: M) unter dem Vorbehalt lebenslangen Nießbrauchs erhalten. Der Vorbehaltsnießbrauch zu Gunsten der M besteht fort. …
Mit notariell beurkundetem Überlassungsvertrag vom … 2008 (…) übertrug die Klägerin an ihre (…) Tochter S unentgeltlich im Wege der vorweggenommenen Erbfolge neben einer (in diesem Klageverfahren nicht mehr streitigen) Kommanditbeteiligung die Hälfte ihrer Beteiligung an der GbR … Ausweislich des Vertrags behielt sich die Klägerin als Schenkerin auf Lebensdauer das Nießbrauchsrecht an der GbR-Beteiligung vor. M war nicht Vertragspartei des Überlassungsvertrags vom … 2008. Wegen der näheren Einzelheiten wird auf den notariell beurkundeten Überlassungsvertrag vom … 2008 (…) verwiesen.
Am 10. Dezember 2009 erließ der Beklagte (das Finanzamt – FA –) gegenüber der Klägerin einen Schenkungsteuerbescheid, in dem die Schenkungsteuer i.H.v. … EUR festgesetzt wurde. Im Rahmen dieser Schenkungsteuerfestsetzung berücksichtigte das FA erwerbsmindernd lediglich die Belastung der übertragenen GbR-Beteiligung mit dem zugunsten M vorbehaltenen Nießbrauch mit einem Betrag i.H.v. … EUR als Verbindlichkeit gegenüber einem Dritten. Der zugunsten der Klägerin vorbehaltene Nießbrauch wurde als nachrangige und aufschiebend bedingte Last i.S.d. § 6 Abs. 1 des Bewertungsgesetzes (BewG) nicht berücksichtigt. Der Schenkungsteuerbescheid vom 10. Dezember 2009 war vorläufig nach § 165 Abs. 1 der Abgabenordnung (AO) … und erging unter dem Vorbehalt der Nachprüfung (§ 164 Abs. 1 AO).
Mit Schreiben vom 21. Dezember 2009 legte die Klägerin hiergegen Einspruch ein. Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass das FA den vorbehaltenen Nießbrauch der Klägerin zu Unrecht nicht erwerbsmindernd berücksichtigt habe. Eine aufschiebende Bedingung i.S.d. § 6 Abs. 2 i.V.m. § 5 Abs. 2 BewG sei im Streitfall nicht vereinbart worden. Vielmehr laufe der Vorbehaltsnießbrauch der Klägerin lediglich zunächst wirtschaftlich „ins Leere”, da die Klägerin die Nutzungen aus dem übertragenen Gesellschaftsanteil erst dann ziehen könne, wenn der zu Gunsten von M bestehende Nießbrauch beendet werde. Die Bewertung des zu Gunsten der Klägerin eingeräumten Nießbrauchs habe unter Berücksichtigung des Nießbrauchs zu Gunsten von M zu erfolgen. Damit sei der Wert des Nießbrauchs mit … EUR zu berücksichtigen.
Mit nach § 164 Abs. 2 AO geändertem Bescheid vom 7. Juni 2010 setzte das FA die Schenkungsteuer auf … EUR herab und ging hierbei u...